0536 - Das Haus der Seelenfresser
eben gesehen? Den explodierenden Stern?«
Sie nickte. »Und vorher glaubte ich in einer Feuerlohe zu verbrennen. Ich glühe immer noch.« Sie hielt ihm ihren Arm entgegen. Er berührte ihre Haut; sie war heiß. So heiß wie seine vor dem abkühlenden Bad.
»Ich hatte schon befürchtet, dich mit meinem hastigen Aufspringen geweckt zu haben«, sagte er.
»Etwas ist passiert, nicht? Es muß eine Bedeutung haben, daß wir beide gleichzeitig aufschreckten und den fallenden Stern gesehen haben. Eine normale Sternschnuppe war das nicht. - Das mit dem Pool ist vielleicht eine gute Idee.« Sie ließ sich wesentlich vorsichtiger ins kühle Wasser gleiten als Zamorra vorhin, dem jetzt erst klar wurde, daß er sich mit seinem schnellen Sprung unglaublich leichtsinnig verhalten hatte. Mit dem erhitzten Körper ins kühle Naß und dann auch noch sofort ganz untertauchen; es hätte ihn umbringen können.
Zamorra richtete sich auf. »Ich glaube, es ist etwas mit Merlins Stern passiert. Vielleicht war es eine Art Signal, ein - Abschiedsgruß …«
»Aber es war doch schon verloschen, ehe Shirona es stahl«, sagte Nicole.
»Ich weiß nicht. Ich wollte es vorher nicht glauben, und ich wehre mich auch jetzt dagegen.« Er zuckte mit den Schultern. »Natürlich Selbstbetrug, ich weiß. Ich will nicht wahrhaben, daß es unbrauchbar gemacht worden sein könnte. Doch solange ich es nicht in einzelnen Bruchstücken vor mir sehe und von Merlin selbst die Bestätigung erhalte, daß es unwiderruflich zerstört ist und nicht wiederhergestellt werden kann, werde ich es nicht glauben wollen.«
Nicole kletterte ebenfalls wieder ins Freie. »Was machen wir jetzt? Versuchen wir noch ein wenig zu schlafen?«
Zamorra sah nach Osten. »Es wäre das Vernünftigste, zumal die anderen noch nicht wieder wach sind und ich auch nicht ohne Unterstützung zum Lake Okeechobee fahren möchte. Ich will zumindest wieder eine der Zwillinge dabei haben. Wegen dieses Roland Mercant…«
»Glaubst du, er spielt eine wichtige Rolle?«
»Eben, weil ich es nicht weiß, möchte ich alle Eventualitäten berücksichtigen.« Er legte einen Arm um Nicoles nasse Schultern. Das kühle Wasser hatte sie beide zwar erfrischt, aber nicht so weit, daß sie nicht noch einmal hätten einschlafen können.
Zumindest einen Versuch war es wert. Denn wenn sie sich um die Seelenfresser kümmerten, mußten sie ausgeruht sein.
***
Zufrieden betrachtete Shirona das zerstörte Amulett. In zwei ungleich große Teile war es zerbrochen. Die Bruchkanten waren so tiefschwarz wie der Rest der Oberfläche. Shirona strich mit den Fingerkuppen über die Kanten. Sie waren absolut glatt, wie mit einem Messer durchschnitten.
Das war nicht normal. Metall, das zerbricht, überhaupt jedes Material, bricht unregelmäßig; kein Stoff der Welt verfügt über eine so gleichmäßige Struktur, daß beim Zerbrechen eine völlig glatte Schnittkante entsteht.
Aber wichtig war, daß das Amulett zerbrochen worden war. Es war geschafft, Shirona hatte ihr Spiel gewonnen!
Allerdings mußte sie feststellen, daß es sie Kraft gekostet hatte. Sie fühlte sich plötzlich wesentlich schwächer als zuvor.
Aber das spielte keine Rolle mehr. Sie konnte es sich leisten, sich für eine Weile der Muße und der Regeneration hinzugeben. Sollte sie mehr Energie benötigen, als sie selbst zur Verfügung hatte, würde ihr das vierte Amulett oder auch das Kollektiv der Nebelgeister helfen müssen.
***
Sheriff Jeronimo Bancroft, amtierender und in jeder Hinsicht gewichtiger oberster Gesetzeshüter des Dade-Counties, tauchte auf und verzögerte den sofortigen Aufbruch. »Sie sind auch schon wieder hier?« brummte er Zamorra an. »Kein Wunder, daß es wieder einmal Unruhe gibt. Können Sie nicht wenigstens mal bei einem Ihrer Aufenthalte hier dafür sorgen, daß es keinen Verdruß gibt?«
»Nur, wenn Sie sich entschließen, abzunehmen«, erwiderte Zamorra. Er hatte den Eindruck, daß der Sheriff seit ihrem letzten Zusammentreffen noch ein paar zusätzliche Kilo ›Kampfgewicht‹ hinzugewonnen hatte.
»Das ist übelste Erpressung und außerdem strikt abzulehnen«, wehrte Bancroft ab. »Immerhin ist das hier«, er strich mit beiden Händen über seine Leibesfülle, »alles ausgelagertes Großhirn, das oben im Schädelchen nicht mehr genug Platz findet. - Und Sie, Tendyke, dürfen mir jetzt zeigen, wo sich der Doc aus dem Leben verabschiedet hat. Nur gut, daß man in Bungalows keine Treppen zu steigen braucht«, fügte er
Weitere Kostenlose Bücher