0552 - Gefangene der bösen Träume
durchgefallen, das war’s. Jetzt schreibe ich keine wissenschaftlichen Abhandlungen mehr, sondern Song-Texte, und dabei fühle ich mich wesentlich glücklicher - weil ich hier endlich Anerkennung finde.«
»Kollege Bellemont ist ein Trottel«, plauderte Zamorra aus dem Nähkästchen. »Ich kenne ihri seit sehr langer Zeit, und ich kann ihn nicht gerade als einen Freund bezeichnen. Er ist starrköpfig und trocken. Ich darf Ihnen garantieren, Bo, daß Sie auch dann durchgefallen wären, wenn Sie nicht einige Partien aus meinem Buch übernommen hätten. Wie sind Sie auf die verrückte Idee gekommen, ausgerechnet bei ihm examinieren zu wollen? Und weshalb sind Sie überhaupt an die Sorbonne gegangen? Dort existiert keine parapsychologische Fakultät. Meine früheren Vorlesungen und auch meine letzte Gastvorlesung wurden irgendwie in den Fachbereich Psychologie hineingemogelt, weil der Dekan mich seltsamerweise sehr schätzt und mich am liebsten in eine Festanstellung pressen möchte, nur ist das nicht mein Fall, zu viele Verpflichtungen. Sie wären in Freiburg, Deutschland, besser aufgehoben gewesen. Dort, und auch in Moskau bei Professor Saranow, gibt es das Parapsychologie-Zentrum überhaupt.«
»Ich spreche kein Russisch, und ich wollte auch nicht nach Deutschland«, erwiderte Vinerich. »Können wir das Thema jetzt endlich belassen? Oder wollen Sie mich etwa überreden, es noch einmal zu versuchen? Dann sind Sie verrückt.«
Zamorra ließ sich auf der Bettkante nieder.
»Ich wußte nicht mal, daß Sie dieser Bo sind, der geistige Kopf der Band. Und nur um die geht es mir im Grunde. Genauer gesagt, um das hier.« Er warf Vinerich die Zeitungen zu, der sie instinktiv auffing.
Der Songtexter warf nur einen kurzen Blick auf die Schlagzeilen, bevor er die Zeitungen wieder zurückwarf. »Was, zum Teufel, wollen Sie? Glauben Sie, ich hätte mit der Sache etwas zu tun?« Seine Augen wurden groß. »Haben Sie Sabella diesen Floh ins Ohr gesetzt? - Sabella, unserer Leadsängerin?«
»Sie hat Sie also schon darauf angesprochen?« Warum hatte sie den Ex-Studenten dann aber nicht auch von Zamorras Anwesenheit in Kenntnis gesetzt? Er war offensichtlich über Zamorras Auftreten völlig überrascht gewesen.
Also habe ich mich doch nicht geirrt , hatte er gesagt. Wäre er von Sabella informiert worden, hätte er das bestimmt anders formuliert.
»Sie deutete an, ich hätte mit diesem Quatsch etwas zu tun! Sie behauptete auch, ein wildes Ungeheuer hätte hier im Hotel jemanden ermordet…«
»Und das entspricht der Wahrheit, Bo!« bestätigte Zamorra. »Angeblich soll es sich um einen riesigen Wolf handeln. Deshalb hätten Polizisten beinahe meinen vierbeinigen Begleiter erlegt, obgleich der der friedlichste aller Wölfe ist. Bo, klingelt bei den Stichwörtern Wolf oder Drache nicht doch etwas bei Ihnen?«
»Gehen Sie!« verlangte Vinerich. »Lassen Sie mich jetzt endlich in Ruhe! Ich weiß nicht, warum Sie hier sind, und erst recht nicht, warum Sie mich belästigen. Aber jetzt verschwinden Sie aus meinem Zimmer, sonst lasse ich Sie von der Polizei rauswerfen! Ich nehme mal an, daß die ja noch im Haus ist und nach einem Drachen… nein, einem Wolf sucht!«
»Wenn Sie sich von meinem Rausschmiß mehr versprechen als von einem Gespräch…« Zamorra erhob sich und ging zur Tür.
Dort wandte er sich noch einmal um.
»Die Tür sollten Sie übrigens lieber verschlossen halten. Sonst könnten noch mehr Wölfe und Drachen aus Ihrem Zimmer flüchten und durchs Hotel oder durch die Stadt geistern…«
Durch Bos Bewußtsein gellte die Erinnerung an Sabellas Worte.
Paß auf deine Träume auf !
Das klang doch fast genauso!
Hatten sie sich gemeinsam gegen Bo Vinerich verschworen?
Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen?
***
Nicole hatte es nicht weit bis zu Bo Vinerichs Zimmer, schließlich lag es in der gleichen Etage.
Aber ein paar Türen vorher hörte sie aus einem Raum den gellenden Aufschrei einer Frau!
Dann… Kampfgeräusche!
Sie hätte sich selbst dann dafür interessiert, wenn sie nicht durch den Todesfall und die anderen Ereignisse sensibilisiert gewesen wäre. Schließlich hatte sie auch etwas dagegen, wenn Frauen von Männern geschlagen wurden, die sich nicht gerade als magisches oder metapsychisches Alptraummonster manifestierten.
Ihre Hand flog auf die Türklinke.
Abgeschlossen!
Sie nahm den Dynastie-Blaster aus der Umhängetasche. Mit haarfein dosiertem Laserstrahl schloß sie die Zimmertür
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