0543 - Die Fliegen-Königin
wurde mir zuviel. So befragte ich diese steinerne Fliegengöttin, in der die Kraft eines ganzen Volkes steckte. Sie riet mir, endlich zuzuschlagen und den Menschen das zurückzugeben, das sie den Fliegen angetan haben. Einige meiner Liebhaber haben es zuerst gespürt. Unter anderem auch Ross Grayson, der ebenfalls keine Fliegen mochte. Mein Abschiedsgeschenk fiel dementsprechend aus, wie ihr ja wißt.«
»Wer ist noch alles gestorben?« fragte ich mit leicht krächzender Stimme.
»Einige, die nicht daran glauben wollten, wie wertvoll die Fliegen letztendlich sind. Wer mich wollte, der müßte auch meine Freunde akzeptieren.« Als sie den letzten Satz sagte, stemmte sie sich hoch und drehte sich um.
Ich löschte meine Lampe und steckte sie weg. Suko aber strahlte sie an. Im Hotel hatten wir praktisch nur ihren Körper gesehen. Da war der Kopf unter der Masse der Fliegen verschwunden. Nun stand sie frei vor uns – und sie trug nichts auf der Haut als ein knappes Höschen mit angesetzten Beinen. Die Kleidung lag zusammengefaltet neben ihr.
»Striptease für die Fliegen?« fragte Suko sarkastisch, während ich mich zurückzog und in die Hocke ging. Es wurde allmählich Zeit, daß ich die Decken tränkte.
Suko hatte natürlich etwas bemerkt. Er handelte ganz in meinem Sinne, als er Elvira Klein auch weiterhin in ein Gespräch verwickelte.
»Es hatte einen Grund, daß ich mich auszog. Sie sollen mich so sehen, wie ich bin. Sie sollen erkennen, daß ich zu ihnen stehe und sie überall auf mir ihre Plätze finden können. Das ist der Grund.«
»Und der Stein?«
»Er ist die Quelle.« erwiderte die Frau. »Er ist die Quelle der alten Kraft. Jahrtausende mußten vergehen, damit ich ihn fand. Ein Stein, den andere Völker mir überlassen haben. Ich bin für würdig befunden worden, seine magische Strahlung in mich aufzunehmen. Kommunikation zwischen Fliegen und einem Menschen. Wann hat es das, so frage ich euch, jemals schon gegeben?«
»Im Kino!« antwortete Suko trocken und hörte einen wütenden Laut, weil sich Elvira Klein nicht ernst genommen sah.
Ich hatte inzwischen den ersten Kanister genommen und ihn gekippt. Leider lief es nicht geräuschlos ab. Das Gluckern war zu hören, als die Flüssigkeit aus der Öffnung lief. Mir stiegen die Dämpfe in die Nase, ich mußte den Atem anhalten und leerte den Kanister bis auf einen geringen Rest. Die Decke war völlig durchtränkt.
Dann nahm ich mir die zweite vor und auch den zweiten Kanister. Wieder gluckerte die Flüssigkeit hervor, während Suko glücklicherweise so laut sprach, daß seine Stimme das Geräusch übertönte.
Nur den Geruch würde sie bald spüren, und auch die Fliegen, so kam es mir vor, waren unruhig geworden. Ihr Summen klang aggressiv und untermalte die Worte der Frau.
»So werden die Fliegen und ich bald die alte Herrschaft übernehmen. Wer sich uns nicht beugt und dem Zauber der alten Vorzeit verfallen wird, ist verloren.«
»Eine Frage noch!« rief Suko laut in die Höhle hinein. »Was wird noch alles geschehen? Wie lauten deine Pläne?«
»Herrschaft!«
»Über Liechtenstein?«
»Zunächst. Aber ich werde weitergehen. Andere Städte und andere Länder stehen mir offen. Für Fliegen gibt es weder Grenzen noch politische Barrieren.« Sie stand nicht mehr still, bewegte die Arme und redete immer schneller.
Ich kippte weiter, drückte uns die Daumen, daß sie noch weitersprach, doch sie stockte plötzlich mitten im Satz.
Suko wollte sie ansprechen. Ihr scharfes »Nein!« peitschte in sein erstes Wort.
»Was ist denn?«
Schnuppernd bewegte sie ihre Nasenflügel. »Hier… hier riecht es!« flüsterte sie. »Es … es ist ein widerlicher Geruch, den ich genau kenne. Ich weiß, wo er herkommt. So riecht es manchmal an Tankstellen. Ich meine das Benzin.«
»Tut mir leid, aber ich…«
»Doch, es stinkt nach Benzin. Ihr wollt mich überlisten. Wo steckt dieser verdammte Sinclair?«
Der verdammte Sinclair war dabei, die rechte Hand in die Tasche gleiten zu lassen. Dort befand sich das Feuerzeug. Ich konnte nur hoffen, daß wir schnell genug wegkamen.
Auch Suko zog sich jetzt zurück, huschte sogar an mir vorbei, als die Klein durchdrehte.
»Ersticken sollt ihr! Ersticken an meinen Fliegen!« Sie schrie es mit sich überschlagender Stimme. Und im gleichen Augenblick lösten sich die Fliegenschwärme von den Wänden und der Decke.
Da knipste ich das Feuerzeug an. Ein winziger Funke reichte aus.
Ich schleuderte es noch weg und
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