0568 - Drachen-Rache
verbrannt, und irgendwie war es saukalt in der Bude. Das lag am offenen Fenster. Die Winterkälte zwang eine durchgehende Gänsehaut auf Nicoles Körper, da sie nur das T-Shirt trug, das dicht unter ihrem Hintern endete. Den tiefgefrorenen Fischen, die in dekorativ verteilten Netzen hingen und bedächtig auftauten, machte sie entschieden weniger aus.
Die Netze hingen von der Decke herunter, zogen sich recht malerisch durch die Küche, und wenn die Fische nicht tot und gefroren gewesen wären, sondern lebendig und zappelnd, hätte der Anblick sogar einen gewissen Reiz bekommen. So aber entpuppten sich die Netze als Gardinen, die irgend jemand von irgendwelchen Fenstern stibitzt, in Form gerupft und aufgehängt hatte, um die Vorräte an Fisch darin festzuheften.
»Fooly«, murmelte Nicole.
Nur der Jungdrache konnte auf eine dermaßen aberwitzige Idee kommen. Dieser kleine Tolpatsch, dem keiner wirklich böse sein konnte, wenn er wieder einmal einen seiner dummen Streiche präsentierte - bis jetzt.
»Ich will, und ich werde ihm böse sein«, verkündete Nicole in grimmiger Entschlossenheit. »Einfach das Fenster aufzureißen, die Küche auszukühlen, daß ich mir eine Grippe oder sogar eine Lungenentzündung hole - der verflixte Vogel kann was erleben!«
Sie hastete durch den Raum, fand in einer Schublade den gesuchten Korkenzieher und beeilte sich, die kalte Küche wieder zu verlassen. Ihr fiel ein, daß die Köchin ja in ein paar Minuten eintreffen mußte, und fragte sich, was Madame Claire wohl zu dieser künstlerischen Verfremdung sagen würde.
Vermutlich nichts Lobendes…
Kaum war Nicole auf den Gang hinaus getreten, als sie beinahe mit der Köchin zusammenstieß.
Madame Claire wich zwei Schritte zurück und musterte Nicole von Kopf bis Fuß. »Wenn Sie sich nicht wärmer anziehen, mein Kind, werden Sie sich eines Tages ganz gewaltig erkälten.«
Sie nannte jeden Menschen, der jünger war als sie, »mein Kind«. Die einzige Ausnahme war Zamorra. Der war »der Chef«.
»Oh, niedrige Temperaturen bin ich schon gewohnt«, schmunzelte Nicole und wollte an der Köchin vorbei. Allerdings zögerte sie; wenn sich die Gelegenheit schon mal ergab, konnte sie auch gleich Madame Claires Reaktion auf den Zustand der Küche beobachten…
Madame Claire nutzte ihr Zögern. »Finden Sie nicht, daß Sie es heute ziemlich übertreiben? Ich finde das schon nicht mehr witzig!«
»Wie meinen Sie das?« staunte Nicole, die nicht begriff, worauf die Köchin hinaus wollte.
»Dann kommen Sie mal mit, mein Kind.« Madame Claire bekam Nicole am Arm zu fassen und zog sie einfach mit sich. Den Korridor entlang, durch die Eingangstür und nach draußen in die Kälte.
Dort, unmittelbar neben ihrem kleinen Auto, wies sie dann am Château empor zum Dach hinauf.
Zu einem der Türmchen mit der waghalsigen Konstruktion oben drauf…
Nicoles Augen wurden groß, »Drachenvieh!« platzte es aus ihr heraus. »Das war garantiert Fooly! Na warte, der bekommt was zu hören!«
Im gleichen Moment tauchte der alte Raffael Bois in der Tür auf. Er zog den strampelnden und lautstark protestierenden Fooly an einem seiner kurzen Flügel hinter sich her, wie der gestrenge Herr Lehrer den bösen Schulbuben am Ohr zieht.
Hinter den beiden tauchte William auf. »Was soll das, Kollege?« stieß er hervor. »Lassen Sie den armen Teufel doch los! Sie tun ihm ja weh!«
»Der arme Teufel verträgt das durchaus«, erklärte Raffael steif. »Und ich denke, wenn Sie sehen, was er angestellt hat, werden Sie die erzieherische Maßnahme durchaus gutheißen, die ich an ihm auszuführen beabsichtige!«
»Gerechter Himmel!« entfuhr es Madame Claire. »Jetzt redet Raffael schon genauso geschraubt wie dieser verrückte Engländer!«
»Mit dem gebührenden Respekt möchte ich Sie darauf hinweisen, daß ich Schotte bin!« korrigierte William, Derweil wies auch Raffael Bois zum Dach empor.
William erstarrte.
»Was soll das, Mr. MacFool?« fuhr er seinen Schützling streng an. »Das warst du doch, oder? Kannst du mir erklären, warum du die Kleidungsstücke unserer Herrschaften dort oben aufgehängt hast?«
»Ich habe nur getan, was du gesagt hast, Butler William!« wehrte sich der Drache vehement.
Williams Kinnlade klappte abwärts. Sprachlos sah er den Jungdrachen an, der ihm gewissermaßen zugelaufen war. Die geheimnisvollen Unsichtbaren hatten ihn damals aus dem Drachenland entführt und trugen die Schuld daran, daß Foolys Elter getötet worden war, Da
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