0560 - Der Rattenmensch
letzte Strecke und blieb an einem Baumstamm gelehnt keuchend stehen. Trotz der Kühle war ich ins Schwitzen gekommen.
Ich erkundete meine unmittelbare Umgebung. Was ich von unten her nicht hatte sehen können, war der Weg, der hinter den Bäumen entlangführte, die ihn zu einer Seite hin abdeckten.
Dieser Weg war ziemlich breit, auf ihm konnten Wagen fahren. Ich kniete nieder und suchte nach Spuren.
Keine Gefahr, das Gras war noch jungfräulich und nicht durch Autoreifen geplättet.
Als ich wieder hochkam, erwischte es mich.
Urplötzlich stand ich im Lichtkreis eines starken Scheinwerfers.
Die anderen hatten es raffinierter angestellt, mit ihrem Wagen links in der Finsternis gelauert und, lange genug gewartet und dann den Suchscheinwerfer eingeschaltet, dessen gnadenloses Licht meine Gestalt wie einen Scherenschnitt nachzeichnete.
Ich stand unbeweglich da, bekam eine Gänsehaut, schloß die Augen und hörte die kratzende Stimme aus dem Megaphon. Was gesagt wurde, verstand ich nicht, doch diese Befehle lauten international wohl alle gleich. Daß Gewehr- oder Maschinenpistolenmündungen auf mich gerichtet waren, davon mußte ich einfach ausgehen. Es wäre auch besser für mich gewesen, mich zu ergeben, ich tat es nicht.
Ich wollte zu einem nicht mehr zurück, dann dachte ich auch an den Rattenmann, den ich stellen wollte.
Deshalb handelte ich entgegengesetzt, wie ein Lebensmüder oder Verzweifelter.
Aus dem Stand heraus wuchtete ich mich zurück, die Bewegung endete in einer Rolle rückwärts. Als ich aufprallte, dämpften der weiche Boden und dessen Bewuchs meinen Fall. Ich hatte mich derart kraftvoll abgestoßen, daß ich auf den Hang geprallt war und ihn kopfüber hinabsegelte. Daß ich mich dabei überschlug, war selbstverständlich.
Erst bei der dritten Rolle reagierten die Wachtposten.
Sie schossen.
Die harten Detonationen kamen mir bekannt vor. Sie konnten nur aus Gewehren stammen.
Ich kämpfte mich weiter vor, gab mir noch mehr Schwung und wollte keinesfalls von den Geschossen erwischt werden, die dort, wo sie trafen, den Boden umpflügten.
Einige Male orgelten die Bleigeschosse ziemlich nahe an mir vorbei. Dann verstummte das Schießen übergangslos. Letzte Echos rollten noch durch den Wald.
Auch ich kam zur Ruhe. Der gesamte Hang, den ich vorhin hochgestiegen war, lag jetzt wieder vor mir. Ich richtete mich nur so weit auf, daß ich über die Grasspitzen schauen konnte.
Genau dort, wo sie mich fast erwischt hatten, stand noch immer der Scheinwerfer als helle Wand. Er bewegte sich um keinen Millimeter, dafür jedoch trat ein anderes Ereignis ein.
Stimmen klangen zu mir hinunter. Ich sah die Hälfte eines Männerkörpers im weißen Licht erscheinen. Befehle wurden geschrien, und einen Augenblick später war es soweit.
Das Bellen klang heiser und brutal.
Dann schnellten die beiden Schatten für einen Moment durch das Licht, bevor sie der nächste Sprung auf die Hangschräge brachte.
Meine Häscher hatten die verdammten Bluthunde losgelassen, die mich innerhalb der nächsten Sekunden stellen würden.
Die Rasse hatte ich nicht erkennen können. Mastinos – Kampfhunde – waren es zum Glück nicht, aber auch andere Tiere konnten, wenn sie abgerichtet waren, lebensgefährlich werden.
Zwei gegen einen!
Aber ich besaß die Beretta, das mußte sich einfach zu einem Vorteil auswirken.
Noch lag ich im Gras, zudem auf ziemlich ebenem Boden. Eine Sekunde später war ich aufgestanden und erwartete die abgerichteten Bestien geduckt und mit schußbereiter Waffe.
Sie rasten den Hang mit wilden Sprüngen hinab, waren derart ungestüm, daß sie manchmal das Gleichgewicht verloren und die Kraft ihrer massigen Körper sie vorschleuderte und über den feuchten Boden rutschen ließ. Doch sie waren sofort wieder auf den Beinen, wuchsen vor mir hoch, und ich sah auch die aufgerissenen Mäuler, aus denen die Zungen dick und rötlich schimmernd hervorhingen.
Dazwischen die blassen Gebisse mit den mörderischen Zähnen.
Der Leerraum zwischen ihnen war derart groß, daß ich sie mit zwei schnellen Schüssen nicht erwischen konnte. Ich mußte mich zunächst auf einen der Hunde konzentrieren.
Ich nahm den rechten.
Ein weiterer Sprung hatte ihn im hohen Gras versinken lassen.
Jetzt stieg er wieder hoch, als käme er aus einem Wellenberg. Sein Sprung steckte voller Kraft, das Fell schimmerte dunkel, und als er den Bogen erreicht hatte, krachte mein Schuß.
Die Silberkugel hieb in seine breite Brust. Damit
Weitere Kostenlose Bücher