0549 - Amors Teufelspfeile
Pfeil aus dem Köcher. Dessen Öffnung schaute genau zwischen den beiden Flügeln hindurch.
Kaum lag der Pfeil auf der Sehne, als sich die Pupillen des kleinen Teufels veränderten. Sie nahmen an Umfang und auch an Farbintensität zu.
Aus der schwachen Farbe wurde ein böses Leuchten.
Teuflisch und knallrot. Dabei mit einem dunklen, leicht angeschwärzten Unterton versehen.
Amor zog die Sehne zurück. Im gleichen Moment übertrug sich die teuflische Magie auf den Pfeil, der ebenfalls die rote Farbe annahm wie die Augen des Kleinen.
Das Fenster lag ziemlich tief, so konnte auch eine kleine Gestalt durch die Scheibe schauen und entsprechend zielen.
Noch einmal nahm er Maß, spannte die Sehne bis zum Anschlag.
Der Pfeil sah aus, als würde Feuer über ihn hinweglaufen und ihn umhüllen wie ein dunkelrotes Etui mit gelben Flecken dazwischen.
Dann schoß er.
Die Sehne schnellte vor, der Pfeil jagte los.
Kein Klirren ertönte, als er durch die Scheibe fuhr. Er hinterließ weder ein Loch noch ein Muster von Splittern. Er jagte, hindurch, als wäre das Glas nicht vorhanden.
Und er traf genau!
Die Wölfin zuckte zusammen, als sich die Spitze und ein Teil des Schafts durch das dichte Fell in den Körper bohrten. Sie öffnete auch die Augen. Für ein, zwei Sekunden sah es aus, als wollte sich das Tier erheben. Das schaffte es nicht.
Nadine sackte wieder zusammen, bewegte ihre Läufe und blieb so liegen wie zuvor.
Der teuflische Amor war sehr zufrieden, was auch sein verzogener Gesichtsausdruck anzeigte.
Er fühlte sich so sicher, daß er sich noch die Zeit nahm, eine Weile zu warten.
Etwa fünf Minuten verstrichen, als die Wölfin zuckte und auch dabei die Augen öffnete.
Sehr genau schaute der Schütze hin.
Er nickte zufrieden, denn die Augen des Tieres hatten sich verändert.
Sie leuchteten rot. So wie die des teuflischen Amors und der Person, die der Blonde auf dem Gewissen hatte.
Er war zufrieden. Die Wölfin liebte die Menschen, bei denen sie wohnte, und die liebten sie.
Sehr bald würde sich das ändern, wenn es sich nicht schon geändert hatte.
Beruhigt zog sich Amor zurück. Für ihn gab es noch viel zu tun.
Das nächste Ziel mußte anvisiert werden. Trotz der einen Niederlage ging er davon aus, daß er in der Familie Conolly die Liebe auslöschen konnte…
***
Bill hatte den Kaffee durchlaufen lassen und einen großen Becher mit der braunen Brühe gefüllt. Essen konnte er nichts, sein Magen hatte sich verengt, der Druck war zu stark.
Im Flur blieb er stehen und telefonierte mit dem Krankenhaus.
Man verband ihn mit der Station, wo er sich nach dem Zustand seiner Frau erkundigte. Es war nach wie vor ernst, hatte sich weder verschlimmert noch verbessert.
»Und die Krise?« fragte Bill.
»Wird möglicherweise in den nächsten Stunden eintreten, Mr. Conolly.«
»Sicher ist das nicht?«
»Was ist schon sicher? Bitte, wir rufen Sie an, falls sich bei Ihrer Frau etwas verändert. Sei es zum Positiven oder Negativen.«
»Ja – danke.«. Bill legte auf und wischte über seine feuche Stirn.
Das Gespräch hatte ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben, und er hatte auch feuchte Hände bekommen. Fast wäre ihm die Tasse noch entglitten, als er in den Wohnraum ging.
Bill befand sich nicht allein im Haus, Johnny war noch bei ihm.
Der Reporter hatte geduscht, sich rasiert und dann in der Schule angerufen, um seinen Sohn für diesen Tag abzumelden. Er wollte Johnny um sich haben, in der Schule wäre er schutzlos gewesen.
Der Reporter ging davon aus, daß der Teufel und sein böser Helfer noch längst nicht aufgegeben hatten. Niederlagen nahm Asmodis zwar hin, doch er versuchte stets, sie in Siege umzuwandeln.
Als Bill die Hälfte der Tasse geleert hatte, stand er auf, weil ihm etwas eingefallen war. Er hatte sich wieder an den Rat seines Freundes John Sinclair erinnert.
Im Arbeitszimmer blieb Bill nachdenklich stehen, blickte aus dem Fenster und schaute in den Garten, der von der Septembersonne gebadet wurde. Laut Vorhersage sollte dieser Monat wunderbar werden, von der Witterung her stabil bleiben, so daß es eine Freude war, in Urlaub zu fahren. An Ausspannen und Urlaub hatte Bill auch schon gedacht, leider war ihm die Sache mit Sheila dazwischengekommen.
Eine Schublade an seinem Schreibtisch war stets abgeschlossen.
Nur er besaß den Schlüssel, und er öffnete die Lade auch nur zu bestimmten Gelegenheiten.
Bill zog sie auf. In der Lade lag ein zweiter Schlüssel. Er paßte zu einem kleinen
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