0549 - Amors Teufelspfeile
nicht?«
Er hob die Schultern und stand auf. Ich wertete es als Zeichen meiner Entlassung.
Etwas müde ging ich zum Parkplatz, wo ich den Rover abgestellt hatte.
Bevor ich einstieg, warf ich einen Blick an der grauen Front des Komplexes hoch. In der dritten Etage lag die Intensivstation. Dort oben kämpfte Sheila um ihr Leben, und die große Krise stand ihr noch bevor.
Verdammt, mir wurde die Kehle eng. Gleichzeitig spürte ich die Gänsehaut auf dem Rücken.
Fast wütend startete ich den Rover. Kleinere Steine spritzten unter seinen Hinterreifen weg. Ich jagte ihn in eine Kurve und auf die Ausfahrt zu. Dort verrauchte mein Zorn und schuf wieder der nüchternen und kalten Überlegung Platz.
Wenn wir etwas erreichen wollten, mußten wir methodisch vorgehen und uns um das Vorleben oder das Leben der toten Sina kümmern. Vielleicht gab es dort irgendeinen Punkt, wo wir den Hebel ansetzen konnten.
Ich fuhr zum Yard. Suko war schon eingetroffen. Als ich in Glendas Büro kam, sah ich ihrem Gesicht an, daß sie von Suko bereits eingeweiht worden war.
»Himmel, wie geht es Sheila? Du…«
»Nichts Neues, Glenda. Sie liegt nach wie vor auf der Intensivstation. Die Ärzte haben getan, was sie konnten. Alles andere muß jetzt die Natur übernehmen.«
Glenda nickte nur. »Die Chancen…?«
»Mies«, erwiderte ich leise und schaute dann zur Bürotür hin, weil ich aus unserem Office Stimmen vernommen hatte.
»Suko hat Besuch«, erklärte Glenda.
»Wer ist es denn?«
»Keine Ahnung. Der Mann heißt…« Sie überlegte. »Jetzt habe ich den Namen vergessen. Die Sache mit Sheila hat mich …«
»Schon gut, Glenda. Ich werde es bald selbst wissen.« Als ich die Bürotür aufstieß, atmete Suko laut und deutlich auf. »Ein Glück, daß du kommst, John. Darf ich dir Abe Scorra vorstellen? Mr. Scorra ist der Freund von Sina Evans…«
Zufall, Glück oder wieder ein raffinierter Plan des Teufels, der uns ein Kuckucksei ins Nest legen wollte? Ich wußte es nicht, aber mein überraschtes Gesicht zeigte Suko an, daß er mich kalt erwischt hatte.
»Es stimmt tatsächlich, John.«
Ich ging tiefer in den Raum hinein. Hinter mir fiel die Tür ins Schloß. Abe Scorra hatte sich umgedreht, so konnte ich ihn anschauen. Er machte einen etwas bedrückten Eindruck, war blaß geworden, sein Haar wirkte sehr dunkel. Er trug eine dünne Lederjacke und eine helle Hose, die an den Seiten der Beine Schweißflecke zeigte. Im Haar glänzte Gel.
»Bleiben Sie bitte sitzen, Mr. Scorra«, sagte ich, als ich sah, daß er aufstehen wollte.
»Danke…«
Auch ich setzte mich auf meinen Platz, Suko direkt gegenüber.
Ihn sprach ich auch an. »Da du schon informiert bist, Suko, kannst du mich ins Bild setzen.«
Das tat mein Freund auch. Ich erfuhr eine fast unglaubliche Geschichte, die unserem Gast in der vergangenen Nacht widerfahren war. Die beiden Bobbies hatten ihn noch auf dem Revier festgehalten. Als er dann bei seiner Meinung geblieben war, da hatten sich die Kollegen an uns erinnert und ihn zu Suko gebracht.
»Glauben Sie mir auch nicht?« fragte er mit leiser Stimme und rieb seine Handflächen gegeneinander.
»Wir glauben Ihnen beide, Mr. Scorra«, beruhigte ich ihn.
»Außerdem habe ich meine Erfahrung mit diesem teuflischen Amor gemacht. Aber um Ihre Freundin tut es mir leid…«
Er senkte seinen Kopf und sah ziemlich verwirrt aus. »Ich weiß schon, was mit ihr geschehen ist. Der Inspektor hat es mir gesagt.«
Eine Schweigepause entstand. Ich unterbrach sie schließlich mit der Frage, ob er einen Kaffee wollte.
Scorra nickte.
Glenda hatte schon Irischen aufgesetzt. Sie kam mit einer Kanne und Tassen ins Büro.
Suko trank seinen Tee, Abe Scorra und ich Kaffee. Der junge Mann konnte die Tasse kaum halten, so stark zitterten seine Hände.
Er entschuldigte sich einige Male deswegen, wir aber winkten ab.
Ich kam auf das Thema zu sprechen. »Der springende Punkt ist Sina Evans«, sagte ich.
»Wieso?«
»Sie ist von diesem Pfeil erwischt worden und hat sich verändert. Ich denke darüber nach ob es vielleicht ein Motiv gibt, weshalb sich der Schütze gerade sie ausgesucht hat?«
»Zufall.«
»Sind Sie sicher, Mr. Scorra?«
»Das weiß ich nicht.«
Ich räusperte mich. »Wissen Sie, wir als Polizisten suchen stets nach Motiven und Anhaltspunkten. Sie kannten Sina Evans sehr gut. Könnte es sein, daß sie unter Umständen schon vorher Kontakt mit einer Gruppe gehabt hat, die sich mit okkulten Praktiken
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