0597 - Leichen-Ladies
worden.
Jane sah, daß sie schnell aus der Wanne kam. Ein Handtuch hatte sie mitgebracht. Sie rubbelte sich trocken und schüttelte auch ihr Haar aus. Dann zog sie frische Kleidung an.
Sehr vorsichtig betrat sie das Zimmer. Inzwischen rechnete sie mit allem.
Nein, es war niemand da, der auf sie wartete. Der Raum kam ihr auch nicht so vor, als wäre er durchsucht worden. Alles lag ordentlich verteilt, wie Jane es hinterlassen hatte.
Sie blickte aus dem Fenster in den Park hinein. Bäume gaben genügend Schatten. Eine einsame Gestalt schritt durch die dunklen, kühleren Stellen.
Jane konnte nur ihren Rücken sehen. War das Rebecca? Die Person trug dunkle Kleidung, auch ihr Haar war grau, aber sie drehte sich nicht um, so daß Jane ihr Gesicht nicht erkennen konnte.
Seltsam, sehr seltsam. In diesen Mauern wurde nur wenig gesprochen und wenn, dann flüsternd.
Die Detektivin war nicht hergefahren, um sich auszuruhen. Sie stellte sich vor, ihre beiden Freunde mit einer Erfolgsmeldung zu überraschen, und da kam eigentlich nur eine in Frage.
Wenn es ihr gelang, herauszufinden, wo sich Mary Sinclair aufhielt, wäre das super gewesen.
Plötzlicher Jagdeifer erfaßte sie. Die kleine Astra-Pistole mit den geweihten Kugeln steckte in der Handtasche, die Jane umhängte.
Sollte ihr ein Blutsauger begegnen, hatte sie die entsprechende Vorsorge getroffen.
Etwas Furcht verspürte sie schon, als sie ihr Zimmer verließ. Der Druck saß im Nacken wie ein nächtlicher Alp, so daß sie Mühe hatte, den Atem unter Kontrolle zu halten.
Behutsam ging sie den Gang zurück. Wenn jemand eine Person verstecken wollte, dann tat er das im Keller. Sie konnte sich vorstellen, daß der Hof einen solchen besaß, der zudem mit zahlreichen kleinen Räumen oder Verliesen gespickt war.
Nur – wie kam sie dorthin?
Die Gestalt draußen hatte Jane auf eine Idee gebracht. Möglicherweise konnte sie die Lage des Gefängnisses von draußen aus feststellen. Das wäre ideal gewesen.
Durch den normalen Eingang wollte sie das Gebäude nicht verlassen. Bei dieser Größe mußten es auch noch andere geben. Jane war vorsichtig, als sie den Gang entlangschritt.
Sie hörte nichts, nur die eigenen Schritte, aber nicht das Klappern irgendwelcher Pantinen.
Die Ruhe auf dem Hof kam ihr trügerisch und abwartend vor.
Jane überlegte, ob sie ein Fenster öffnen und hinausklettern sollte, da entdeckte sie eine schmale Nische, in die sie sich hineindrücken konnte. Über zwei Stufen ging sie hoch bis zu einer Tür. Sie war nicht verschlossen.
Jane fand sich hinter ihr in einem schmalen, nach Staub riechendem Raum wieder. Bottiche standen herum, ein alter Webstuhl ebenfalls. Hier schien eine Abstellkammer der Beginen zu sein, aber die Geräte waren lange nicht benutzt worden, was der dicke Staubfilm deutlich bewies.
Jane entdeckte auch die schmale Tür. Sie hob sich kaum vom Mauerwerk ab und war nur deshalb zu sehen, weil der durch das Fenster fallende Sonnenstrahl sie in einem schrägen Winkel traf.
Als Jane sie aufdrückte, hielt sie den Atem an, denn sie konnte das Knarren nicht vertragen. Es kam ihr unnatürlich laut vor, als wäre es im ganzen Haus zu hören.
Durch den Spalt drang ihr Wärme entgegen, ein Beweis, daß sie durch die Tür ins Freie gelangte.
Bäume schirmten das Licht ab. Nicht weit entfernt lag ein stiller Teich, der dunkelgrün schimmerte. An einer Stelle des gegenüberliegenden Ufers schufen die Strahlen der Sonne leichte Reflexe.
Schilfrohre zitterten durch die Bewegung eines Frosches, der aus der Deckung hüpfte und mit einem klatschenden Laut in das Teichwasser eintauchte.
Im Freien blieb Jane stehen und drückte die Tür wieder sehr behutsam zu.
Hoher Rasen umschmeichelte ihre Füße. Sie schaute nach rechts, wo die Hausfassade lag, und entdeckte tatsächlich mehrere Luken in Höhe ihrer Kniekehlen.
Diese kleinen Fenster wiesen auf ein oder mehrere Verliese hin.
Verstecke für Gefangene?
Bevor sich die Detektivin bückte, schaute sie sich um, ob sie jemand beobachtete. Entdecken konnte sie keinen. Sie schien völlig allein zu sein.
Es war schwer, einen Blick in die Verliese zu werfen. Sie mußte schon auf Hände und Knie hinunter. Als sie schräg durch die erste Luke schaute, zitterte dicht vor ihrem Gesicht ein Spinnennetz. Jane blies es weiter zurück.
Sie drehte den Kopf weiter, aber der Raum war einfach zu düster, um Umrisse sehen zu können.
Sie richtete sich auf und ging die paar Schritte bis zur nächsten
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