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0541 - Der Sohn des Höllenfürsten

0541 - Der Sohn des Höllenfürsten

Titel: 0541 - Der Sohn des Höllenfürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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noch keine hundert Meilen auf See, als wir von einem Piratenschiff aufgebracht wurden. Sie plünderten uns aus, warfen die Mannschaft über Bord und versenkten unser Schiff.«
    »Und dich nahmen sie gefangen, um Lösegeld zu erpressen?«
    Tendyke lachte auf.
    »Sie ahnten nicht einmal, was für einen Fang sie mit mir gemacht hatten. Ich trug einfache Kleidung, und sie hielten mich für einen aus der Mannschaft. Ich hielt es auch nicht für sinnvoll, sie über ihren Irrtum aufzuklären… Bis sie eben die ganze Crew ins haiverseuchte Meer warfen. Und mich gleich mit, ehe ich noch etwas sagen konnte.«
    »Wie hast du überlebt?«
    »Jemand fischte mich aus dem Wasser. Mich und keinen der anderen. Der Überfall durch das Piratenschiff sei nicht geplant gewesen, sagte er. Rate mal, um welchen barmherzigen Samariter es sich handelte.«
    »Asmodis«, sagte Nicole.
    »Bingo! Ausgerechnet er war es, der mich rettete. Ich glaube, ich wäre lieber ertrunken oder hätte mich von den Haien fressen lassen. Aber man kann sich leider nicht alles aussuchen.«
    »Immerhin hat er über dich gewacht. Nimm es als Vaterliebe. Du wärest tot, wenn er dich nicht herausgefischt hätte.«
    »Ja.« Tendyke nahm noch einen Schluck und setzte das Glas dann ab. Er winkte der Bedienung. »Etwas Alkoholfreies«, verlangte er. »Ganz gleich, was. Irgendwie schmeckt mir der Whiskey bei diesen Erinnerungen nicht mehr.«
    »Was geschah dann?« wollte Nicole wissen.
    Tendyke lachte bitter. »Er setzte mich in Amerika ab. Einfach so. Da stand ich wieder. Ich hatte nur das, was ich auf dem Leib trug. Ich war wieder da, wo ich angefangen hatte - ganz unten.«
    »Aber deine Handelsfirma… da war doch noch ein zweites Schiff.«
    »Darauf hoffte ich natürlich. Den Namen meiner Firma kannte man, mich selbst aber natürlich nicht. Die Spanier, die sich an meinem Zielort ansässig gemacht hatten, glaubten dem zerlumpten Fremden nicht, daß er Robert de-Blanc war. Aber der Kapitän des zweiten Schiffes kannte mich natürlich. Er würde mich identifizieren. Nur - er traf nie ein. Vermutlich ist das Schiff gesunken. Weißt du, es war schon seine vierte oder fünfte Überfahrt, und mehr hielten die Schiffe damals einfach nicht aus. Sie wurden zwar nach jeder Reise so weit wie möglich wieder instand gesetzt, aber die Belastungen waren einfach zu groß. Nach fünf, spätestens sechs weiten Fahrten konntest du ein Schiff vergessen. Das Material war einfach am Ende. Natürlich wußten das auch die Seeleute, und je älter ein Schiff war, desto schwerer kam der Kapitän an Mannschaften. Die meisten heuerten rechtzeitig ab und versuchten, auf anderen, jüngeren Schiffen Arbeit zu finden. Doch die Schiffseigner sahen natürlich nicht ein, ihre Schiffe abzuwracken. Die fuhren, bis sie auseinanderbrachen. Das wird auch mit meinem Schiff geschehen sein. Es brauchte nicht einmal in einen Sturm zu geraten. Irgendwo ein paar kleine Lecks, dann eine etwas schwerere See… und ab ging’s zu Neptun. Oder es wurde auch von Piraten gekapert. Wer weiß? Ich kannte mich damals noch nicht so gut mit Schiffen aus. Sonst hätte ich den alten Pott bestimmt nicht geheuert.«
    »Was hast du gemacht?«
    Tendyke lachte leise. »Als Koch auf einem spanischen Schiff angeheuert, das wieder in Richtung Heimat fuhr. In der Neuen Welt gab man mir damals einfach keine Chance. 1535 war ich wieder in Orleans. Meine Firma gab’s nicht mehr. Der Mann meines Vertrauens hatte sich mit einem Großteil des Kapitals abgesetzt, und danach war alles zusammengebrochen. Ich brauchte drei Jahre, ihn zu jagen und zu stellen… aber das Geld hatte er da längst nicht mehr. So, wie er es sich ergaunert hatte, hatte er es auch wieder verloren und war noch ärmer als ich, der ich wenigstens an den Spieltischen für mein Einkommen sorgen konnte. Tja, so ist das damals gewesen. Auf und ab. Aber es hat mich schon damals drei Dinge gelehrt.«
    Die Bedienung servierte. Tendyke nahm wieder einen Schluck; vom Reden war ihm der Mund trocken geworden.
    »Erstens: Hätte Asmodis mich nicht in die neue Welt gebracht, sondern zurück nach Orleans, nachdem er mich aus dem Ozean fischte, hätte ich die Untreue und den Zusammenbruch meiner Firma verhindern können; er trägt also die Schuld an meinem neuerlichen Rückschlag. Zweitens: Vertraue niemandem außer dir selbst. Drittens: Verlaß dich nie auf eine Sache allein. Du brauchst mindestens zwei Standbeine. Wenn eines zusammenkracht, kannst du wenigstens noch auf dem anderen

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