059 - Blutige Küsse
wurde schwach in seinem Arm. Dann merkte sie, dass ihr Bikini-Oberteil verrutschte und aufging.
»Nein!« Sie stemmte sich wütend gegen seine Brust, trat mit den nackten Füßen gegen seine Knie und wollte sich losreißen.
»Du kleine Hexe!«, keuchte er. »Du Biest! Gleich wirst du mir die Hände küssen.«
Er hatte sich verrechnet. Judy Leaders sah, dass er auf ihre nackte Brust starrte. Er widerte sie an. Unverhüllter konnte Gier sich nicht zeigen.
Sie schlug ihm ins Gesicht und wollte schreien, als er sie plötzlich freigab. Er wurde herumgewirbelt und verlor dabei das kleine Fläschchen.
Erst jetzt sah Judy den großen, sehr gut aussehenden Mann, der sich eingeschaltet hatte. Er war gut und gern ein Meter neunzig groß, schlank und hatte eine sportliche durchtrainierte Figur. Der Mann holte blitzschnell aus und traf mit seiner Faust das Kinn des aufdringlichen Sekretärs.
John Valby flog in hohem Bogen in ein Gebüsch, rappelte sich hoch und kroch dann wie ein verwundetes Tier tiefer in das schützende Gesträuch hinein. Dabei war ein schluchzendes Greinen zu hören.
»Hallo!«, sagte der sportliche Mann und lächelte Judy beruhigend an. »Keine Sorge! Er wird Ihnen nichts mehr tun.«
»Vielen Dank«, gab sie keuchend zurück und schüttelte sich. »Der Kerl muss verrückt sein.«
Ihr fiel ein, dass ihr Oberkörper fast nackt war. Hastig griff sie nach dem verrutschten Bikini-Oberteil; dabei sah sie den Mann dankbar an.
»Ich bin Judy Leaders«, sagte sie.
»Dorian Hunter«, stellte er sich vor. »Ich dürfte wohl genau im richtigen Moment gekommen sein.«
»Kennen Sie diesen widerlichen Kerl?«
»Er geistert hier manchmal durch die Gegend«, erwiderte Dorian. »Was dagegen, wenn ich Sie zurück zum Platz bringe?«
»Bestimmt nicht«, sagte sie. »Ich möchte ihm nicht noch einmal begegnen. Wollte der Kerl mir doch einen Likör aufdrängen. Kann man sich das vorstellen?«
»Likör?« Dorian Hunter sah sie ernst und aufmerksam an.
»Irgendein Zeug, das sie drüben im Schloss angeblich brauen«, erwiderte sie und nickte.
»Wo ist es?«, fragte Dorian mit einem drängenden Unterton in der Stimme.
»Keine Ahnung«, sagte sie und hob die Schultern. »Er wird es mitgenommen haben.«
»Sind Sie sicher, Miss Leaders?«
Er schaute sich um, als sei dieses Fläschchen wichtiger als sie. Judy ärgerte sich ein wenig darüber.
»Suchen Sie später!«, schlug sie ironisch vor. »Bringen Sie mich jetzt erst mal hinüber zu den Wohnwagen, Mr. Hunter!«
»Entschuldigen Sie«, sagte Dorian und lächelte sie an. »Ich benehme mich wie ein Tölpel.«
»Dann aber wie ein netter Tölpel«, gab sie zurück. »Da dieser komische Likör weg ist, lade ich Sie zu einem Drink ein. Einverstanden?«
Judy Leaders kokettierte sehr gekonnt mit ihrem Schicksal und lieferte sich bereits dem Mann aus, der auf sie angesetzt worden war. Williger konnte eine Fliege nicht in das Netz der Spinne gehen.
Demur grinste höhnisch.
Er hatte den Sekretär des Count of Alkahest weiter oben im Wald abgefangen und deutete mit seiner schwarz behandschuhten Hand auf den blutenden Mundwinkel des großen, hageren Mannes.
»Hat ganz schön hingelangt, wie?«, fragte er hämisch.
»Das wird er mir noch büßen«, stieß John Valby hervor. »Dafür schicke ich ihn noch durch alle Höllen.«
»Übernimm dich bloß nicht, Valby!«, erwiderte Demur Alkahest und lehnte sich lässig mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Er sah den Sekretär seines Onkels jetzt gespielt mitleidig an. »An diesem Dorian Hunter haben sich schon ganz andere Leute die Finger verbrannt.«
»Er ist in unserer Gewalt«, sagte Valby gehässig. »In ein paar Stunden wird er es wissen.«
»Er ist in der Gewalt meines Onkels«, korrigierte Demur ihn sofort. »Du bist und bleibst ein Lakai, alter Freund. Warum willst du das nicht begreifen?«
»Ihr Onkel braucht mich.« John Valby warf stolz den Kopf in den Nacken.
»Er kann dich jederzeit wie einen Zigarettenstummel wegwerfen.«
»Ihr Onkel weiß, was er an mir hat.«
»Du bist jederzeit zu ersetzen, Valby. Was wäre, wenn ich in Zukunft den Sekretär spielen würde?«
Dieser Hieb saß. John Valby drehte ruckartig den Kopf herum und starrte Demur Alkahest überrascht an. Mit solch einer Möglichkeit hatte er sicher nicht gerechnet.
»Dann wär's doch aus mit dir, oder?«, stichelte Demur weiter, gezielt boshaft und verletzend. »Keine Sonderstellung mehr, kein Theriak, nichts.«
»Wollen Sie bei dem Count
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