056 - Die Rache der Mumie
und knabberte an seiner Unterlippe.
»Setzen Sie sich!«, sagte er schließlich.
Armand nahm Platz.
»Seit drei Tagen interessieren sich plötzlich verschiedene Leute für diese harmlose Statuette«, sagte der Doktor. »Jetzt sogar die Presse. Ich bekam Warnungen. Angeblich soll auf dieser Statue ein Fluch liegen. Wer sie besitzt, der wird nicht lange leben. Ich halte das alles für kompletten Unsinn.«
Armand zog Hunters Fax aus der Brusttasche und reichte es seinem Gegenüber.
»Lesen Sie das, Doktor!«, sagte er. »Vielleicht denken Sie dann anders.«
Pauvert las kopfschüttelnd, dann gab er Armand den Bericht zurück.
»Verrückt. Das ist völlig verrückt«, sagte er. »Ich besitze diese Statuette, aber man kann mich nicht als Sammler bezeichnen. Ich handle mit Antiquitäten und will die Statue verkaufen.«
»Haben Sie sie im Laden?«
»Ja«, sagte der Doktor und stand auf. »Ich zeige sie Ihnen.«
Er trat aus dem Zimmer. Einige Augenblicke später kehrte er zurück und stellte eine handgroße Figur vor Armand auf den Tisch. Die Statue war ganz aus Gold. Sie stellte Isis, die Muttergöttin, die Gemahlin des Osiris, in Menschengestalt dar. Auf dem Kopf befand sich zwischen den Kuhhörnern eine Sonnenscheibe. In der rechten Hand hielt sie einen Papyrusstängel mit geöffneter Dolde.
»Sieht recht harmlos aus«, sagte Armand.
Pauvert nickte. »Es ist ein schönes Stück. Recht wertvoll. Was soll dieser Unsinn mit dem Fluch und der Mumie, die herumirrt und ihre Grabbeigaben zurückholen will? Wir leben in einer Zeit, in der man nicht mehr an solche Ammenmärchen glaubt.«
Armand antwortete nicht. Nur zu gut konnte er sich erinnern, dass er vor gar nicht so langer Zeit auch alle übernatürlichen Erscheinungen abgelehnt hatte. Doch er hatte am eigenen Leib spüren müssen, dass es Dinge gab, die man mit Logik allein nicht erklären konnte.
»Dr. Pauvert, eines steht fest: Fünf Männer starben, weil sie Grabbeigaben besaßen. Das ist eine Tatsache.«
Pauvert stopfte sich grinsend eine Pfeife. »Der Fluch der Pharaonen. Damit können Sie heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken!«
»Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Doktor, dann geben Sie die Statue möglichst bald fort.«
»Sobald ich einen Käufer habe, werde ich sie …«
Pauvert griff nach der Statuette. Er berührte sie und brach mitten im Satz ab. Seine Züge verzerrten sich.
»Ist Ihnen nicht gut?« Armand beugte sich vor.
Der Doktor antwortete nicht. Seine Augen wurden trübe. Er saß bewegungslos da. Die rechte Hand umklammerte noch immer die Statue.
»Dr. Pauvert!«, sagte Armand scharf und stand auf.
Der Antiquitätenhändler ließ die Statue fallen. Seine rechte Hand zitterte. Sein Gesicht war bleich. Sein Blick fiel auf die umgefallene Statue, und er schüttelte verwundert den Kopf.
Armand setzte sich wieder.
»Die Statue«, sagte der Doktor leise. »Als ich sie berührte, da … Ich kann es nicht in Worte fassen. Es war ganz seltsam. Ich glaubte, in einen Abgrund zu fallen. Mir ist eiskalt.«
»Haben Sie das vorher schon einmal erlebt?«
»Nein«, antwortete er stockend. »Dieses Ding ist mir auf einmal unheimlich.«
Der Reporter griff nach der Statue. Sie fühlte sich kühl an, doch er spürte nichts Seltsames. Er stellte sie auf den Schreibtisch zurück.
»Ich werde die Statue in den Tresor sperren«, sagte Pauvert und stand langsam auf. »Ich fühle mich noch immer ganz schwach. Irgendetwas ging von der Statue aus.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Lassen Sie mich jetzt bitte allein!«
Armand verabschiedete sich. Er ging zu seinem Wagen zurück und fuhr zweimal um den Häuserblock, bis er schräg gegenüber von Pauverts Laden einen Parkplatz fand. Er kurbelte das Seitenfenster runter. Aus dem Handschuhfach holte er eine Kamera und blickte auf die Uhr. Es war halb sechs. In einer halben Stunde würde der Laden geschlossen werden.
Armand wusste, dass es ziemlich unwahrscheinlich war, dass die Mumie auftauchte, trotzdem wartete er.
Der Regen wurde immer stärker. Er trommelte wie verrückt gegen die Windschutzscheibe.
Der Reporter rauchte eine Zigarette und ließ den Laden nicht aus den Augen. Für einen Augenblick wurde ihm von einem Sattelschlepper die Sicht genommen. Als der schwere Wagen endlich anfuhr, zuckte Armand zusammen.
Die Mumie war aufgetaucht. Sie war noch fünf Meter von dem Antiquitätengeschäft entfernt.
Armand hob den Fotoapparat. Er schoss drei Fotos von der Mumie, die langsam
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