059 - Der Preller
Anthony umgedreht und raste nun über das Deck der Leiter zu, die in sein Boot führte.
»Los!« befahl er Sandy.
Miss Stillington saß auf einem Deckstuhl vor der Kabine, als der Preller auf das Deck seines Schiffes zurücksprang.
»He, Sir, dort unten! Kommen Sie sofort zurück!«
Es war der Kapitän, der ihm den Befehl nachgebrüllt hatte. Neben ihm stand Meg, die erregt auf ihn einsprach. Ihre Bewegungen sagten deutlicher als Worte, was der Inhalt ihrer Ausführungen war. Sandy hatte den Motor angeworfen, und die beiden Schiffe entfernten sich rasch voneinander. Paul, den Kopfhörer am Ohr, grinste über das ganze Gesicht.
»Die ›Obo‹ ruft Plymouth an«, berichtete er.
»Funke dazwischen«, befahl ihm Anthony und drehte das Steuer, bis sein Schiff die Nase direkt nach Süden gerichtet hielt.
Ein merkwürdiges Filmabenteuer
Bilbao ist wirklich eine heiße Stadt, aber die junge Dame, die eben unter dem schattigen Dach des Restaurants eines der besten Hotels der Stadt ihre geeiste Limonade schlürfte, merkte von dieser drückenden Hitze wenig. Sie war jung und hübsch, aber ihre Schönheit wurde durch ständiges Stirnrunzeln zunichte gemacht. Es verunzierte ihr Gesicht. Nach spanischer Mode war sie ganz in Schwarz gekleidet. Im Hotelregister hatte sie sich als Madame Gilot aus Paris angemeldet, was aber nicht verhinderte, daß sie bei der Polizei der ganzen Welt als Milwaukee Meg berüchtigt war. Van Deahy befand sich in ihrer Gesellschaft.
»Nun?« fragte sie ihn.
»Nichts Neues«, brummte er. »Die spanischen Detektive haben so wenig Geschick wie ein Kind, jemand ausfindig zu machen.«
»Darin bin ich nicht deiner Meinung«, widersprach ihm Meg. »Gonzalez ist der klügste Kopf in Spanien. Er war bei der Kriminalabteilung, ehe er Schwindeleien beging und hinausgeworfen wurde.«
»Dann muß es eben daran liegen, daß uns der Preller über ist«, gab van Deahy zurück.
»Unsinn!« Dieser Name schien Meg nervös zu machen. »Er ist auch nicht klüger als die Polizei. Weißt du auch, daß der Kerl uns beinahe unser gesamtes Vermögen gestohlen hat?«
Van Deahy lachte.
»Darf ich dich vielleicht daran erinnern, meine liebe Meg«, meinte er, »daß uns immer noch genug zum Leben bleibt? Ich hielt zu dir, als du dich an dem Preller rächen wolltest, aber daß du dich nur deswegen nach Spanien begibst, um dem Preller seine Gelder abzunehmen, das grenzt an Wahnsinn.«
»Du hast also Angst?« höhnte sie.
»Ja«, gab er zu. »Ich fürchte mich vor seiner Klugheit und Erfindungsgabe. Habe ich nicht Ursache dazu? Du mußt dir die ganze Sache auch ein wenig von meinem Standpunkt aus betrachten, Meg. Ein junger Engländer, klug und kaltblütig, nimmt sich allen Ernstes vor, Ganoven auszubeuten. Er hat Kumpane, die nur wenig hinter ihm zurückbleiben: einen ehemaligen Offizier, tapfer und kaltblütig, und einen Soldaten mit gleichen Eigenschaften. Ich bin überzeugt, daß, wüßte die große Öffentlichkeit, was er treibt, er der Sympathien aller sicher sein könnte. Er läuft ja auch bei seinen Unternehmungen keinerlei Gefahr, denn die Lämmlein, die er schert, wagen es ja gar nicht, sich zu wehren, aus Angst, es käme der Wolf - die Polizei! Du und ich haben trotz alledem nicht schlecht abgeschnitten. Außer den sechzigtausend Pfund, die du leichtsinnigerweise nach Spanien mitgebracht hast, liegt noch allerhand gutes Geld von uns in Südamerika. Darum, Meg, laß es genug sein und komm mit mir. Du weißt, daß ich dir dies schon geraten hatte, als wir an Bord des Torpedobootes nach Devonport zurückfuhren.«
Madame erhob sich.
»Ich bin anderer Meinung«, sagte sie. »Wenn du Angst hast, ist das deine Sache. Ich werde nicht locker lassen, ehe ich ihm nicht seinen Raub wieder abgejagt habe. Nicht einen Augenblick früher werde ich die Jagd aufgeben, ehe ich mich nicht mit seinem Geld in meiner Tasche in Südamerika befinde.«
Van Deahy zuckte die Achseln. Er wollte gerade eine Antwort geben, als einer der Hotelpagen sich Meg näherte und ihr etwas auf spanisch meldete.
»Führen Sie den Herrn hierher«, gebot sie in gleicher Sprache. Dann wandte sie sich an ihren Komplicen: »Es ist Gonzalez«, erklärte sie. Einige Minuten später trat ein untersetzter, dunkelhäutiger Herr ein.
»Nun, was haben Sie zu melden?« empfing ihn Madame.
Der Besucher entnahm seiner Aktentasche ein Bündel Papiere und blätterte darin.
»Señora«, sagte er endlich, »ich habe bei meinen Nachforschungen Erfolg gehabt. Ich
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