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054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

Titel: 054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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und
Priestern okkulter Praktiken, die sich in geheimen Tempeln getroffen hatten und
über Leben und Tod einzelner Bürger entschieden. Wie der Geheimbund
Ku-Klux-Klan in Amerika lange Zeit brandschatzend und mordend durch die Lande
zog und niemand vor ihnen sicher war, so hausten die Drachenmänner in der
Umgebung von Shanghai, der berühmtberüchtigten Hafenstadt im Osten des riesigen
Landes. Wer ihnen nicht paßte, den fingen sie ein und richteten ihn hin. Sie
überfielen Dschunken und Handelsschiffe nach Piratenmanier, ermordeten die
Besatzungen und plünderten die Schiffe.
    Dies
alles, so behauptete die Legende, sei jedoch nicht mehr das Werk von Menschen
aus Fleisch und Blut gewesen, sondern das von Geistern. Die Angehörigen der
Sekte, die aufflog und deren Mitglieder hingerichtet wurden, seien verflucht
gewesen. Ihre ruhelosen Seelen müßten auch nach dem körperlichen Tod noch herumspuken,
morden und brandschatzen, und erst wenn der goldene Götze selbst vernichtet
sei, den sie angebetet hatten, würde das ein Ende finden. Die echte Dschunke,
die durch die Legende spukte, war wohl nur Teil eines schaurig-schönen
Märchens. Auf diese Legende ging das zurück, was nun hier von einem Regisseur
des Grauens in Szene gesetzt wurde. Der Mann, der diese Aktion organisierte und
einstudiert hatte, verstand etwas von seinem Handwerk. Was hier minutiös ablief
und die überraschten Passagiere mit in das abenteuerliche Geschehen hineinzog,
hätte in jeden Grusel-Film als Action-Szene gepaßt. Aufruhr herrschte in der
Barkasse. Alles rannte und schrie durcheinander. Die Drachenmänner schleppten
die Frauen weg und drängten die Männer zurück. Viele Passagiere wurden von den
kräftigen Kerlen mit den Drachenmasken einfach auf die Dschunke mit dem roten
Segel und dem Drachen entführt. Schreie, die in Lachen übergingen, erfüllten
die Luft. Obwohl inzwischen klar war, daß es sich bei dem Ganzen um ein Spiel
handelte, war der Grusel-Effekt vorhanden, wie bei einer Fahrt mit der
Geisterbahn oder dem Geschehen auf dem Halloween-Fest.
    Niemand
fiel ins Wasser. Die Akteure behielten trotz der Hektik und des scheinbaren
Chaos die Übersicht. Kein Mensch an Bord wußte zu sagen, wie oft sie dieses
Schauer-Drama schon gespielt hatten, das echtes Gänsehautvergnügen versprach.
Es ging alles sehr schnell über die Bühne. Lee blieb auf Deck und beobachtete
nur. Er hörte May schreien. Auch sie konnte sich dem Bann des Abenteuers nicht entziehen.
In dem allgemeinen Aufruhr beobachtete niemand das Filmteam, das Lee
zusammengetrommelt hatte. Die Kameras erfaßten viele packende Szenen, von den
Sampans und auch vom hohen Mastkorb der Dschunke aus. Die hellen Scheinwerfer,
die auf der Piraten-Dschunke eingeschaltet worden waren, nachdem der erste
Überraschungsangriff im Dunkeln über die Bühne gegangen war, rissen das
Geschehen in gleißendes Licht. Mehr als die Hälfte der Passagiere war bis jetzt
auf die Piraten-Dschunke entführt. Die anderen leisteten so gut wie keinen
Widerstand mehr. Sie ergaben sich in ihr Schicksal und wurden ebenfalls
gefesselt abgeführt. Auf der Dschunke mit dem roten Segel sollte ein geheimes
Gericht unter Vorsitz des Oberdrachen abgehalten werden. Die
Überlieferung erzählte, daß dies in der Vergangenheit von dem Geheimbund der Drachenmänner so gehalten wurde. Alle Opfer wurden nach den Gesetzen des Piraten-
Kapitäns verurteilt und ihr Vermögen eingezogen. Dieses Schauer-Erlebnis stand
ihnen noch bevor.
    Die
ganze Darbietung war auf eine Stunde begrenzt und bezahlt. Es hatte einiges
gekostet, aber Lee war bereit gewesen, einen Teil seines Ersparten einzusetzen,
um sich diesen Spaß zu gönnen. Eine Verlobung war schon etwas Besonders. Und da
er als Initiator vieler Grusel- Streifen im Fernsehen bekannt war, paßte dieses
Programm genau in sein Metier, und seine Freunde und Kollegen würden dieses
Spektakel nie vergessen. Unter den Passagieren befand sich auch ein Kollege,
der eifrig filmte. Einige Gäste der Barkasse hatten sich in Kombüse und
Restaurant eingeschlossen. Hier gab’s noch Schwierigkeiten. Die
Eingeschlossenen vollführten in ihren freigewählten
Gefängnissen schon Freudentänze, prosteten den draußen Befindlichen zu und
drehten die Musik laut auf, daß hämmernder Rock-Rhythmus durchs ganze Schiff
dröhnte und die unheimliche Szenerie noch untermalte. »Hier kommt ihr niemals
rein!« waren höhnische Rufe zu vernehmen. »Ihr habt doch Angst davor, das
Schiff zu

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