0597 - Leichen-Ladies
Leichen verbrannt wurden und wir die Bekanntschaft einer Feuerfrau gemacht hatten. Diese Feuer-Furie war wie aus dem Nichts erschienen, obwohl Suko und ich daran nicht glauben konnten, denn nichts geschah ohne Grund. Ich hatte miterleben müssen, wie meine Mutter verbrannte – eine Wachspuppe – glücklicherweise, aber das alles hatte meine Nerven zur Raserei gebracht. Wir waren von der Feuer-Furie ebenso an der langen Leine geführt worden wie mein Vater Horace F. Sinclair. Von ihm hatten wir die entscheidende Spur bekommen, die uns nach Belgien führte, auf einen bestimmten Hof, einen Beginenhof. Dort sollten wir mehr erfahren. [1]
Was, das stand in den Sternen. Ich ging allerdings davon aus, daß es eng mit dem Schicksal meiner Mutter zusammenhing. Möglicherweise war sie sogar auf dem Hof gefangengenommen worden und vegetierte dort dahin, möglicherweise sogar als Untote.
Es hing alles in der Schwebe. Ich kam überhaupt nicht zurecht.
Meine Nerven waren regelrecht aufgeputscht. Wenn ich normal überlegen wollte, fiel mir das schwer, aber ich hatte immerhin eine Bedingung erfüllt und den Blutstein mit auf die Reise genommen.
Den wollte Mallmann besitzen, um seine Macht noch mehr erweitern zu können. Ich war bereit, ihm den Stein zu geben, vorausgesetzt, er gab mir meine Mutter wieder völlig normal zurück.
Über diese Dinge mußte ich nachdenken. Ich wußte auch nicht, ob sie sich in die Praxis umsetzen ließen, bisher jedenfalls waren sie nur Theorie gewesen.
Wir hatten den Hof noch nicht erreicht, doch wir gingen davon aus, daß unser Joker bereits am Ziel war. Der Joker besaß einen Namen – Jane Collins.
Sie hatte sich nicht geweigert, als sie erfuhr, um was es ging. Zudem war es besser, wenn wir eine Frau schickten, denn die Beginenhöfe wurden nur von Frauen bewohnt. Sie hatten sich in den vorherigen Jahrhunderten zu klosterähnlichen Gemeinschaften in der Einsamkeit der meist niederländischen Länder zusammengeschlossen, um ihr eigenes Leben zu führen. Die Beginen waren verfolgt worden, erst in letzter Zeit, zusammen mit dem Hochschwappen des neuen Bewußtseins bei Frauen, hatten sie sich wieder neu formiert.
Wie dem auch war, von den Beginen zu den Blutsaugern war es in der Theorie ein langer Schritt. Wir hofften, ihn überwinden zu können, und einen Beginenhof konnte ich mir als Versteck für meine Mutter ebenfalls gut vorstellen.
Die nahe Zukunft würde zeigen, ob ich mich geirrt hatte oder nicht. Weil ich Schritte hinter mir hörte, drehte ich mich um. Suko hatte den Schatten verlassen und kam auf mich zu.
»Willst du dich braten lassen?« fragte er.
»Nein, ich denke nach!«
»Und worüber?«
»Kannst du dir das nicht denken?«
Er blieb neben mir stehen und nickte. »Sicher, John, aber bist du zu einem Entschluß gekommen?«
»Nein.«
»Das dachte ich mir.«
Ich schaute nach vorn. Kornfelder bewegten sich im leichten Wind. Die Ähren waren schon schwer und voll. Sie warteten darauf, geerntet zu werden.
Zwischen den Feldern sah ich die grauen Wege. Einer war breiter und asphaltiert, die Straße, auf der wir in Richtung Osten fahren würden. Irgendwann würden wir dann auf den Beginenhof stoßen, der uns interessierte und hoffentlich schon Besuch von Jane Collins bekommen hatte. Suko hielt eine Dose mit Mineralwasser in der Hand. Sie war bereits geöffnet. »Willst du einen Schluck?«
»Danke.« Ich schüttete das Wasser in meine Kehle. Es war nicht mehr kalt, aber es löschte einen Teil des Durstes. Zudem brauchte ich die Flüssigkeit, man schwitzte bei diesen extremen Temperaturen einfach zu stark. Auch jetzt klebte mir das weiße Leinenhemd am Körper. Ich drückte die Dose zusammen, ein Beweis dafür, wie sehr erledigt ich war.
Von unterwegs hatte ich noch einmal mit meinem Vater telefoniert und mit einem Menschen gesprochen, dessen Stimme völlig anders klang als sonst.
Er machte sich Sorgen; er litt, sein Zustand war nicht mehr als normal zu bezeichnen. Das hatte sich auch auf mich übertragen, schließlich ging es um meine Mutter.
Suko hatte gemeint, daß er nicht nur als Freund und Kollege mitgekommen war, auch als Aufpasser, den ich seiner Meinung nach brauchte. Ich sollte keine Dummheiten machen, denn in diesem Fall war eben alles anders. Der betraf mich persönlich.
Ich wußte selbst, daß einem Polizeibeamten so etwas nicht passieren durfte, aber ich war ein Mensch, und als Mensch reagiert man anders als eine Maschine.
Aus der Tasche des Jacketts – es hing
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