0598 - Der Weg in den Schrecken
Ihnen?«
»Nein.«
»Verdammt!« Der Fluch klang böse. »Was können wir denn jetzt alles machen?«
»John Sinclair wird ihn schon wieder zurückbringen.«
»Er hat einen meiner Leute niedergeschlagen, das kommt auch noch hinzu!« beschwerte sich Guthry.
»Dafür kann ich nichts.«
»Commander, Sie haben sich da eine Laus in den Pelz gesetzt. Ich kann Sie vor diesem Menschen nur warnen.«
»Das haben Sie bereits getan, danke sehr. Aber Sie hören von mir, wenn sich Sinclair gemeldet hat.«
»Ich warte.«
»Puh«, sagte Taylor, als er aufgelegt hatte. »Der war vielleicht in Form, John.«
»Danke, alter Junge, daß du mich nicht verraten hast.«
»Na – so ganz legal war das nicht.«
»Aber in diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel, darauf kannst du dich verlassen. Der Reverend ist ein Teufel in Menschengestalt. Guthry hat mit den Kindern etwas vor. Er selbst hat ihnen von der geheimnisvollen Höhle berichtet oder von dem Kopf aus Stein. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, daß es ein Fall für mich geworden ist. Du bleibst außen vor, Morg.«
Er fragte nicht weiter, denn seine Schwester erschien, die ich nicht kannte. Sie hatte aber von mir gehört, wenn Morg mal bei ihr von alten Zeiten plauderte.
»Schön, daß wir uns mal begegnet sind, Mr. Sinclair.«
»Das meine ich auch.«
Sie strich dem Jungen über das Haar. »Und du kommst mit mir, Gerard?«
»Ja, gern.«
Wir verabschiedeten uns von der Frau, dann lehnte sich Morg von innen gegen die Tür, als wollte er mich nicht mehr aus seinem Büro lassen. »So, John Sinclair, komm zur Sache.«
»Gern. Ich werde noch einmal in das Camp fahren. Diesmal allerdings inoffiziell.«
»Über den Zaun?«
»Richtig.«
»Und dann?«
»Schaue ich mich um. Ich werde das Gefühl nicht los, daß die folgende Nacht wichtig ist. Alle Kinder, die das Gesicht des Riesen gesehen haben und in dessen Maul verschwunden sind, hat der Reverend in sein Haus geholt.«
Morg schaute mich skeptisch an. »Stimmt das auch?«
»Der Junge sagte es.«
Er räusperte sich. »Das ist in der Tat ungewöhnlich.« Dann nickte er. »Also, was habe ich bei der Sache zu tun?«
»Wenn ich mich beim Morgengrauen noch nicht gemeldet habe, solltest du das Camp und die Felsen durchsuchen.«
»Nicht vorher?«
»Nein.«
»Du bist ein Mann, der alles allein macht, wie?«
Ich schüttelte den Kopf. »Irrtum. Normalerweise arbeite ich mit einem Partner zusammen, aber er ist zur Zeit in London. Ich muß den Weg allein gehen.«
»Wie viele Gegner hast du?«
Ich hob die Schultern. »Kennst du dich aus, was die Personalstärke des Camps angeht?«
»Leider nein.«
»Ich werde vorsichtig sein.«
»Das will ich dir auch raten. Der Reverend reagiert manchmal verdammt empfindlich. Er hält sich für den Größten, für einen regelrechten Halbgott, und er hat Beziehungen.«
»Die ihm bald nichts mehr nützen werden, Morg«, versprach ich.
»Halbgötter sind mein Spezialfall, die stürze ich gern von ihrem Thron…«
***
Ich war wieder da!
Diesmal hatte ich den Wagen ein Stück vor dem Camp abgestellt und mich dem Ziel zu Fuß genähert.
Die Dunkelheit hatte ich abgewartet, und sie war gekommen wie ein gewaltiger, schwarzgrauer Sack, um alles zu verschlingen. Eine schlimme Sommernacht, die auf einmal schwül war. Die warme Luft kam aus dem Süden und überflutete das Land.
Die Finsternis gab mir auch den nötigen Schutz, denn Sterne entdeckte ich kaum. Nur der Mond stand als verwaschene helle Sichel hinter einem dünnen Wolkenband.
Staub hing in der Luft, als wäre er von irgendwelchen Autoreifen aufgewirbelt worden.
Geduckt näherte ich mich dem Drahtzaun. Von Morg Taylor hatte ich eine Zange bekommen, die auch Metall durchschnitt, denn über den Zaun zu klettern, war riskant.
Im Camp brannten kaum Lichter. Nur die Notbeleuchtung verstreute ihren bläulichen Schein.
Ich wollte nicht dort über den Zaun, wo der Eingang lag, sondern suchte nach einer einsamen Stelle. Schon bald sah ich den Maschendraht vor mir glitzern. Er sah aus, als würde er im Licht des Halbmondes gebadet.
Vor dem Zaun tauchte ich unter. Die Zange hielt ich in der rechten Hand. Beide Hälften bildeten eine Schere, die ich nur anzusetzen brauchte.
Niemand beobachtete mich. Vergeblich lauschte ich dem Klang von Schritten nach. Patrouillierende Wächter schien es nicht auf dem Gelände zu geben. Guthry fühlte sich ziemlich sicher.
Sollte er, das konnte mir nur zum Vorteil gereichen. Ich setzte die Drahtschere
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