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0593 - Das Zeichen

0593 - Das Zeichen

Titel: 0593 - Das Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ließ das Kreuz über dem Gesicht des Kranken schweben.
    Er reagierte nicht.
    Ich hatte mit einem Zucken der Mundwinkel gerechnet, mit einem leichten Flattern der Augenwimpern, das alles stimmte nicht. Regungslos blieb er auf dem Rücken liegen, ohne das Kreuz irgendwie zur Kenntnis zu nehmen.
    »Ich glaube doch, daß wir ihn berühren müssen, Mr. Sinclair. Bitte, wenn Sie so freundlich sein würden.«
    Ich war so freundlich und ließ das Kreuz tiefer schwingen. Mit seinem unteren Balkenende berührte es die Hände des Jungen, schwang dann nach vorn und hätte fast noch sein Kinn gestreift, glitt aber darüber hinweg.
    »Bitte, Mr. Sinclair, legen Sie es ihm auf die Brust. So wird es nichts nutzen. Die Kraft des Kreuzes muß auch in ihn hineingehen, sie muß seine Seele erfüllen.«
    »Nicht so schnell, Rabbi.« Bei gewissen Aktionen ließ ich mir Zeit.
    Ich senkte das Kreuz noch tiefer und beobachtete dabei das Gesicht des Jungen, wo sich die bleiche Haut nicht regte. Kein Zucken verriet, daß er die Nähe spürte.
    Es berührte die Brust. Ich gab noch etwas nach, dann lag es…
    Scharf atmete der Rabbi ein. Er rechnete mit einer Veränderung, vielleicht auch damit, daß sich sein Sohn aufbäumte, um die andere Existenz anzunehmen, das geschah nicht.
    Ruhig blieb er liegen, obwohl der Druck des Talismans auf seiner Brust lastete.
    »Nein«, sagte der Rabbi mit leiser Stimme. »Nein, das hat alles keinen Erfolg gezeigt. Es war zu einfach.« Er sprach über die Zeichen der Erzengel. »Sie haben sich nicht gerührt, sie haben ihre Kraft nicht abgegeben, weil sie meinen Sohn nicht annehmen wollten.«
    »Abwarten, Rabbi. Noch ist nicht aller Tage Abend.«
    »Ich spüre es, Mr. Sinclair, und ich bedanke mich bei Ihnen, daß Sie den Versuch unternommen haben.«
    »Geben Sie so schnell auf, Mr. Jehuda?«
    »Muß ich das nicht?«
    »Das finde ich nicht. Sie sollten weiter daran glauben, daß wir es schaffen können. Ich habe Ihnen nämlich noch nicht alles gesagt, Rabbi. Dieses Kreuz birgt ebenfalls ein inneres Mysterium. Man muß es nur durch das Sprechen einer Formel aktivieren und sichtbar aus den Tiefen hervorholen.«
    Der Rabbi hatte mir sehr genau zugehört. Er wirkte plötzlich nervös. »Sind Sie bereit, Ihr Kreuz zu aktivieren und aus ihm die Kraft hervorzuholen?«
    »Es ist nicht einfach, es kann schiefgehen. Eigentlich müßte Ihr Sohn reden.«
    »Er kann nicht zustimmen, deshalb werde ich es tun. Ich spreche für Nathan und möchte, daß Sie es wagen, Mr. Sinclair. Es ist nicht mehr die Zeit, lange zu zögern oder nachzudenken. Sie müssen ihn heilen. Sie müssen ihn verändern und ihm ein anderes Wesen geben, damit ihn der Tod nicht in seine dunklen Gefilde zerren kann.«
    »Daß Sie sehr viel von mir verlangen, wissen Sie, Rabbi.«
    »Ja, und ich werde es Ihnen nie vergessen.«
    »So habe ich das nicht gemeint. Ich kann mich nicht als Mittler zwischen Leben und Tod hinstellen. Ich bin nur ein Mensch und nicht der Allmächtige.«
    »Aber wir könnten es versuchen.«
    »Sicher.«
    Der Rabbi schaute zu, wie ich das Kreuz wieder auf die Brust des Kranken legte. Beim Atmen hob und senkte sich die Brust des jungen Mannes kaum. Ich hatte bisher nicht in seine Augen sehen können und wußte nicht einmal, welche Farbe sie besaßen. Plötzlich zuckte der Kranke zusammen. Gleichzeitig öffnete er die Augen.
    Ein Blick in seine Pupillen zeigte mir, daß sie dunkel waren wie die seines Vaters.
    Der Rabbi war außer sich. Er fiel neben dem Bett auf die Knie, drückte seinen Kopf vor und flüsterte ununterbrochen den Namen seines Sohnes. Dabei rann ein glückliches Lächeln über sein Gesicht.
    Er schien daran zu glauben, daß es mein Kreuz geschafft hatte.
    Ich dachte in eine andere Richtung. Nathan packte plötzlich zu.
    Seinen Vater beachtete er nicht. Er konzentrierte sich auf seine Hand, die sich blitzschnell um das Kreuz schloß.
    Hart hielt sie es fest!
    Ich tat nichts, um es aus der Hand zu zerren. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, die Kette wäre nur gerissen, das hätte keinem von uns etwas genutzt.
    »Bitte, bitte«, flüsterte der alte Rabbi. »Gib mir eine Antwort, Nathan. Ich möchte, daß du mir sagst, was ich…«
    Der Kranke schwieg nicht, doch Worte formulierte er nicht. Aus dem geöffneten Mund floß nur mehr ein dumpf klingendes Stöhnen, als würde er Schmerzen erleiden.
    »Geben Sie es auf, Rabbi«, bat ich ihn. »Wenn Ihr Sohn mit Ihnen reden will und falls es ihm wieder besser geht, werden wir das

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