0568 - Die Braut des Wahnsinns
fragen, wie die Erfolgsaussichten stehen?«
»Sie meinen die Prozentquote?«
»So ist es.«
»Oh, ausgezeichnet. Es ist uns im Laufe der Zeit gelungen, zahlreiche Menschen zusammenzuführen. Wir sind immer glücklich, wenn wir eine Hochzeit erleben.«
Ich fragte schnell nach. »Filmen Sie diese Hochzeiten auch?«
»Wieso?« Die Stimme klang leicht verändert. Hoffentlich hatte ich die Dame nicht mißtrauisch gemacht.
»Ich… ähm … kam nur deshalb darauf, weil Sie vorhin von der Video-Auswahl sprachen.«
»Ach so meinen Sie das. Natürlich werden wir auf Wunsch auch Ihre Hochzeit filmen. Das ist kein Problem. Sie sollen uns ja in guter Erinnerung behalten.«
»Finde ich gut.«
»Wann also darf ich den Termin vormerken?«
Ich zögerte die Antwort bewußt hinaus. »Kann es bei Ihnen heute schon klappen?«
»Lassen Sie mich nachschauen. Moment bitte.«
Wo sie nachschaute, hörte ich nicht. Ihre Antwort klang jubelnd und positiv. »Ja, heute klappt es noch, Mister…«
»Oh, das ist gut.« Ich gab meinen Namen nicht preis. »Sagen wir in zwei Stunden?«
»Einverstanden, Mister…«
»Die Adresse weiß ich. Ich bin pünktlich, Miß von Draben. Bis dann also.« Hastig legte ich auf, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte.
Das also war geschafft. Ich hatte mich als Heiratskandidat angemeldet und war gespannt, welche Person mir da gegenübersitzen würde. Die Stimme hatte sehr angenehm geklungen. Da konnte man schon leicht weiche Knie bekommen.
Suko erwischte ich im Büro und berichtete ihm von meinen neuesten Nachforschungen und Plänen.
»Du willst heiraten?« fragte er.
»Das habe ich zumindest vor.«
»Und dieser Film?«
»Keine Sorge, den werde ich schon nicht vergessen.«
»Okay, Alter, nimm einen Ratschlag an.«
»Immer.«
»Sieh zu, daß es keine Hochzeit mit dem Teufel wird. Den kann ich mir als Braut beim besten Willen nicht vorstellen.«
»Was willst du machen? Du weißt doch. Wer den Wal hat, hat die Qual…«
***
In der Halle war es kalt. Die leeren Ränge wirkten abweisend und waren dunkel.
Das Licht der breiten Deckenstrahler traf einzig und allein das Viereck der Eisfläche innerhalb der Bande, auf der sich jemand grazil und tänzerisch leicht bewegte.
Es war ein junges Mädchen oder eine junge Frau. An die Zwanzig, blond, süß, durchtrainiert und eine Spitzentänzerin. Sie hieß Wendy Wilde, gehörte zu den Spitzenkräften und war gleichzeitig eine der großen Hoffnungen der Eiskunstläuferinnen.
Zum Training trug sie ein schwarzes Trikot, das ihre schlanke Figur betonte, als wäre es auf die Haut gemalt worden. Das blonde Haar hatte sie im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Durch die Frisur wirkte ihr Gesicht noch schmaler, die Wangenknochen schienen stärker hervorzutreten.
Pflicht, Kür und Kurzprogramm, so lautete das Programm, das sie eintrainieren mußten, um bei den Meisterschaften erfolgreich zu werden. Man hatte sie einmal als Olympiahoffnung angesehen, das allerdings lag mehr als zwei Jahre zurück, da war sie noch jünger, allerdings nicht besser gewesen. Wendy besaß einen unbeschreiblichen Ehrgeiz. Sie wollte es noch einmal versuchen. Deshalb trainierte sie dermaßen hart, um vielleicht in den Kader der Olympia-Teilnehmer aufgenommen zu werden.
Auch jetzt ließ sie sich nicht stören. Wie selbstvergessen bewegte sie sich über die graue Fläche. Ihre Bewegungen ließen an Geschmeidigkeit nichts zu wünschen übrig; nichts sah abgehackt aus, da ging eine Bewegung in die andere über.
Es war kein Laufen, sondern ein Fließen oder Schweben. Die Kufen der Schuhe schienen das Eis überhaupt nicht zu berühren. Sie wischte hinein in das Licht der Strahler wie eine Prinzessin, die den Ruf vernommen hatte, in einen Sternenhimmel zu steigen.
Es war für sie ein herrliches, ein wunderbares Gefühl. Wendy glaubte an sich und an den Mann, der ihr den Glauben an die eigene Stärke zurückgegeben hatte.
Es war ihr Trainer, ihr Beschützer, ihr Mentor. Er hieß Simon Arisis, war fast doppelt so alt wie Wendy, was ihr überhaupt nichts ausmachte. Sie liebte ihn trotzdem, sie himmelte ihn an und war ihm beinahe hörig, denn sie wollte nur, daß er sie heiratete.
Wendy als Mrs. Arisis auf der Eisfläche. Für sie das höchste aller Gefühle, die Steigerung des Glücks zur Glückseligkeit.
Und dieser Traum würde sich erfüllen. Sie glaubte nicht nur daran, sie wußte es, denn Simon hatte es ihr in die Hand versprochen und sie dabei aus seinen dunklen,
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