0597 - Leichen-Ladies
mittleren oder relativ hohen Alter befanden. Wahrscheinlich gemischt, aber die Person vor ihr wirkte irgendwie staubig. Sie besaß eine graue Haut, als würde sie sich bewußt vor den Strahlen der Sonne schützen. Hinzu kam das weiße Haar, es umhing ihren Kopf wie ein Vorhang. Sie trug ein schwarzes Kleid, das bis zu den Knöcheln reichte. Das Gesicht blieb unbewegt, nur die Augen glitzerten, als hätte man Wasser hineingeträufelt.
Langsam kam sie näher. Erst jetzt hörte Jane ihre Schritte. Ungewöhnlich laut klangen sie auf dem Asphalt. Die Füße steckten in Sandalen aus Holz. Sie wirkten wie klobige Schiffe.
Scharf schaute die Frau Jane Collins an. »Wer sind Sie? Wo kommen Sie her?«
Jane brauchte ihr Unbehagen nicht zu spielen. Diese Person strömte eine Kälte aus, die sie nicht mochte. »Ich… ähm es tut mir leid, daß ich Sie störe …«
»Kommen Sie zur Sache.«
»Ha, sorry, natürlich. Es geht um meinen Wagen.« Jane deutete an der Frau vorbei. »Er steht auf dem Grundstück. Leider kann ich nicht weiter.«
»Weshalb nicht?«
»Eine… Panne.«
»Reifen?«
»Nein, das wäre nicht so tragisch gewesen. Es ist leider irgend etwas mit dem Motor.«
»Ach so…«
»Es tut mir ja auch leid, Madame, aber von der Technik verstehe ich nichts.«
Die Person vor Jane nickte. »Bon«, sagte sie. »Wie haben Sie sich alles weitere gedacht?«
»Nun, es ist etwas vermessen, doch ich rechnete damit, bei Ihnen Hilfe zu bekommen. Wenn ich mit einer Werkstatt telefonieren könnte, wäre mir geholfen.«
»Telefonieren?« Jane klang ein Lachen entgegen. »Schauen Sie sich mal um. Sieht dieses Haus hier aus, als würden Sie telefonieren können? Bestimmt nicht.«
»Nun ja, ich meine…«
»Hier gibt es kein Telefon. Damit müssen Sie sich leider abfinden.«
Jane zeigte ihr Erschrecken deutlich, denn sie wurde blaß. »Ja… aber was mache ich denn da?«
»Das ist Ihr Problem, nicht das meine. Sie müssen schon damit zurechtkommen.«
»Und wie?«
»Gehen Sie zu Fuß.«
»Wie weit ist es denn bis zum nächsten Ort?«
»Einige Kilometer. Wir wohnen hier ziemlich einsam.«
»Dann sind Sie nicht allein?«
»Nein.«
Jane nickte. Fieberhaft dachte, sie darüber nach, wie sie die Person aus der Reserve locken konnte. »Nun ja, damit überraschen Sie mich, Madame. Ich hatte meine Hoffnungen auf Sie gesetzt. Wenn ich mich so umschaue und mir die Gebäude ansehe, könnte man meinen, daß Sie auch Gästezimmer haben. Wissen Sie, wenn ich zu Fuß gehen würde, erreiche ich eine Werkstatt erst gegen Abend. Dann haben die ja dichtgemacht.«
»Wollen Sie hier übernachten?«
Jane lächelte. »Wenn Sie mich direkt fragen, dann muß ich Ihnen zustimmen. Ich zahle natürlich für die Übernachtung und auch das Essen oder Trinken.«
»Wir haben eigentlich nie Gäste.«
»Ich heiße übrigens Jane Collins.« Die Detektivin hatte beschlossen, die Distanz zwischen ihnen abzubauen.
»Sagen Sie Rebecca zu mir.«
»Ein schöner Name.«
Die Graue hob nur die Schultern. Sie strich durch ihr Gesicht und bewegte dabei auch die Finger. Es sah so aus, als wollte sie die alte Haut einfach lösen. »Sie machen es mir nicht einfach, Jane, wirklich nicht. Wir sind es nicht gewohnt, Gäste auf unserem Hof zu haben. Wir möchten gern allein sein.«
»Das kann ich verstehen. Wenn man eine so große Gruppe ist, wie Sie sie gebildet haben…«
»Wir sind zu dritt.«
»Auch das ist…«
»Still.« Rebecca drehte sich plötzlich um. Auch Jane hatte den fremden Geruch in ihrer Nase gespürt.
Rauchgestank…
Widerlich, schmierig, fettig. Sie ahnte Schlimmes, aber auch Rebecca hatte den Gedanken verfolgt. Plötzlich lief sie mit klackenden Holzschuhen auf das Gittertor zu.
Kaum hatte Jane es erreicht, da sah sie die fetten Schwaden, die ihr entgegentrieben. Sie stammten von dem Gegenstand, der lichterloh brannte.
Eigentlich kam nur einer dafür in Frage – ihr Wagen!
Es stimmte. Der 2 CV stand in hellen Flammen. Was immer dazu geführt hatte, es war nicht mehr herauszufinden. Jane sah nur, wie das Feuer einen glühendheißen Vorhang um ihr Auto gelegt hatte und das restliche Benzin förmlich explodierte.
Eine brennende Lohe stieg in die Luft, begleitet von einem fetten Rauchpilz.
Dann sank sie zusammen. Das Feuer zuckte nur, huschte über die schwarz verbrannten Reste des Schrotthaufens hinweg, und der widerliche Gestank von verkohltem Gummi verpestete die Luft.
Jane ging hustend zurück, weil der Rauch regelrecht in ihrer
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