0549 - Des Teufels Traum
Vielleicht würde sie hier ihr Hauptquartier einrichten.
Doch zunächst gab es andere Probleme.
Sie wollte und mußte Julian finden. Irgendwo in diesen Bergen, in diesen unendlichen Weiten, die aus Felsmassiven, unzugänglichen Regionen, kargen Hochebenen und Hängen bestanden, mußte er seine Blockhütte gebaut haben.
Oder dort?
Oder noch weiter entfernt?
Sie hatte eine ungefähre Vorstellung davon, wie die Hütte aussah. Schließlich hatte Angelique längere Zeit darin gelebt. Lange genug, um sich an Einzelheiten erinnern zu können. Dennoch hatte das Gedankenbild nicht gereicht, diese Hütte direkt anzu springen. Es mußte in der Zwischenzeit Veränderungen gegeben haben, von denen Angelique nichts wissen konnte. Möglicherweise sah die Hütte schon gar nicht mehr so aus wie damals.
Oder sie existierte nicht mehr, weil Julian sie aufgegeben hatte…?
Der Gebäudekomplex am Berghang unterhalb… Vielleicht ein Kloster? Darüber, oben am Berg, die Hütte?
Teri konzentrierte sich erneut, versuchte ihr Ziel diesmal zu erreichen.
Es gelang ihr wieder nicht. Der Sprung fand erst gar nicht statt. Die Angaben waren zu vage, um als konkretes Ziel dienen zu können.
Auch ein Gedankenbild von Julian Peters selbst half nicht. Entweder reichte auch das noch nicht aus, oder das Telepathenkind befand sich derzeit überhaupt nicht hier in der Gegend.
Teri verzog das Gesicht. Daß sie nicht weiterkam, verdroß sie. Dämonischer Hochmut, gepaart mit Arroganz und Selbstüberschätzung, durchströmte sie. Julian nicht finden zu können, glich schon einer Demütigung.
Aber dann kehrte die druidische Geduld in ihr zurück.
Vielleicht gab es einen anderen Weg, die Spur aufzunehmen.
Und wenn nicht, konnte sie letztendlich auch darauf verzichten, sich zum Silbermond zurückzuziehen. Hier, wo niemand Julian Peters finden konnte, gab es sicher auch für sie eine Möglichkeit, sich zu verbergen und das Amulett von einer Rückkehr zu Yves Cascal abzuhalten.
Und hier in der Kälte war auch Ssacahs Macht gering.
Sie hockte sich in den Schnee, ließ die Kälte nicht an sich heran und begann, intensiv nachzudenken.
Sie kam nicht auf die Idee, sich in der Dunkelheit richtig umzusehen.
Sonst hätte sie die Stelle bemerkt, die, nur ein paar Dutzend Meter von ihr entfernt, völlig schneefrei war und an der frisch erblühte Blumen in der zurückkehrenden Kälte wieder abgestorben waren.
Oder die Blockhütte, die sich nicht weit davon entfernt an den Berghang schmiegte…
***
»Was?« keuchte Angelique entsetzt. »Was soll ich dir geben? Wovon sprichst du?«
»Das Amulett!« brüllte Lucifuge Rofocale.
Er ergriff sie. Mit ungeheurer körperlicher Kraft. Und mit riesigen, krallenbewehrten Klauen, die zu bestialischen Waffen werden konnten, die in der Lage waren, ihren Körper ohne weiteres zu zerfetzen.
»Was… was für… was für ein Amulett?«
»Das sechste! Das zweitmächtigste! Ich habe es bei dir gesehen! Du hattest es eben noch!« donnerte Lucifuge Rofocale. In seinen Augen flackerte der Wahn des Süchtigen. »Gib es mir, oder…«
Plötzlich stand jemand in der Tür.
Immer noch unrasiert, ungekämmt, immer noch in Hose und Unterhemd. Aber eine Schnellfeuerwaffe in den Händen.
Eine, die nach den neuesten amerikanischen Waffengesetzen schon mehr als illegal war.
»Oder was? Laß sie los!« donnerte Sam.
Der Erzdämon wandte den eckigen Schädel mit dem boshaften mörderischen Ausdruck.
»Laß sie los - und nimm die verdammte Maske ab!« brüllte Sam. »Na los, mach schon! Ich will sehen, was für ein zweibeiniger Scheißhaufen sich hinter diesem Karnevalskostüm versteckt! Na los, runter mit der Maskerade, oder dein Kostümverleiher wird sich über ein paar häßliche große Löcher ärgern. Der einzige Vorteil ist dann nur, daß du das Ding nicht mehr bezahlen mußt!«
Angelique erschauerte. So hatte sie Sam noch nie erlebt. Nicht einmal, wenn die Geldeintreiber auftauchten, um das Schutzgeld zu kassieren. Oft genug hatte er sich gegen sie aufgelehnt, sie einige Male auch mit blutigen Nasen heimgeschickt, um schließlich doch immer zu unterliegen. Sie hatte einiges von den meist brutalen Auseinandersetzungen miterlebt. Doch noch nie war Sam so energisch aufgetreten.
Lag es an ihr? Lag es daran, daß er sich nicht für seine eigenen Belange einsetzte, sondern ihr helfen wollte?
Lucifuge Rofocale schleuderte Angelique einfach durch die Luft.
Wie sie es schaffte, sich instinktiv zu drehen und ihren Aufprall an
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