0569 - Teufel im Leib
Gedanken gelesen zu haben, denn sie schüttelte den Kopf, bevor Will noch etwas sagen konnte.
Mallmann hob die Schultern, ging zur Vorderseite es Stuhls und ließ sich auf der Sitzfläche nieder. Er spürte im Rücken die hohe Lehne, auf deren waagerechtes Ende er auch seinen Kopf legen konnte.
Aus dem Hintergrund erschien Bode. Er hatte die Staffelei mitgebracht und trug jetzt eine Maschinenpistole. Sie hing an einem breiten Lederriemen über seiner Schulter.
Neben der auf Holz gespannten Leinwand baute er die Palette auf.
Sie besaß einen Ständer und stand so, daß die Malerin sehr wohl Mallmann als auch die Leinwand anschauen konnte und ihren Blick nicht ständig zu wechseln brauchte, wenn sie malte.
In der Mitte der Palette befand sich eine kleine Vertiefung mit einer Flüssigkeit, in der Reva ihren Pinsel etwas anfeuchtete. Nach dieser »Tat« verließ Bode seinen Platz und baute sich wie ein Leibwächter dicht hinter dem Kommissar auf.
Mallmann nahm den Geruch der Gestalt wahr. Bode roch nach Blut und nach Laub. Eine ungewöhnliche Mischung, an die sich Will gewöhnen mußte. Eine Frage stellte er Reva noch, bevor diese anfing zu malen. »Ich würde gern wissen, wie Sie zum Vampir geworden sind? Wer hat Sie gebissen? Wer hat es getan?«
»Niemand!« erwiderte sie spontan. »Schauen Sie sich meinen Hals an, Sie werden keine Bißstellen entdecken.«
»Aber…«
»Ich will es Ihnen erklären, Kommissar.« Sie schnitt ihm das Wort ab. »Ich habe etwas getrunken. Ich habe altes Blut zu mir genommen. Das alte Blut, verstehen Sie?«
»Nein!«
»Es ist auch nicht wichtig. Vielleicht erzähle ich es Ihnen später. Aber ich kann Ihnen sagen, daß dieses alte Blut noch eine Rolle spielen wird. Man hat es die Jahrhunderte über im Stammland der Vampire gesammelt. Jetzt erst haben wir davon profitieren können.«
Davon hatte Mallmann noch nie gehört. Allerdings schloß er sofort die Verbindung zu Rumänien, denn dieses alte Reich bezeichneten viele als Stammland der Vampire. Auch heute existierten dort die Blutsauger, wie Mallmann es schon erlebt hatte.
Reva nickte sich selbst zu. Ein Zeichen, daß sie anfangen wollte.
Zuvor aber tat sie etwas, das Will Mallmann erschreckte. Sie schob den rechten Ärmel hoch bis zur Schulter und rollte ihn dort ein, damit der Stoff nicht nach unten rutschen konnte.
Sie lächelte, winkelte den Arm an, streckte ihn aus und spreizte auch die Finger.
Wie eine waagerechte Lanze stach er in die Lücke zwischen Mallmann und der Palette.
Noch wunderte sich Will. Sekunden später kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn am Arm veränderte sich die Haut. Zuerst zog sie sich zusammen, streckte sich danach, blieb glatt und nahm plötzlich eine andere Farbe an.
Sie schimmerte hell, als hätte jemand einen silbrigen Strich darüber gepinselt.
Ein Strich war es nicht. Erst später erkannte Will, daß die Haut nicht mehr vorhanden war. Dieses hellere Leuchten mußte sie aufgelöst haben wie Säure den Kalk.
Der Arm bestand nicht mehr aus Haut und Knochen, sondern nur noch aus Knochen…
***
Bode kannte den Vorgang bereits. Er nahm ihn gelassen hin, im Gegensatz zu Will Mallmann, der sich vorbeugte, aus dem Staunen nicht mehr herauskam und seine Augen weitete.
Reva blickte ihn an. Sie amüsierte sich, denn über ihre Lippen zuckte ein Lächeln.
»Es wundert Sie – oder?«
»Ja.«
»Nur mit diesem Arm kann ich meine Kunstwerke vollbringen. Er ist mir als Zeichen gegeben worden. Schwarze Magie umfließt ihn, Schwarze Magie wird ihn führen, wenn ich den Pinsel halte und meine Kunstwerke male. Es ist wunderbar, Sie werden es bald sehen können. Ich möchte behaupten, daß kein Maler der Welt diese Bilder schafft, die ich zeichnen kann. Es ist wie ein kleines Wunder.«
Mallmann räusperte sich. Er starrte die Finger an, ein Filigran aus blanken Knochen, im Licht der in der Nähe stehenden Kerzen leicht gelblich und auch rot schimmernd, wobei ab und zu ein Schatten über die Knochenklaue huschte.
Reva kümmerte sich nicht um Mallmanns Blick. Ihre Gedanken weilten woanders. Sie beschäftigte sich gleichzeitig mit dem Äußeren des Kommissars. »Sie haben dunkles Haar, Mallmann, das kommt mir sehr entgegen. Es wird Ihr Porträt verschönern, weil es einfach zu Ihnen paßt, wie ich finde. Oder?«
»Das ist wohl Geschmacksache.«
»Nein, finde ich nicht. Einige Regeln sollten schon eingehalten werden.«
»Wann beginnen Sie denn?«
»Gleich, mein Lieber.« Sie nahm den Pinsel
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