0575 - Vampir-Gespenster
sich an meinen Vater.
Der fühlte sich zunächst nicht angesprochen. Dann aber sah er aus, als würde er aus einem tiefen Traum erwachen. Er schreckte hoch und flüsterte: »Wie bitte?«
Suko wiederholte seine Frage und bekam eine flüsternd gesprochene Antwort. »Das wäre doch was, John. Wir fahren hin und suchen dort nach Spuren. Vielleicht…«
»Zumindest besser als der Hubschrauber.«
»Meine ich auch. Man kann von diesem Gelände sagen, was man will. Ich gehe davon aus, daß die Räder des Planwagens Spuren hinterlassen, wenn sie von der Straße abbiegen.«
»Dann fahre ich mit!«
»Nein, Dad!« widersprach ich heftig. »Du wirst hier in Lauder bleiben. In deinem Zustand lasse ich dich nicht weg!«
»Aber mir geht es wieder prächtig.«
»Dad, schau dich mal im Spiegel an!«
Er schluckte. »Okay, Junge, du hast recht. Ich bleibe also hier – und weiter?«
»Wenn Sie mir den Autoschlüssel geben«, sagte Suko. »Fahre ich mit Ihrem Wagen.«
»Er steckt.«
»Und wo genau war der Treffpunkt?«
Mein Vater erklärte Suko den Weg.
Es war leicht, den Treffpunkt zu finden. Er brauchte nach dem Verlassen der kleinen Stadt fast nur geradeaus zu fahren.
»Dann werde ich mal«, sagte mein Freund und stand auf.
Ich ging mit ihm zur Tür und auch nach draußen. Der Wind war kälter geworden. Er blies von den Bergen und brachte den Geruch von Schnee mit. Ich hatte bereits von Schneefällen gehört, allerdings nicht in dieser Gegend. Doch die Kälte kam von Norden, die weiße Pracht würde noch fallen und sich wie ein Leichentuch über die Landschaft legen. Fast passend für die Blutsauger.
Suko stieg in den Range Rover. Die Blicke der Bewohner kümmerten mich nicht.
»John«, sagte er leise. »Ich weiß, was in dir vorgeht. Aber sei versichert, wir holen sie raus. Deine Mutter wird nicht zum Opfer eines Vampirs.«
Ich hob die Schultern. Meine Antwort war kaum verständlich. »So sicher bin ich mir nicht, Suko. Oder hättest du daran gedacht, daß Will Mallmann jemals zur Gruppe der Blutsauger gehört hätte?«
»Nein.«
»Eben. Die Zeiten haben sich geändert. Sie sind härter geworden. Vielleicht wurden wir auch schlechter oder müder. Wer kann das schon sagen?«
»Wir werden es packen, John, glaub mir! Wir machen sie fertig, wir schlagen zu.« Er spreizte den Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand ab und zeigte das Siegeszeichen.
Victory!
Davon war ich nicht überzeugt. Ich hämmerte die Tür zu und schaute, wie mein Freund drehte und den Weg zurückfuhr, den mein Vater gekommen war…
***
Horace F. Sinclair hatte dem Inspektor die Strecke gut erklärt. Suko bekam keine Schwierigkeiten; er fand die Straße auf Anhieb, die in das weite Gelände des Hochmoors hineinführte. Bis auf ein paar schwarze Tümpel war es jedoch ausgetrocknet.
Sein Blick durchstreifte die weite Ebene. Wald wuchs nur auf den Hügeln.
Wegen der guten Sicht und der weiten Ebene konnte Suko viel erkennen. Er hätte auch den Wagen sehen müssen, wenn die Vampire ihn irgendwo abgestellt hatten, das war nicht der Fall.
Suko erreichte die Kreuzung, wo der Überfall passiert war. Er suchte die unmittelbare Umgebung ab. Die Reifenspuren des Range Rover hatten im feuchten Boden ein Muster hinterlassen. Auf der Straße wirkten die Schmutzflecken wie lange gemalte Streifen. Suko untersuchte die Umgebung und konnte sogar feststellen, daß der Planwagen auf der Fahrbahn gedreht haben mußte.
Er war also weg von Lauder und in die andere Richtung gefahren, wo sich der obere Rand der Talschüssel mit dem weiten Himmel zu vereinigen schien. Auf dem blassen Blau zeichneten sich immer größere Wolkenberge ab. Mal als dicke, graue Haufen zu sehen, mal als lange Zungen, die der böige Wind vor sich hertrieb.
Suko hatte den Kragen seiner dicken Jacke hochgestellt. Ihm war längst klar, in welche Richtung er fahren würde.
Suko stieg in das Führerhaus und startete. Die gerade Straße schien in die Unendlichkeit des Himmels hineinzuführen.
Die kurzen Halme des Grasteppichs zitterten im Wind. Die dunklen Oberflächen der Tümpel kräuselten sich.
Suko rollte weiter.
Sehr langsam, die Blicke überall. Er wollte nicht glauben, daß der Planwagen in den Wald gelenkt worden war. Die Strecke war einfach zu steil, das hätten die Pferde kaum geschafft.
Links von ihm erschien der erste kleine See. Schilf umgab das Ufer wie ein Gürtel.
Ihn und den zweiten See trennte ein Stück Sumpf. Graugrün sah er aus, ein gefährlicher Platz, der
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