0544 - Der Bleiche
aufgeklungen sein.
Wer begehrte Einlaß?
Ein Freund der Familie – oder ein Feind?
Suko schluckte und räusperte sich kurz danach. Als er sich auf den Weg zur Tür machte, ging er auf leisen Sohlen. Im Flur hörte er das Pochen wieder. Es klang jetzt lauter, und er wußte, daß derjenige irgendeinen Gegenstand in der Hand hielt.
Einen Schritt vor der Tür blieb er stehen. Die Schläge waren verstummt. Dafür vernahm er wispernde Stimme. Also waren es mehrere Personen, die im Flur warteten.
Eine Männerstimme forderte ihn auf, endlich zu öffnen. Suko hatte die Stimme noch nie zuvor gehört und fragte: »Wer sind Sie?«
»Machen Sie auf!«
»Okay, erst will ich wissen, wer Sie sind, Mister?«
»Ein Nachbar.«
»Schon besser. Und die anderen Personen, die bei Ihnen sind?«
»Auch Nachbarn.«
Die Antwort war zu spontan erklungen, um nicht echt zu sein.
»Es ist gut«, sagte Suko, »ich habe verstanden. Jetzt möchte ich nur noch wissen, was Sie von Mrs. Benson wollen.«
»Das werden wir Ihnen nicht sagen.« Diesmal sprach eine Frau.
Am Klang der Stimme erkannte Suko, daß es sich bei ihr um eine ältere Person handeln mußte.
»Tut mir leid für Sie«, sagte Suko. »Aber Mrs. Benson möchte nicht gestört werden.«
»Das soll sie uns selbst sagen.«
»Sie schläft.«
Sukos Antwort hatte die Menschen hinter der Tür so überrascht, daß sie zunächst nichts sagen konnten. Dann griff Mandy Fox ein.
Abermals hörte Suko eine neue Stimme. »Wir glauben Ihnen nicht, Mister. Sie sind in die Wohnung der Bensons eingedrungen und wollen…«
»Ich bin Polizist!«
Auch das nahmen sie ihm nicht ab. Sehr deutlich hörte Suko das hämische Lachen.
»Beweisen Sie es.«
»Nein, mein Wort muß Ihnen genügen.« Suko sah keinen Grund, den Ausweis durch die Türritzen zu schieben. Gut, er hätte öffnen können, doch er wollte keinen Fremden in die Wohnung hereinlassen. Zudem sagte ihm ein Gefühl, daß diese Personen so unwissend, wie sie taten, nicht waren.
Sie mußten ein Motiv haben, weil sie die Wohnung betreten wollten.
»Sie lassen uns also nicht hinein?« rief die ältere Frau. Ihre Stimme klang schon wütend.
»So ist es.«
»Dann ist es Ihr Fehler!« Diesmal hatte der Mann gesprochen, und er handelte auch.
Suko sprang unwillkürlich zurück, als er plötzlich die dumpfen Schläge vernahm. Dabei blieb es nicht, denn gleichzeitig splitterte das Holz.
Wer immer geschlagen haben mochte, mußte sich mit einem schweren Gegenstand bewaffnet haben.
Und die Schläge verstummten nicht. Sie wuchteten von außen gegen die Tür und brachten die gesamte Fläche zum Zittern. Das Vibrieren pflanzte sich bis unter den Holm fort, dann entstand im Holz ein Spalt, und erste Splitter segelten Suko entgegen.
Sie hatten es mit Gewalt versucht, und sie ließen sich auch weiterhin nicht beirren.
Einer schlug mit der Axt. Suko erkannte die Waffenschneide, als sie das Holz durchhämmerte. Sie war sehr scharf, glänzte bläulich, besaß aber ansonsten einen roten Anstrich.
Nicht nur die Axt wollte den Weg freihämmern. Es waren auch Fäuste da, die vor das Holz droschen und verbissen versuchten, die Tür zu zerstören.
Suko hätte die Menschen aufhalten können. Vielleicht hätte sogar ein Warnschuß gereicht. Daß er es nicht tat, lag einzig und allein daran, daß er erfahren wollte, was diese Gruppe vorhatte. Sie mußte irgend etwas im Schilde führen, das mit den Bensons zusammenhing. Möglicherweise war sie auch über Luke Bensons Schicksal informiert.
So wartete er in einer genügenden Distanz ab, wo er nicht von umherfliegenden Holzteilen erwischt werden konnte.
Die jagten reihenweise auf ihn zu. Zwei Frauen feuerten den Mann an, der mit seiner Axt einen genügend großen Zwischenraum geschaffen hatte, um hindurchzuklettern.
Suko wunderte sich nur darüber, daß andere Hausbewohner nicht aufmerksam geworden waren und versucht hatten, dem Treiben Einhalt zu gebieten. So hämmerte dieser Mensch brutal weiter, bis ihm die Lücke groß genug erschien, um hindurchzusteigen.
Mit der Schulter räumte er noch einige Reststücke zur Seite. Suko ließ ihn kommen und beobachtete ihn genau. Er hatte das Flurlicht eingeschaltet, in dessen Schein der ältere Mann trat. In seinen Augen stand ein Ausdruck, der dem Inspektor überhaupt nicht gefiel. Suko glaubte Fanatismus darin erkennen zu können.
Eine ältere Person folgte ihm, wahrscheinlich seine Frau. Zuletzt kletterte ein noch relativ junges Mädchen in roten Shorts
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