0561 - Leichenwagen zur Hölle
ihm sowieso nicht gut.«
Damit war die Frage des Wagens gelöst.
»Wollt ihr das Buch mitnehmen?« fragte Lady Sarah noch.
»Nein, laß das hier. Wir wissen, was wir wollten. Herzlichen Dank für deine Bemühungen.«
Sie winkte ab. »Sag das lieber dem Archiv.«
Wir stiegen wieder nach unten. Die Treppe war ziemlich schmal, was ich noch einmal laut sagte, aber bei der Horror-Oma stieß ich auf taube Ohren.
Wir gingen nicht mehr mit in den Wohnraum, sondern streiften im Flur unsere Jacken über. Von außen klopfte es an die Tür. Ich öffnete und hörte Janes Stimme. »Wenn ein BMW vor dieser Haustür parkt, kann das nur Suko sein.«
»Was ist mit mir?«
»Du bist die Beigabe. Guten Abend allerseits.« Jane strahlte uns an.
Sie war richtig happy und hatte etwas getrunken.
»Was heißt guten Abend?« wiederholte ich. »Wir verschwinden gerade.«
»Ach nein.«
»Doch.«
»Und weshalb?«
»Weil der morgige ein harter Tag sein wird. Lady Sarah ergeht es nicht viel anders. Lange Reisen sind keine Erholungen.«
»Paris ist nicht weit, mein Junge. Das solltest du mittlerweile wissen. Außerdem fliege ich.«
»Trotzdem…«
»Keinen Schluck mehr?« fragte Jane.
»Nein. Gute Nacht.« Ich hauchte ihr einen Kuß auf die Lippen, wünschte Lady Sarah noch eine schöne Reise und schärfte ihr ein, auf sich achtzugeben.
»Damit hat er auch in meinem Sinne gesprochen«, sagte Suko.
»Ja, ja, das geht alles schon in Ordnung.« Die alte Dame lächelte so, wie es mir überhaupt nicht gefiel. Hoffentlich begab sie sich nicht auf Gespensterjagd in der Seine-Metropole. Suko und ich hatten in Paris schon Übles erlebt.
Wenig später waren wir im nächtlichen und leicht verregneten London wieder unterwegs.
»Auf den morgigen Tag bin ich gespannt«, sagte Suko.
»Nicht nur du, mein Lieber. Ich wollte schon immer mal gern sehen, wie es in einem Höllen-Bahnhof aussieht…«
***
Die Stunden nach Mitternacht waren ruhig verlaufen. Am frühen Morgen fühlten wir uns topfit. Selbst Sukos Wade schmerzte nicht mehr, wie er mir hoch und heilig versicherte. So richtig wollte ich ihm das nicht glauben.
Für Sir James hatten wir eine Nachricht hinterlassen. Er würde sie finden, wenn London, so hoffte ich, schon längst hinter uns lag. In den Morgenstunden bedeutete es eine Quälerei, in die Stadt hineinzufahren. Sie zu verlassen klappte etwas besser.
Auf dem Ostring fuhren wir auf die E 8, die in Richtung Nordwesten führte und dabei einige Städte tangierte wie Colchester, Chelmsford und Ipswich.
Suko hatte Spaß hinter dem Lenkrad. Ich auf dem Beifahrersitz genoß das Gefühl, gefahren zu werden und nutzte die Zeit für ein Nickerchen.
Als ich erwachte, stand der Wagen. Durch die Scheibe sah ich Suko, der bei einem Tankwart die Rechnung beglich.
Er stieg ein, ich rieb mir meine Augen. Es war hell geworden. Kein Sonnentag lag vor uns, aber es regnete auch nicht.
»Hallo, Langschläfer, endlich wach?«
»Und nicht nur das.«
»Was ist denn noch?«
Ich reckte mich. »Manchmal fühle ich mich wie ein Tiger. Heute ist wieder so ein Tag.«
»Was willst du damit sagen?«
»Tiger brauchen Nahrung, ich habe Hunger.«
»Das habe ich auch.«
»Wo stecken wir hier?«
»Ipswich. Wir müssen gleich ab. Da geht es schräg ins Land hinein und nicht mehr so schnell.«
»Vorher will ich noch was in den Magen bekommen.«
»Okay, du Tiger.«
Wir fuhren östlich an Ipswich vorbei, fanden auch ein kleines Lokal, dessen Fachwerkfront uns gefiel. Im Gastraum roch es herrlich nach Kaffee.
Bevor wir noch saßen, war mein Hunger gestiegen. Jeder bestellte sich Toast, Kaffee, Marmelade, Ei und Schinken, den uns die Wirtin knusprig briet.
Wir aßen und tranken mit großem Appetit. Unsere Plätze hatten wir am Fenster eingenommen und konnten die Straße beobachten, über die Fahrzeuge huschten.
Viel Verkehr herrschte nicht. Die Hauptstraße führte weiter nach Nordwesten, um auf die Küste zu treffen. Wir würden ins Landesinnere fahren.
Ich bestellte Kaffee nach, Suko seinen Tee. Die Wirtin freute sich, daß es uns schmeckte, fragte nach dem Woher und dem Wohin. Wir stellten uns als Vertreter vor.
Da nahm ihre Freundlichkeit etwas ab.
Ich mußte eine kleine Pause einlegen, streckte die Beine aus, lehnte mich zurück und schaute aus dem Fenster. Sukos verwunderter Blick ließ mich hochfahren. »Was ist los?«
»Der Leichenwagen«, antwortete Suko.
Ich schob den Stuhl zurück, stand auf und huschte zur Tür wie ein Zechpreller. Da
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