0569 - Teufel im Leib
erklärte sie und erhob sich. Sie schaute dabei auf ihren Arm, strich mit der normalen Hand über die Kochen, und noch während der Bewegung wuchs das Fleisch zurück. »Gefällt es dir nicht? Es ist wirklich ein Kunstwerk, wunderbar, vielleicht etwas surrealistisch, aber als Motiv genau erkennbar. Denk an meine Worte. Hüte dich vor Dracula, hütet euch vor Dracula.« Sie nickte. »Jetzt ist es fast soweit, Kommissar. Wir werden zum letzten Teil des Planes greifen.«
»Sie wollen mich zum Vampir machen?«
»Ja.«
Will saß zwischen ihnen. Vor ihm stand Reva. Hinter ihm wie ein Felsblock der Einzelkämpfer und jetzige Blutsauger Gerd Bode, der seine Hände auf Wills Schultern legte, ein Zeichen, das er nicht gewillt war, ihn entkommen zu lassen.
Reva nickte ihm zu und streckte ihm gleichzeitig ihre linke Hand entgegen. »Komm zu mir, Will. Steh auf und laß dich in meine Arme fallen. Schau noch einmal auf das Bild. Das bist du. So wirst du werden, wenn du erst einmal zu uns gehörst.«
Mallmann hörte seinen eigenen Herzschlag überlaut. Auch Bode hatte den Befehl vernommen. Um nicht hinderlich zu sein, hob er seine Hände von den Schultern ab.
»Komm jetzt!«
Will nickte ihr zu. »Ja, ich habe wohl keine Chance mehr.« Innerlich zitterte er, obwohl es ihm gelungen war, den Satz fast gelassen auszusprechen.
»So sehe ich das auch. Sei beruhigt. Du wirst dich bei uns wohl fühlen. Man wird dir alles zu Füßen legen, denn auf dich kommt es an, Kommissar.«
Er stand auf.
Seine Knie zitterten noch. Wenn jetzt sein Freund Sinclair in der Nähe gewesen wäre oder er zumindest ein geweihtes Kreuz gehabt hätte, sähe alles anders aus.
Aber so…
Will stand noch nicht aufrecht, als er reagierte. Daß er etwas tun mußte, war ihm klar, und er hoffte, einen Effekt der Überraschung zu erzielen.
Den rechten Fuß setzte er vor. Es sah so aus, als wollte er in Revas Richtung gehen.
Das tat er nicht!
Mit all seiner Kraft wuchtete er sich zurück. Er wußte, daß Bode seine Waffe noch über der Schulter hängen hatte.
Selbst der Einzelkämpfer wurde durch diese Aktion überrascht.
Der Stuhl kippte, er auch, die Kante rammte in seinen Leib, und Will schlug noch nach hinten aus.
Er hörte ein Klatschen, einen Fall, zog den Kopf ein, rammte ihn vor und wuchtete den Schädel in Revas Magen.
Die Blutsaugerin flog zurück, hätte fast ihre Staffelei umgerissen und schaffte für Will Mallmann freie Bahn.
Er wirbelte nach rechts und jagte mit gewaltigen Sprüngen auf die Ateliertür zu…
***
Was hinter ihm geschah, interessierte ihn nicht und durfte ihn auch nicht interessieren. Will Mallmann hatte ein Ziel glasklar vor Augen.
Die Flucht und die Rettung seines Lebens. Er wollte nicht als Blutsauger durch die Nächte irren und sich tagsüber in einem Sarg verstecken wollen, dazu noch gejagt von seinen ehemaligen Freunden.
Der Kommissar huschte phantomgleich durch den Wirrwarr aus Schatten und Licht. An körperlicher Kraft war ihm Bode überlegen.
Er mußte eben geschickt sein.
Ein irre klingender Schrei hallte durch den Raum. Er heulte wie ein Sirenenton und war von der Blutsaugerin ausgestoßen worden.
Sie steckte voller Haß, schrie Bodes Namen und feuerte ihn an.
Will sah die Tür vor sich.
Einen noch geschlossenen Durchgang, den er erst aufreißen mußte, was wiederum Zeit kostete.
Würde Bode schießen?
Der Kommissar ging davon aus. Derartige Typen zielten auch auf den Rücken eines Menschen. Deshalb lief er einen Zickzackkurs, um den Geschossen so rasch wie möglich zu entwischen.
Die Wärme der brennenden Dochte huschte an ihm vorbei, streifte mal sein Gesicht, auch den Nacken oder glitt über seine Hände. Seine Schritte hämmerten auf dem blanken, glatten Steinboden. Sekunden dehnten sich zu langen Zeiten. Will versuchte alles und erreichte mit einem letzten, fast schon verzweifelten Satz die Tür.
Er prallte gegen das Holz, seine Hand hämmerte gleichzeitig die Klinke nach unten.
Er wollte die Tür aufreißen und in den Gang tauchten, als das Furchtbare geschah…
***
Reva hatte sich wieder gefangen. Mit dem Ellbogen hatten sie einen der hohen Leuchter umgeworfen. Die Flammen leckten über den Boden, zwei von ihnen verloschen, eine dritte trat Reva aus.
Die Vampirin hätte nie gedacht, daß Mallmann den Mut aufbringen würde, sich gegen sein Schicksal zu stemmen. Selbst Bode hatte er damit überrascht.
Sie stieß einen wilden, irre klingenden Schrei aus, der für Bode Signalwirkung
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