0579 - Die Sturmrösser von Khe-She
aus den früheren Zeiten wußten, wie ebenbürtig sie einander waren. In einem Kampf zwischen ihnen würde allenfalls das Dhyarra-Schwert den Ausschlag geben.
»Versuche zu schlafen. Wenn du wieder erwachst, werden wir Pläne schmieden«, versprach Sayana.
Byanca streckte sich auf einem Lager aus und sank fast augenblicklich in tiefen, erholsamen Schlummer.
Sie träumte von Damon, den sie liebte, und in ihren Träumen sah sie ihn mit wirbelndem Dhyarra-Schwert im Kampf gegen zwei gewaltige schwarze Rösser mit mächtigen Flügeln und grell glühenden Augen, die Feuer aus ihren Nüstern schnoben. Später ritt er auf einem von ihnen durch die Luft einem Schloß entgegen, das durch die Wolken flog.
***
Zamorra ging diesmal einen anderen Weg, der ihn allerdings Zeit kostete. Doch das ließ sich nicht ändern. Mit Gewalt konnte er die Sperre Merlins sicher nicht durchdringen. Er wollte es auch nicht.
Merlin war nicht sein Feind. Er war nur jemand, der versuchte, mit Zamorra wie mit einem Schuljungen umzuspringen.
Im Beaminster-Cottage tauchte Zamorra diesmal auf, seinem Zweitwohnsitz in der südenglischen Grafschaft Dorset.
Das Haus lag wieder ruhig da. Noch vor kurzem war hier eine Menge los gewesen. Zamorras Freund Carsten Möbius hatte eine Mitarbeiterschulung seines Konzerns hier stattfinden lassen. Für zusätzlichen Trubel hatte ein Vampir gesorgt. [2]
Doch jetzt war von dem Trubel nichts mehr zu spüren.
Zamorra konnte die Ruhe nur kurze Zeit genießen. Er wälzte das Telefonbuch und wählte eine Nummer in Southampton.
Er charterte einen Hubschrauber, der ihn in Beaminster aufnehmen und nach Wales bringen sollte! Auch wenn die Maschine erst von Southampton kommen mußte, ging das allemal schneller, als wenn Zamorra mit dem Auto fahren würde. Das kostete ihn etwa sechs oder sieben Stunden auf größtenteils schlechten Straßen, und auf der Autobahn hätte er diese Zeit kaum wieder hereinholen können. Aber der Helikopter konnte in Luftlinie gewaltig abkürzen, außerdem unterlag er nicht der 110 km/h Tempobegrenzung auf englischen Autobahnen.
Und er konnte Zamorra genau dort absetzen, wo er hinwollte - nämlich auf dem Berggipfel oberhalb der kleinen Ortschaft Cwm Duad.
Dort, wo Merlins unsichtbare Burg stand.
Zamorra schätzte, daß er in spätestens drei Stunden vor Ort sein würde.
Und dann würde Merlin sich wundern.
Denn der rechnete sicher nicht damit, daß Zamorra auf diesem Umweg versuchen würde, zu ihm vorzudringen.
Allerdings - was geschah in diesen drei Stunden? Hatte Merlin Nicole bis dahin bereits in die Straße der Götter eingeschleust?
Nun, dann würde er Zamorra trotzdem erklären müssen, worum es bei dieser Sache ging. Und er würde Zamorra gestatten müssen, Nicole zu folgen.
Denn Zamorra kannte die Straße der Götter nur zu gut. Er wußte, wie gefährlich es dort war, und er wollte Nicole auf keinen Fall dort allein lassen.
Ungeduldig wartete er auf die Ankunft des Hubschraubers…
***
Der Zauberer sah die beiden Gerüsteten finster an.
»Wo ist das Schwert? Außerdem - ich sandte fünf von Euch aus! Wo sind die anderen drei?«
Die Drachensklaven, die den Kampf in Paro überlebt hatten, verneigten sich vor ihm. Sie hatten Mühe, die Worte in der Sprache der Menschen zu formen, weil ihre Stimmbänder nicht dafür geschaffen waren.
»Die anderen sind tot, Herr. Ich überlebte, weil Byanca mich aus dem Fenster schleuderte, und er, weil er vom weißen Feuer ihres Dhyarras betäubt wurde«, krächzte einer von ihnen.
Eine Zornesader auf der Stirn des Zauberers schwoll an. »Wer hat euch geheißen, gegen Byanca zu kämpfen? Ihr solltet Damons Schwert beschaffen, nicht euch mit einer Halbgöttin anlegen!«
Die beiden verneigten sich abermals.
»Wir hielten es für ratsam, sie abzulenken und von ihren Pferden fernzuhalten. Die Tiere warén vor dem Gasthaus angebunden, und dort befanden sich zwei Schwerter. Wir wußten nicht, welches das richtige war, also wollten wir beide mitnehmen. Doch sie erwies sich als schneller als drei von uns, tötete zwei in der Herberge und dann einen auf der Straße. Mit den Schwertern ritt sie davon.«
Der Zauberer griff sich an die Stirn. »Ihr Narren! Das kommt davon, wenn man euresgleichen denken läßt! Beim Zorn des Mamertus, muß man euch denn jeden einzelnen Handgriff gesondert befehlen? Nichtsnutze! Dummköpfe! Ihr habt versagt!«
»Herr, wir konnten nicht anders…«
Der Zauberer erhob sich von dem Sitz, den er als seinen Thron
Weitere Kostenlose Bücher