0535 - Die Verdammte
klang etwas bissig.
Beim Verlassen des Hotels dachte Bill wieder an seinen Freund John Sinclair. Irgendwie hatte er schon ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber, aber es gab auch Dinge, die ein Mann allein durchstehen mußte. Ebenfalls ohne Familie, an der Bill so hing, die er in den letzten Tagen jedoch aus seinen Gedanken verbannt hatte.
Vielleicht hing es mit der Kreolin zusammen, die ihn so fasziniert hatte.
Bill schritt durch den Hotelgarten. Schon zu dieser Stunde war es warm und feucht. Die Sonne stach vom Himmel. Ihre Strahlen brannten förmlich auf der Haut.
Nicht nur Bills Wagen stand auf dem Parkplatz, aber seinen hatte er direkt außen abgestellt. Er konnte ihn sehen, die rote Farbe leuchtete, aber weshalb dampfte sie auch?
Der Chrysler sah zwar nicht aus, als würde er brennen, trotzdem schwebte über seinem Dach eine dünne Wolke, die nicht von ungefähr kam. Da stimmte etwas nicht.
Bill Conolly begann zu laufen. Er wollte den Chrysler so rasch wie möglich erreichen, stoppte neben ihm und nahm den widerlichen Geruch wahr, der ihm entgegenströmte.
Süßlich, ekelhaft in der Hitze des Morgens…
Blutgeruch!
Bill trat noch dichter an das Fahrzeug heran. Die rote Farbe war geblieben, nur stammte sie nicht allein vom Lack her. Jemand hatte das Fahrzeug tatsächlich mit Blut übergossen, wobei ein großer Teil von den Sonnenstrahlen verdampft wurde.
Der Reporter preßte ein Taschentuch vor seinen Mund, als er zurücktrat. Nicht nur das Dach zeigte die rote Schmiere. Sie war auch an den Scheiben entlanggelaufen, hatte sich auf den Außenseiten der Türen gesammelt und war zu Boden getropft, wobei es auf der Erde braune Flecken hinterlassen hatte.
Bill konnte sich denken, wer dafür die Verantwortung trug. Aber weshalb hatte man es getan?
Eine letzte Warnung? Wollte man ihm noch einmal klarmachen, daß er so rasch wie möglich verschwinden sollte?
Er ging um den Wagen herum. Als er sich vor dem Kühlergrill befand und gegen die Frontscheibe schaute, fiel ihm der Brief auf. Er steckte unter dem linken Wischer.
Bill zog ihn hervor. Auch auf dem weißen Umschlag hatte das Blut seine Spuren hinterlassen. Als er zu Boden schaute, entdeckte er einige weiße Hühnerfedern. Nun war ihm auch klar, von welchem Tier das Blut stammte.
Er riß den Umschlag auf, kippte ihn, etwas rutschte hervor, das Bill soeben noch auffing.
Es war ein Foto.
Er drehte es herum und starrte gegen das Gesicht der Kreolin Evangeline. Gegen ein starres, wie tot wirkendes Gesicht, das blaß wirkte und in dem die beiden weit aufgerissenen Augen so aussahen, als wäre kein Leben mehr in ihnen.
Evangeline tot?
Das konnte sich Bill nicht vorstellen! Nein, sie war eine Verdammte, aber sie gehörte auch gleichzeitig diesem Lossardo, der sie gekauft hatte.
Kein Zweifel, es handelte sich um Evangeline Cortland. Das sah Bill auch, als er noch genauer hinschaute. Er hatte zudem in seinem Leben sehr viele Tote gesehen. Die Gesichter wirkten im Prinzip gleich, so wie das des Mädchens.
Sollte Evangeline doch…
Er schluckte und drehte das Foto herum. Auf der Rückseite stand eine Warnung.
VERSCHWINDE! ODER ES ERGEHT DIR SO WIE IHR! SIE IST TOT! MERK DIR DAS!
»Ihr Schweine«, flüsterte Bill. »Ihr verfluchten Hundesöhne. Das könnt ihr nicht mit mir machen. Nein, ich glaube euch nicht.« Er knüllte das Foto zusammen und warf es wütend zu Boden.
»Ist das Ihr Wagen, Mister?«
Bill fuhr herum, als er die Stimme hörte. Zwei Männer standen vor ihm, Hotelgäste.
»Ja.«
Einer rümpfte die Nase. »Das riecht wie Blut.«
»Es ist auch Blut«, erklärte Bill, wobei er einen Schritt auf die beiden elegant gekleideten Männer zuging.
»Wieso?«
»Ich weiß es nicht. Doch Sie brauchen keine Angst zu haben. Menschenblut ist es nicht.«
»Wäre ja noch schöner.«
Der andere meinte beim Weggehen: »Fahren Sie lieber mal in eine Waschanlage.«
»Danke für den Rat.«
Die beiden verschwanden. Sie stiegen in einen schneeweißen Cadillac, der sich fast lautlos in Bewegung setzte und davonrollte. Bill schaute ihm so lange nach, bis er das Tor erreicht hatte.
Allein blieb Bill zurück und stand inmitten der von Menschenhand gerichteten Natur.
Nicht weit entfernt hörte Bill ein trockenes Hüsteln. Gleichzeitig vernahm er ein Geräusch, als hätte jemand eine Dusche angestellt.
Eine Dusche war es nicht. Bill entdeckte beim Umdrehen einen Schwarzen, der einen Wasserschlauch in der Hand hielt.
Der Mann kam ihm gerade recht. Für
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