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0529 - Der Dschinn

0529 - Der Dschinn

Titel: 0529 - Der Dschinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Dimensionsfalte ist, Effendi . Ich kann dir nur verraten, daß die Ausdehnung der IMAGINÄREN WELT nicht über die des Kopfes hinweggeht.« Er faßte sich an den Turban.
    »Alles, was dort vorgeht, spielt sich im Kopf ab. In meinen Gedanken. Wenn ich wieder in die Flasche zurückkehre, bin ich zwar ›draußen‹ gewesen, war aber in Wirklichkeit nie fort, auch wenn ich die größten Abenteuer erlebte…«
    »Daher ›imaginäre‹ Welt«, sann Zamorra. »Weil sie nur in deiner Vorstellung existiert. Aber wenn du bei verschlossener Flasche nicht wirklich nach draußen gelangst, wie konntest du dann Einfluß auf Raffael nehmen?«
    »Es gibt eine gewisse Transparenz«, erklärte der Dschinn. »Ich kann sehen, was sich in der realen Welt abspielt. Zumindest einen Teil davon. Es ist, als würdest du durch einen beschlagenen Spiegel schauen, oder durch dichten Nebel, oder milchig-buntes, gewelltes Glas. Und ähnlich gering sind auch die Zugriffsmöglichkeiten. Ich könnte das, was ich nur verschwommen sehe, niemals wirklich berühren; ich selbst bliebe vage und verschwommen. Aber ich konnte geistigen Einfluß nehmen, indem ich mich all meiner Kräfte bediente. So war es mir möglich, zu Raffael zu sprechen und ihn zu seiner Hilfeleistung zu überreden. Und dann erfüllten sich meine jahrhundertealten Hoffnungen, als er den Korken löste und ich frei wurde - endlich frei!«
    Zamorra nickte.
    Zamorra atmete tief durch. Plötzlich glaubte er zu verstehen, warum der Dschinn nach der Öffnung der Flasche dermaßen umtriebig geworden war. Sicher weniger, um den Menschen, denen er begegnete, einen Gefallen zu tun, sondern wohl eher, weil er versuchte, ihre Dankbarkeit zu erringen. Dadurch band er sie an sich - zumindest hoffte er das. Wenn sie merkten, wie leicht das Leben war, wenn der Dschinn ihnen eine Menge zeitraubender Tätigkeiten abnahm, würden sie vermutlich darauf verzichten, ihn wieder für lange Zeit in die Flasche sperren zu wollen. Ein »Eiltransport« der gesamten Grillausrüstung zur Loire, die Lebensrettung, das bereits startbereit vor der Tür stehende Auto, das bereits brennende Kaminfeuer… und sicher noch viele andere Dinge, die einfach übersehen wurden, weil man sich bei ihnen nichts mehr dachte…
    Nicht zu vergessen die Lebensrettung…!
    Zamorra sah den Dschinn nachdenlich an. Der Flaschengeist erwiderte seinen Blick gelassen, und im gleichen Moment wußte Zamorra, daß seine Spekulation stimmte. Hadschi Achmed Dawuhd ben Mustafa Ghalo ibn Hadschi Halef Gonarah ibn Hadschi Mohammed Mossawi ibn Hadschi Ali - richtig erinnert? - hatte alles nur getan, um seine Freiheit zurückzugewinnen. Zamorra fragte sich, wie er selbst gehandelt hätte, wenn er vielleicht über Jahrhunderte in einem begrenzten Raum gefangengehalten worden wäre, den er nur in seinen Träumen und Vorstellungen verlassen konnte…
    Es blieb die Frage: Warum hatte jemand Hadschi Achmed dermaßen dauerhaft festgesetzt?
    ***
    Raffael Bois hatte völlig überrascht zusehen müssen, wie der Dschinn Zamorra und Nicole mit sich in die Flasche zerrte. Alle drei hatten sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in einen milchigweißen Nebel verwandelt und waren verschwunden, als sei die Flasche die Absaugeöffnung einer Klimaanlage.
    Erschrocken beugte er sich über die Flaschenöffnung und versuchte einen Blick in deren Inneres zu werfen. Er hoffte, den Dschinn, den Professor und seine Lebensgefährtin in miniaturisierter Form darin zu sehen. Zumindest kannte er das so von der Fernsehserie »Bezaubernde Jeannie« her, in der es um einen so hübschen wie frechen weiblichen Flaschengeist ging. Aber er sah nur tiefe, undurchdringliche Schwärze.
    Die echten Flaschengeister kümmerten sich scheinbar nicht um ein tv-gerecht aufgearbeitetes Erscheinungsbild…
    Daß Raffael bis eben unter der Kontrolle dieses Dschinns gestanden hatte und möglicherweise immer noch von ihm kontrolliert werden konnte, war ihm nicht bewußt. Deshalb hatte er auch so gestaunt, als Zamorre eben noch von dieser Kontrolle gesprochen hatte. Aber ein wenig freier in seinen Gedanken fühlte er sich jetzt schon.
    Sonst wäre er möglicherweise auch nicht auf den Gedanken gekommen, nach einer Möglichkeit zu suchen, mit der er den Dschinn unter Druck setzen konnte. Vielleicht hatte der nämlich den Professor und die Mademoiselle nur mitgenommen, um Geiseln zur Verfügung zu haben.
    »Na warte«, murmelte Raffael. »Das werde ich dir ganz schnell austreiben…«
    Hieß es nicht,

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