0575 - Vampir-Gespenster
tat auch nichts, als Suko wieder ins Freie sprang, wo er sich schnell umschaute, doch der Begleiter der Frau hielt sich nicht in der Nähe auf.
»Du weißt, wo sie ist?«
»Er hat sie!«
»Wer ist er?«
»Will Mallmann, unser Meister!«
Suko sah sich die Person genau an. Sie trug ein violettes Gewand, dessen Kapuze hochgestellt war. Die Augen wirkten kalt und waren rot angelaufen, als wären winzige Blutstropfen aus kleinen Wunden gequollen, die sich anschließend mit der dunklen Schminke vermischt hatten und die Umgebung der Augen so fremd erscheinen ließen. Die Schwärze des Haares schimmerte durch den Schleier, auch ein Teil der Nase war zu sehen, sie mußte gerade gewachsen sein, doch der Rest verschwand unter dem vorgezogenen Schleier, den sie wegen des Windes jetzt mit einer Hand festhielt. Suko konnte ihre Hand erkennen.
War das noch eine Haut?
Sie zeigte eine andere Farbe als die schwarzlackierten Nägel. In einem schuppigen, hellen Grün schimmerte sie. So sah die Haut eines normalen Menschen nicht aus.
Suko nickte. »Ich weiß, daß Mallmann mitspielt. Er hat es uns gesagt. Wo finde ich ihn?«
»Wenn ich es wüßte, würde ich es nicht sagen. Er ist hier gewesen, das muß euch reichen.«
»Wann hören wir von ihm?«
»Ich kann es nicht sagen, ich kenne seine Pläne nicht. Ich interessiere mich nur für mich.«
»Wie schön. Was hast du vor?«
»Vampire brauchen Blut.«
»Das willst du dir holen?«
»So ist es.«
»Und wo?«
Ihre Hand, die den Schleier gehalten hatte, sank nach unten. Der Wind erwischte den Fetzen und schleuderte ihn weg. Suko sah den Mund mit den blassen Lippen, die eine ebenfalls dunkle Farbe zeigten. Wahrscheinlich hatte sich die Blutsaugerin so geschminkt, doch nun lächelte sie und zeigte herrlich weiße Zähne, bis auf die beiden oberen Augenzähne, die einen dunkleren Schimmer aufwiesen, als klebe daran Blut.
»Er hat uns zu seinen Dienern gemacht!« flüsterte sie. »Er hat uns viel mit auf den Weg gegeben, und er besitzt als Sicherheit eine Geisel. Ich geb dir den einen Rat: Stör uns nicht, wenn wir kommen und uns auf der Suche nach der Nahrung begeben. Hast du verstanden?«
»Ihr wollt nach Lauder?«
»Mein Bruder kündigte es bereits an.«
»Wie heißt er? Wie heißt du?«
»Ich bin Fatima. Ich und mein Bruder Richard sind wie der Wind, der über das Land weht. Unsere Heimat ist die Welt. Es treibt uns mal hier- oder mal dorthin. Der Wind ist stark und unberechenbar. Wir wissen nie, wo wir noch landen. So war es bis jetzt gewesen, nun aber hat uns der Meister eine Heimat gegeben. Er hat gesät, wir brauchen nur mehr zu ernten.«
»Eine Bluternte, nicht?«
»Ja.«
»Wo steckt dein Bruder?«
»Vielleicht ist er schon im Ort?«
»Dann würde es nicht auffallen, wenn ich dich vernichte, Fatima.«
»Er würde es spüren. Es gibt ein Band zwischen uns, aber auch zwischen uns und dem Meister. Ihr könnt alles versuchen, ihr könnt uns vernichten, aber dann wäre auch die Frau tot, die sich der Meister geholt hat. Sie ist die Mutter deines Freundes, wie ich hörte.«
»Allerdings.«
»Willst du sie auf dem Gewissen haben?«
Fatima gab sich sehr sicher, aber Suko hielt dagegen. »Woher soll ich wissen, daß sie nicht schon zu einem Vampir gemacht worden ist? Sag mir das!«
»Du mußt uns vertrauen!«
»Auch das noch!« Suko lachte auf. »Einem Vampir vertrauen. Ich will ehrlich sein. Eigentlich habe ich nicht damit gerechnet, dich tagsüber zu sehen. Wie ist es möglich, daß du existieren kannst?«
»Das alte Blut. Wir haben einen Teil des alten Blutes getrunken. Der Meister hat uns damit geweiht. Dieses alte Blut, das, wenn auch verdünnt, in unseren Adern fließt, sorgt dafür, daß wir am Tage nicht zerfallen. Wir sind zwar geschwächt, aber trotz allem können wir existieren.« Sie lachte Suko frech an. »In der Tat hättest du jetzt die Möglichkeit, mich zu vernichten, denn ich bin ziemlich schwach. Aber es wäre nicht gut, glaube mir das, Chinese.«
Da konnte Suko nicht widersprechen. Schon längst zielte er nicht mehr auf sie, der Lauf wies zu Boden. Schließlich steckte er die Waffe weg.
»Ich lasse dich jetzt fahren«, sagte Fatima.
»Da wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, zum Teufel!«
Sie hob die Schultern. »Wie gesagt, es wäre nicht gut, wenn du einen von uns beiden tötest. Im Endeffekt würdet ihr verlieren. Der Meister ist mächtig. Einen Teil seiner Macht hat er auf uns übertragen. Noch ist es Zeit, zu fliehen. Wenn die
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