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054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

Titel: 054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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demolieren.«
    »Fenster
dürft ihr nicht zerschlagen«, kicherte die Stimme eines Angeheiterten über die
Lautsprecheranlage. »Dann kriegt ihr nämlich Ärger mit dem Käpt’n. Der macht
euch Piraten zur Schnecke. Da nützen eure Plastikäxte und -beile überhaupt
nichts.« Aber dann wurde aus Spaß Ernst. Keiner wußte, wie es dazu kam.
Plötzlich krachten und splitterten Scheiben. Zwei, drei Drachenmänner
zerfetzten mit ihren Schwertern und Äxten die Fenster und brachen die Tür auf.
Die Schreie, die dann erklangen, waren nicht mehr auf bloßes Erschrecken
zurückzuführen, sondern sie gellten schrill und entsetzlich durch die Kabinen. Todesschreie! Lee ruckte in die Höhe. Was er in seiner unmittelbaren Nähe sah, ließ ihm
die Haare zu Berge stehen. Zwei seiner Freunde wurden von einem Drachenmann
niedergestoßen. Blut floß.
    »Aufhören!«
gurgelte er, und warf sich nach vorn. »Was ist denn los hier? Habt ihr den
Verstand verloren?« Da merkte er, daß er sich schocken ließ. Das mußte mit zur
Vorführung gehören. Offenbar hatten einige Freunde doch seinen Plan
spitzgekriegt und zahlten ihm nun mit gleicher Münze heim. Sie hatten sich
Schweinsblasen umgebunden, die sie nun platzen und Ketchup hervorquellen
ließen. So machte man es beim Film. Lee atmete durch und schimpfte sich im
stillen einen Narren, daß er sich momentan so hatte hinreißen lassen. Aber was
war das?
    Eine
junge Frau, die sich vor dem Angriff eines Drachenmannes in einem Rettungsboot
versteckt hielt, spähte vorsichtig über den Bootsrand. Da wurde sie entdeckt.
Hinter ihr stand ein Drachenmann, der sich sofort auf sie stürzte und mit harter
Hand emporriß. Die Überraschte wirbelte herum, verlor durch die scharfe
Bewegung des Angreifers und ihren eigenen Schwung den Halt und kippte über den
niedrigen Bootsrand. Es bestand noch die Möglichkeit, sie zu packen und vor dem
Sturz in die Tiefe zu bewahren. Aber der Drachenmann machte dazu keine
Anstalten. Er stand da und sah mit an, wie die Frau schreiend in die Tiefe
fiel. Was ging hier vor?
    Die
Attraktion und der berechenbare Schrecken, den Lee für seine Freunde und
Kollegen geplant hatte, entgleiste. Lee lief über Deck, um die Angelegenheit zu
klären, vor allem, um unten im Restaurant nach dem Rechten zu sehen, wo der
Krach am größten war. Da sah er etwas, was ihn noch mehr verwirrte. Im
Windschatten der Dschunke mit dem roten Segel und dem goldenen Drachen schwebte
eine zweite. Ja, sie schwebte und lag mit ihrem Kiel nicht im Wasser, sondern glitt
darüber hinweg!
    Lee
stöhnte. Sein Herz schlug schneller, und der kalte Schweiß brach ihm aus. Die
zweite Dschunke, die gerade die zuerst angekommene erreichte, war größer,
massiger und brachte einen milchigen Nebel mit, der sich schnell und bedrohlich
über der Wasseroberfläche verteilte. Die Sichtweite schrumpfte beängstigend, so
daß man in wenigen Sekunden kaum mehr die Hand vor Augen sah. Ein Krachen und
Bersten erfüllte die Luft, als die schwebende Dschunke die des Unternehmens
rammte. Im Nebel schwangen sich furchteinflößende Gestalten mit Drachenköpfen
auf die Barkasse. Aus dem geordneten Schrecken wurde nun das absolute
Chaos. Lee hörte einen schrillen Schrei. »May!«
    Er
sah eine Frauengestalt auf sich zulaufen. Das beige, hauteng anliegende
Seidenkleid war zerrissen und hing in Fetzen am Körper der Frau, die plötzlich
einen Haken schlug, um einem Drachenmann, der sich auf sie stürzte und sie
packen wollte, auszuweichen. Der Drachenmann setzte ihr nach. Er wollte
May lebend. Da war Lee heran und warf sich dem mit einem Schwert Bewaffneten in
die Seite. Er rechnete fest mit einem Aufprall. Der aber kam nicht!
    Der
junge Mann aus Hongkong wurde durch seinen eigenen Schwung, der nicht
abgebremst wurde, nach vorn gerissen, taumelte über die Planken und stürzte.
Lee stöhnte und starrte auf die Gestalt, die May weiter nacheilte, als sei
überhaupt nichts geschehen. Der Drachenmann – war durchlässig wie ein
Nebelstreifen… Er war eine Spukerscheinung!
     
    ●
     
    Lee
wollte es nicht wahrhaben, aber die Tatsachen sprachen für sich. Die Legende!
Die wahre Gespenster-Dschunke war gekommen. Woran niemand so richtig glauben
wollte, was vernünftig denkende Menschen für nichts weiter als ein
Schauermärchen hielten, war doch Wirklichkeit!
    »Lee!« Mays entsetzt klingende Stimme hallte durch den allgemeinen Lärm,
war schrill und spitz.
    »Ich
komme!« stieß er rauh hervor und kam wieder auf die Beine. Sein

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