0579 - Die Sturmrösser von Khe-She
besaß noch jenes Permit, das Merlin ihm vor längerer Zeit gegeben hatte, einen magischen Gegenstand, der ihm erlaubte, Caermardhin zu betreten, ohne daß Merlin ihn zu sich rief, wie es früher notwendig gewesen war. Das Permit war nicht unbegrenzt gültig, aber ein paar ›Fahrkarten‹ mußten noch verfügbar sein.
Zamorra nahm sich nicht die Zeit, aus dem Regenbogen-Dom durch den ganzen Keller wieder nach oben zu laufen, um das Permit zu holen. Statt dessen benutzte er die Sprechanlage, deren Leitungen inzwischen auch bis nach hier unten gelegt worden waren. Er rief nach Butler William und bat ihn, ihm das Permit zu bringen.
Etwa zehn Minuten später tauchte Raffael Bois auf und brachte Zamorra das magische Utensil.
»Sie sollten sich noch schonen«, seufzte Zamorra kopfschüttelnd. »Deswegen hatte ich doch William gebeten.«
Der alte Diener schüttelte bedächtig den Kopf.
»Das Bein funktioniert besser als vor dem Bruch«, erklärte er. »Wenigstens kommt es mir so vor. Sehen Sie, Professor, William kennt die Zahlenkombination Ihres Wandsafes nicht, und ich denke mir, das sollte auch zunächst noch so bleiben. Denn sonst hätten Sie ihm die Zahlenfolge sicher bereits mitgeteilt. Ich mußte also sowieso in Ihr Arbeitszimmer. Da konnte ich es Ihnen auch gleich selbst bringen.«
»Sie sind ein verrückter Kerl, Raffael«, schmunzelte Zamorra. »Ich danke Ihnen.«
»Gibt es Schwierigkeiten, Professor?« wollte Raffael wissen. »Kommen Sie etwa nicht nach Caermardhin durch?«
»Sie haben's erkannt. Aber ich werde Merlin schon austricksen«, versicherte der Dämonenjäger. Er wandte sich wieder den Blumen zu, trat zwischen sie und probierte es erneut, diesmal mit dem Permit.
Wieder ohne Erfolg…
***
»Ein Drachensklave!« stieß Dämon hervor.
Schlagartig begriff er.
Es gab nur wenige Stellen, wo diese Geschöpfe verwundbar waren. Augen, Hals, Bauch. Sein Schwerthieb aber hatte den Gepanzerten in der Seite getroffen, doch die durchschlagene Rüstung hatte die Kraft des Hiebes abgefangen, so daß die Echsenhaut darunter nicht mehr verletzt wurde. Für einen Menschen wäre dieser Hieb tödlich gewesen, für einen Drachensklaven nicht.
Niemand wußte ganz genau, woher diese Geschöpfe kamen. Damon war nur klar, daß sie in keiner Weise mit den Drachen verwandt waren, die am Rande des Wunderwaldes an der Eismeerküste lebten. Zwischen ihnen und diesen Wesen gab es keinerlei Verbindung. Aber menschlich waren die auch nicht.
Vielleicht hatte einst in grauer Vorzeit ein Gott oder ein Zauberer experimentiert, und dieser Versuch war gescheitert, denn die Drachensklaven besaßen weniger Intelligenz als Menschen oder Drachen. Sie gehorchten Befehlen, sobald sie aber eigene Entscheidungen zu treffen hatten, versagten sie oder wählten den für sie einfachsten Weg - so wie jene Gepanzerten in Paro beide Dhyarra-Schwerter mitnehmen wollten, weil sie sich nicht für eines hatten entscheiden können.
Aber waren die Drachensklaven erst mal an der Arbeit, oder besser gesagt im Kampf, gab es nichts außer dem Tod, was sie aufhalten konnte. Gleichwohl empfanden sie Gefühle. Und auch wenn Damon dem ORTHOS nahestand, so widerstrebte es ihm doch, diese denkenden und empfindenden Wesen auf diese Weise versklavt oder geknechtet zu sehen, gezüchtet als Kämpfer und Krieger, aus dem Ei geschlüpft, um in der Schlacht zu sterben.
Doch was sollte er tun? Ihm als einzelnem war es unmöglich, ihnen die Freiheit zu verschaffen, selbst als Halbgott konnte er es nicht.
»Nun, ist deine Neugierde gestillt?« fragte der Zauberer.
»Nicht ganz«, versetzte Damon. »Du hast mir den Grund meiner Entführung noch verschwiegen, auch kenne ich deinen Namen noch nicht. Wer bist du? Und was ist das für eine Burg, die es nicht geben darf?«
Die Augen des Zauberers funkelten im Schatten. Langsam schüttelte er den Kopf. »Du fragst doch etwas viel«, sagte er, dann klatschte er in die Hände. »Schafft ihn fort und sperrt ihn ein, wie ich es befohlen habe!«
Wieder erhielt Damon einen Stoß und stolperte vorwärts. Man trieb ihn in einen Seitentakt des Festungsbauwerks und über lange Treppen abwärts.
Er schätzte, daß er sich bereits sieben Klafter tief befand, als er in eine dunkle, gemauerte Zelle gestoßen wurde. Ein Tor krachte hinter ihm zu, kratzend schoben sich schwere Riegel vor.
Damon lächelte bitter. Seine Gegner gingen wirklich kein Risiko ein! Hätten sie ihn in einen magischen Käfig gezwungen, hätte er irgendwann
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