0582 - Das Monstrum
auf den Stahl fallen konnte.
Ich lag noch immer am Boden, kam aber jetzt hoch und zog mit einer fließenden Bewegung meinen Dolch. Hinter mir lag die Dunkelheit des Gangs, danach der Beginn der Treppe.
Im Zuschauerraum hörte ich Sukos Stimme. Er schrie mehrmals meinen Namen.
Ich hatte keine Zeit, ihm Antwort zu geben, durfte mich nicht ablenken lassen und mußte mich einzig und allein auf das Monstrum mit den eisgrauen Haaren und der tödlichen Machete konzentrieren.
»Bleib stehen!« keuchte ich ihn an und hob meine rechte Hand, in der wurfbereit der Dolch lag.
Er grinste nur. Ein kaltes, ein bösartiges und niederträchtiges Lächeln schickte er mir entgegen. Für ihn war der Dolch keine Waffe, nicht mehr als ein Zahnstocher.
Er schlug zu.
Ich sprang zurück und erkannte im Sprung, daß es eine Finte seinerseits gewesen war. Er veränderte gedankenschnell die Richtung, rannte direkt auf mich zu und hätte mich mit der Machete zweigeteilt, denn viel Platz zum Ausweichen war nicht mehr.
Da schleuderte ich den Dolch!
Es kam in diesem Fall auf Bruchteile von Sekunden an. Die Machete rammte auf mich zu, aber der Dolch war schneller. Ich lebte die nächsten Sekunden wie in einem Zeitlupenfilm durch. Das passiert mir oft, wenn die Grenzen der Belastbarkeit erreicht sind. Die silberne Waffe steckte im Körper des Monstrums.
Ich selbst hatte mich nach dem Wurf dünn gemacht und gehofft, daß der Kerl die Machete nicht schwenkte und mich doch noch erwischte.
Er taumelte vorbei.
Die Waffe noch immer festhaltend, doch in seiner Brust steckte der silberne Dolch. Aus der Wunde sickerte bereits eine blutrote Flüssigkeit, die im Grau des Stoffes verschwand.
So taumelte er weiter. Der Arm sank nach unten. Die Machete schnitt den dünnen Filz des Teppichbodens auf, bis ich ein Poltern hörte, als der Mann die oberste Treppenstufe erreichte, den richtigen Halt nicht mehr fand und stolperte.
Ich sah ihn noch verschwinden, dann hörte ich nur noch das dumpfe Poltern, als er auf die Stufen krachte…
***
Ein tödlicher Hagelschauer aus Kugeln prasselte in den Zuschauerraum hinein.
Eine Garbe nur, durch die Kraft des Schnellfeuergewehrs aber zu einem mörderischen Todesgruß vervielfältigt.
Suko und Melody hatten im letzten Augenblick gehandelt. Nahezu brutal hatte der Inspektor seine Kollegin aus der Sitzreihe gezerrt und war mit ihr in den Gang gefallen, wo sie vor den Kugeln nicht in Sicherheit waren, doch es wurde nicht mehr geschossen.
Dafür polterte die Waffe in die Tiefe. Suko erkannte, daß es sich um ein Schnellfeuergewehr mit verkürztem Lauf handelte. Und er ahnte, daß John eingegriffen hatte.
Dennoch ging er auf Nummer Sicher, drückte seinen Schützling gegen den Boden und huschte noch einmal zurück in die Reihe, um die Waffe an sich zu bringen. Möglicherweise war das Monstrum eben nur durch Kugeln zu stoppen.
Melody erwartete ihn an der Tür. Sie hatte eine sprungbereite Haltung eingenommen.
Suko nickte ihr zu, rief Sinclairs Namen, ohne eine Antwort zu hören. Zugleich setzte eine fürchterliche Musik ein, die einen weiteren Mord auf der Leinwand untermalte.
Suko verließ mit schußbereitem Gewehr als erster den Zuschauerraum, gefolgt von Melody Ingram, die ebenfalls ihre Dienstwaffe aus der Halfter gezogen hatte.
Das zweite Foyer war leer. Aus der Höhe vernahmen sie Geräusche. Ein Poltern, vielleicht auch Schritte. Jedenfalls wurden die Töne über eine Treppe hinweggeleitet und drangen aus der Öffnung einer Nische.
Melody blieb zurück. Suko lief hin und sah dir ersten Stufen. Er wollte schon hochlaufen, als sich das Poltern verstärkte. Einen Moment später erschien der Schatten eines Mannes.
Der Killer kam!
Sofort legte Suko das Gewehr an, nur konnte er es wieder senken.
Der Killer ging nicht, er rollte die Stufen hinab, wie jemand, der schwer angeschlagen war.
Vor Sukos Füßen blieb er fast liegen. Mit einer letzten Bewegung rollte er sich auf den Rücken.
Da sah Suko den Dolch. Er ragte aus seiner Brust. Ihm war alles klar. John hatte ihn werfen müssen, bestimmt, um den Hieben der gräßlichen Mord-Machete zu entgehen, die der Mann noch immer festhielt.
Er war nicht tot. Das Licht der Notbeleuchtung spiegelte sich auf seinem Gesicht und ebenfalls in den Augen, deren Pupillen einen roten Schein bekommen hatten.
Er bewegte die Lippen.
Suko hörte Schritte auf der Treppe, schaute über den Körper hinweg und sah seinen Freund John Sinclair kommen, dem er kurz zunickte, bevor
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