0597 - Leichen-Ladies
war.
Jane griff blitzschnell in die Tasche und förderte mit einem zielsicheren Griff die Pistole hervor. Die Tasche ließ sie fallen, die Waffe nicht. Deren Mündung wies genau auf den Kopf des Blutsaugers…
***
Mallmann blieb stehen!
War er überrascht, konsterniert? Wollte er einfach nur grinsen und abwarten? Es konnte alles zu bedeuten haben, die Wahrheit bekam Jane nicht heraus.
Auch sie hatte Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Scharf fixierte sie ihn. »Du weißt, Mallmann, welche Kugeln in dieser Waffe stecken, nicht wahr?«
»Ich kann es mir denken.«
Janes Gesicht zeigte einen triumphierenden Ausdruck. »Geweihtes Silber, Vampir. In dieser Waffe stecken geweihte Silberkugeln, und die befördern dich in die Hölle. Es wird für dich keinen Blutstein mehr geben, keine weiteren Opfer mehr, kein Vampir-Imperium, das ist alles vorbei, Mallmann. Hier in diesem Verlies wirst du dein verfluchtes, untotes Leben aushauchen.«
Er starrte sie an. Es kam Jane so vor, als hätte er die Sätze kaum zur Kenntnis genommen, weil er einfach nicht reagierte. Nur seine Augen verengten sich zu Schlitzen, wobei die Boshaftigkeit des Blicks um keinen Deut nachließ.
»Nach deinem Tod werde ich Mary Sinclair befreien. Rebecca wird kein Hindernis für mich sein, das schwöre ich dir. So wird alles laufen, wie ich es mir vorgestellt habe.«
»Wenn du dich da nicht mal irrst, Jane!«
»Wieso? Mary ist geschwächt, das gebe ich zu. Du hast sie schlimm behandelt, aber sie wird leben, im Gegensatz zu dir, Mallmann. Du bist dem Tod geweiht. Zudem spielt es keine Rolle, wer dich vernichtet. Ob John Sinclair, Suko oder ich. Wir sind ein Team. Hier kämpft einer für den anderen. Das macht uns stark. Wir stellen den Egoismus im Dienst des Allgemeinwohls zurück. So sieht es aus.«
Mallmann breitete die Arme aus. Hätte er ein Cape getragen, so hätte er Ähnlichkeit mit einer Fledermaus besessen. Aber er gab sich lässig, fast überlegen, was Jane Collins wiederum ärgerte. Ihr Zeigefinger zuckte. Noch zog sie nicht durch, weil sie etwas daran hinderte.
Skrupel, einen Menschen zu töten?
Nein, daran glaubte sie nicht. Es mußte etwas anderes sein, über das sie nicht hinwegkonnte.
War es der Blick des Untoten, der sie fixierte? Mallmann hatte seine Augen auf sie gerichtet. Er schaute sie knallhart an. In seinen Zügen lag eine gewisse Boshaftigkeit. Der Mund bewegte sich, ohne daß die Zähne zu sehen waren. Er sah aus, als würde er kauen.
»Willst du nicht schießen?«
Jane spürte Schweiß auf der Stirn. Mallmanns Augen nahmen an Größe zu. Und noch etwas geschah mit ihm. Auf seiner Stirn, wo sich der Buchstabe abzeichnete, bekamen dessen Konturen eine dunkelrote Farbe, damit das D besonders scharf abstach.
Zum erstenmal spürte Jane, welch eine Macht in dieser untoten Person steckte. Es war nicht allein die äußerliche Kraft, das Innere des Blutsaugers hatte sich aufgefüllt. Er schaffte es tatsächlich, Menschen unter seine Kontrolle zu bekommen.
So auch Jane – oder?
Sie konnte nicht mehr ruhig stehen. Es begann mit ihrem Atem, es lag auch an der Luft, die einen ätzenden Brandgeruch bekommen hatte, den Jane sich nicht erklären konnte.
Mit einer Kugel konnte sie alle Probleme lösen, nur mit einer Kugel, mehr nicht.
Aber sie schoß nicht.
»Na, Jane Collins?«
»Verdammt!« keuchte sie, als sie die Stimme hörte. Mallmann verhöhnte sie regelrecht. »Verdammt noch mal. Ich tu es!«
Sie drückte ab, hörte den Krach hinter sich, schrie auf und fiel auf Mallmann zu…
***
Über dem flachen Land stand die Sonne als heißer Ball und brannte auf unsere Köpfe.
Suko und ich hatten eine Pause eingelegt. Mein Freund hatte den Leihwagen in den Schatten gefahren, wo die Äste mächtiger Ulmen ihn vor den Strahlen schützten.
Ich stand in der Sonne, während Suko am Wagen lehnte und zu Boden starrte. Er wußte, daß es Momente gab, wo er mich in Ruhe lassen mußte, da ich mit meinen Gedanken allein sein wollte.
Ein derartiger Moment war jetzt gekommen. Wir befanden uns in Belgien, wo die gleiche Hitze herrschte wie in England. Aber wir fuhren auch nicht zum Vergnügen durch Belgien, denn ein Fall hatte uns über den Kanal geführt.
Ein Fall, der mich persönlich betraf, der all meine Emotionen aufkochen ließ, denn es ging um meine Mutter, die sich seit Monaten schon in den Händen des Vampirs Mallmann befand. Ich wußte nicht, ob sie noch normal lebte.
Begonnen hatte alles in einem Londoner Krematorium, wo
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