053 - Manitous Fluch
McGuire!«
»Er ist nicht mehr hier«, sagte Pater Severin.
»Der rote Zombie aber anscheinend auch nicht«, stellte ich mit belegter Stimme fest.
Ich stolperte vorwärts, erreichte die Stelle, wo der Stollen verschüttet gewesen war, konnte sie mühelos passieren und einen Blick dorthin werfen, wo sich Yazzingha 62 Jahre lang aufgehalten hatte.
Jetzt war er nicht mehr da. Gordon McGuire hatte es ihm ermöglicht, diesen unterirdischen Kerker zu verlassen.
Ich wagte mir kaum vorzustellen, was sich hier abgespielt hatte. Wenn McGuire großes Glück gehabt hatte - aber nur dann -, war es ihm gelungen, zu fliehen.
Wenn nicht…
Ich würgte diesen furchtbaren Gedanken lieber ab.
***
Abel McGuire bekam die Infusion in die Halsvene. Er schlief, aber die Wirkung des Medikaments ließ schneller nach, als der Stationsarzt angenommen hatte.
Schmerzen weckten den Greis. Er glaubte, seine Wirbelsäule würde in Flammen stehen. Die geringste Bewegung tat ihm höllisch weh. Er stöhnte leise.
Sein dicker Bettnachbar ließ die Illustrierte sinken, in der er las, und warf einen Blick auf den alten, leidenden Mann. Er überlegte, ob er nach der Schwester läuten sollte, wartete damit dann aber noch.
McGuire öffnete die Augen. Er war einen Moment so verwirrt, daß er nicht wußte, wo er sich befand. Das Zimmer im Haus seines Sohnes war das hier nicht.
Geistesabwesend sah er den Tropf an, der über ihm hing, und allmählich wurde ihm klar, wo er war.
Im Krankenhaus bist du, sagte er sich. Weil es mit dir zu Ende geht.
Niemand hatte ihm das gesagt, doch das war auch nicht nötig. Er fühlte es besser, als es die Ärzte wissen konnten, wie es um ihn stand.
Der Tod klopft an, dachte er, doch er hatte keine Angst vor dem Sterben. Es muß sein. Niemand lebt ewig. Deine Freunde weilen schon lange nicht mehr auf dieser Welt. Milton Fleming, Mark Oliver, Charlton Smith…
Er fragte sich, ob er sie wiedersehen würde. Er hoffte es, und er freute sich auf sie.
Kälte kroch in seinen Beinen hoch. War das schon der Tod? Er kam zu früh. »Noch nicht«, flüsterte Abel McGuire flehend. »Es ist noch zu früh. Gordon muß noch etwas Wichtiges erledigen…«
Der Bettnachbar setzte sich auf. Er hatte nicht verstanden, was Abel McGuire geflüstert hatte. Nur den Namen Gordon hatte er aufgeschnappt.
»Mr. McGuire«, sagte er. »Mr. McGuire, ist alles in Ordnung?«
»Ja«, tropfte es von den Lippen des Greises.
»Brauchen Sie irgend etwas?«
»Nein, es ist alles in Ordnung«, sagte Abel McGuire und schloß die Augen, als wäre er zufrieden. Aber einige Sekunden später riß er die Augen erschrocken auf. »Gordon!« hauchte er. »Er… er will nicht länger warten…«
Der alte Mann versuchte sich aufzusetzen.
»Gordon…«
Sein Kopf sank zurück, der linke Arm rutschte über die Bettkante. Als sein Nachbar das sah, griff er blitzschnell nach der Klingel und läutete Sturm.
Die Stationsschwester eilte herbei. »Schwester! Mr. McGuire…!«
Die Krankenschwester warf einen Blick auf den Greis, machte sofort wieder kehrt und holte den Stationsarzt, der für den Patienten jedoch nichts mehr tun konnte.
»Sein Leiden ist zu Ende«, sagte der Doktor. »Ich dachte, er hätte noch ein paar Tage, aber so ist es besser für ihn. Es blieb ihm viel erspart.«
Der Stationsarzt trug der Schwester auf, dafür zu sorgen, daß der Tote fortgebracht wurde.
»Anschließend rufen Sie seine Angehörigen an«, sagte er und ging.
***
»Tony!«
Es war Mr. Silver, der mich rief. Ich wandte mich um. Pater Severin hatte eine der Grubenlampen in die Hand genommen und richtete ihren hellen Schein auf den Boden.
Ich sah Kampfspuren. Und Blut, viel Blut. Gordon McGuire schien sich verzweifelt gewehrt zu haben, doch ich konnte mir nun nicht mehr vorstellen, daß es genützt hatte.
Mr. Silver wies auf die zertrümmerte Schrotflinte. »Wenn ihr mich fragt, Gordon McGuire hat es nicht geschafft.«
Pater Severin sah den Ex-Dämon mit sorgenvoller Miene an. »Das würde bedeuten…«
»… daß es jetzt zwei Zombies gibt«, vervollständigte der Hüne den Satz. »Gordon McGuire und Yazzingha. Und sie sind beide nicht mehr hier. Ihnen steht ein Wagen zur Verfügung. Ich glaube, ich liege nicht falsch, wenn ich annehme, daß sie London heimsuchen wollen.«
»London ist groß«, sagte Pater Severin ernst. »Wie sollen wir zwei Stecknadeln in diesem Heuhaufen finden?«
Der Ex-Dämon zog die Silberbrauen zusammen. »Wenn Gordon McGuire in seine gewohnte
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