0581 - Wo Dämonen sterben ...
nicht von unserer Telefonzentrale vermittelt gewesen wäre, würde ich einen Trick vermuten. Was also hat das alles zu bedeuten?« Er wies auf den Schnellhefter.
»Wie gesagt, es war eine Art Racheaktion. Odinsson wollte mich aus dem Weg räumen. Genauer gesagt, er wollte mich in meiner Arbeit behindern. Scheinbar schafft er das hin und wieder auch jetzt noch, obgleich er längst…« Er zögerte, vermied das Wort tot und fuhr fort: »verschollen ist.«
In Wirklichkeit hatte Odinsson sein Ende in der Hölle der Unsterblichen gefunden. Dort war seine Seele bis ans Ende der Ewigkeit gefangen. So lange, bis das Universum sein Ende fand. Und das konnte noch unzählige Jahrmilliarden dauern. [5]
»Ich frage mich nur, warum mir der Staatsanwalt dieses Papier in die Hand gedrückt hat«, knurrte Charbon. »Er hätte doch wissen müssen, daß die Odinsson-Akte geschlossen wurde!«
»Vielleicht ist Ihr Staatsanwalt nicht ganz auf der Höhe«, knirschte Zamorra. »Geben Sie ihm diesen Schnellhefter nicht sofort zurück.«
»Was soll das?«
»Nur ein unverbindlicher Vorschlag. Vielleicht können Sie später noch Vorteile daraus ziehen. Ich nehme an, daß Sie nicht weiter auf meiner Festnahme bestehen?«
»Laut Anweisung des Staatsanwalts muß ich es. Aber… nach diesem Telefonat mit Interpol Paris - warten Sie mal. Ich lasse mir das sicherheitshalber per Fax bestätigen.«
Er verließ das Büro wieder, und diesmal betraten es die beiden Uniformierten, um während Charbons Abwesenheit Zamorra zu beaufsichtigen. Nach einer Weile kehrte der Kommissar zurück, einen Bogen Thermopapier in der Hand, den er zu der Akte legte.
»Kommen Sie, Zamorra. Zeigen Sie mir, was Sie können. Wir schauen uns in der Gerichtsmedizin um, und ich werde Ihnen dort sehr sorgfältig auf die Fingerchen sehen. Sie«, er nickte den beiden Uniformierten zu, »begleiten uns bitte.«
Zamorra atmete auf.
Seit über anderthalb Jahren existierte Odinsson alias Torre Gerret nicht mehr in dieser Welt, aber der Aktenstapel, den er damals zusammengetragen hatte, den gab es immer noch!
Es war eine deutliche Warnung für Zamorra.
Wenn diese Akten samt Fahndungsaufruf bei einem französischen Staatsanwalt als ›unerledigt‹ im Schrank lagen, mochte das in anderen Ländern, in anderen Polizeistationen, auch der Fall sein. Trotz der langen Zeit, die inzwischen vergangen war. Sicher nicht überall, aber in Ländern und abgelegenen Orten, wo man es mit dem Aufarbeiten, Ordnen und Sortieren von Aktenbergen nicht ganz so genau nahm. Zamorra würde also auch weiterhin vorsichtig sein müssen.
Odinsson konnte ihm selbst so lange nach seinem Tod noch Schaden zufügen…
Hier hatte sich der Fall relativ schnell klären lassen.
Immerhin aber hatte er Zamorra trotzdem eine Menge Zeit gekostet.
Anderswo, wo die Aufhebung der Fahndung möglicherweise ebenso unbeachtet geblieben war wie in Merde-faires Büro und wo man es nicht für nötig hielt, eigens bei Interpol Rückfrage zu halten, konnte es ihn im Extremfall das Leben kosten.
Die Schatten der Vergangenheit waren lang…
Vielleicht sollte sich Zamorra noch mal um die Sache kümmern…
Jetzt ging's jedoch erst mal hinüber zur Gerichtsmedizin.
Zamorra war gespannt, was er dort finden würde.
***
Im letzten Moment stoppte Tendyke.
Gerade noch rechtzeitig erwachte er aus seiner Trance, warf sich zurück. Nur ein paar Millimeter hatten gefehlt, und er hätte sich selbst an der Schwertklinge aufgespießt!
Im gleichen Moment, als der Bann wich, verblaßte die Geistergestalt, und mit ihr das Schwert.
Tendyke atmete tief durch. Vorsichtig schritt er wieder vorwärts, konnte aber nichts und niemanden mehr erblicken. Das Wesen, das sich ihm als eine Art Gespenst gezeigt hatte, war einfach verschwunden.
Ein Wesen, das tot war?
Sonst hätte er es doch nicht in dieser Form ›sehen‹ können!
Noch ein Rätsel mehr… dabei hatte er doch gehofft, hier Rätsel lösen zu können!
Warum hatte das Gespenst ihn mit dem Schwert bedroht? Warum hatte es Ted Ewigk umgebracht? Daß diese lichte Frauengestalt für den Tod des Freundes verantwortlich war, daran zweifelte Tendyke jetzt nicht mehr.
Langsam wandte er sich um.
Und glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen!
In Ted Ewigks Brust steckte kein Schwert mehr.
Und Ted lag auch nicht mehr reglos am Boden!
Er erhob sicher und sah sich ebenso verwirrt um, wie Tendyke ihn ansah. Unwillkürlich tastete er nach seiner Brust, konnte aber keine Verletzung
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