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060 - Der Henker von London

060 - Der Henker von London

Titel: 060 - Der Henker von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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schossen um die Ecke. Kies knirschte, Wagentüren wurden zugeschlagen, irgend jemand schrie laute Kommandos.
    Ich wandte mich ab, ging an Dan Reed vorbei aus der Garage. Jetzt kam auch Doktor Hall heran. Sein Blick sprach Bände. Die sonst so straffe, energiebewußte Haltung war zusammengefallen. Er sah müde aus, seelisch müde. Für einen kurzen Moment blieb er vor mir stehen.
    „Frankenstein?“ fragte er resigniert.
    Ich nickte.
    „Ja. Aber lassen Sie sich einen anderen Namen einfallen, Doc. Gegen diese Bestie war Frankenstein ein Waisenknabe.“
    Dr. Hall ging schweigend weiter. Ich starrte zur Ausfahrt. Auf der anderen Seite, schräg gegenüber, konnte man einen Teil meines Hauses sehen. Dort drüben hatte ich in meinem Bett gelegen, während hier ein Mann von einem Monstrum zerrissen worden war.
    Dreißig Meter von meinem Bett entfernt! Wieder fielen mir die eigenartigen Wachträume ein, die ich gehabt hatte. Und die Stimme und der Luftzug. Traum? Wirklichkeit?
    „Sir …“
    Ich sah verwirrt auf. Der breitschultrige Wanner stand vor mir. Immer noch sah er ziemlich mitgenommen aus.
    „Ja?“
    „Die Frau ist im Haus“, sagte der Beamte. „Ein Arzt ist bei ihr.“
    „Ja“, antwortete ich. „Danke, Wanner.“
    Eine Menschentraube klebte an der Einfahrt zum Haus. Wieder war es eine schweigende Masse, die sich da vor dem Tor drängte. Pete Ascorda, der Chefreporter der Evening Post, deutete mit vorgerecktem Kinn zu den schweigenden Menschen hinüber.
    „Gestern in den Docks, heute hier, im Süden Londons. Heute nacht werden sich alle verkriechen wie die Ratten, weil man nirgends mehr sicher sein kann.“
    Dr. Tracy, der Hausarzt von Mrs. Haley, kam die Stufen herunter auf mich zu.
    „Wie geht es ihr?“ fragte ich.
    „Sie schläft jetzt“, antwortete der Arzt. „Sie war völlig fertig, Inspektor. Erst dieses eigenartige Erwachen mitten in Soho, dann der grausige Fund in der Garage.“
    „Es hat sogar Wanner umgehauen“, sagte ich mit müdem Lächeln. „Und der ist nun wirklich mit einem dicken Fell auf die Welt gekommen. Wann werde ich mit ihr reden können?“
    „Heute nachmittag. Jetzt braucht Mrs. Haley Ruhe. Ich werde ihr gleich eine Pflegerin schicken, die bei ihr bleibt. Am Abend komme ich dann wieder und gebe ihr eine Spritze für die Nacht.“
    Er nickte mir einen Gruß zu und kletterte in seinen Wagen. Die Menschenmenge an der Ausfahrt teilte sich, als das Auto langsam hinausrollte, dann schloß sich die Gasse wieder, und hundert angstvolle Augenpaare starrten zur Garage.
    „Und?“ fragte Ascorda. „Wie geht’s jetzt weiter? Gibt es schon irgendwelche Anhaltspunkte?“
    Ich zuckte mit den Schultern.
    „Ein paar Spuren. Alles sehr rätselhaft und wie aus einem Horrorfilm entnommen. Ich muß erst noch einmal mit Dr. Hall reden, bevor ich Ihnen Einzelheiten sagen kann. Vielleicht weiß er etwas Neues.“
    Ich ging wieder zur Garage zurück, in der ein paar Scheinwerfer aufgestellt worden waren. Jemand hatte den Austin herausgefahren, damit mehr Platz war. Spurenexperten krochen über den Betonboden; durch die starken Lampen war es heiß wie in einem Brutofen. Ich trat hinter Dr. Hall, der mit leiser Stimme einem Mitarbeiter etwas diktierte, während er den Körper am Boden untersuchte.
    „Irgendwas Neues?“ fragte ich ihn.
    Der Doc sah kurz über seine Schulter, nickte dann. „Hier, sehen Sie sich das an.“ Er hob die schlaffe rechte Hand des Toten in die Höhe, so daß ich sie genau sehen konnte. Die Hand war zur Faust geballt und vollkommen zerschmettert.
    „Sie ist eingedrückt“, erklärte er. „Etwa so, als hätte der Mann mit voller Wucht gegen einen Stein geschlagen. Er hat eine regelrechte Delle in der Faust. Sämtliche Knöchel sind nach innen geschlagen.“
    „Und was schließen Sie daraus?“
    „Nichts“, sagte Dr. Hall. „Es ist nur eine Feststellung. Am besten, Sie fragen Inspektor Reed. Er hat alles auf den Kopf stellen lassen, um die Stelle zu finden, auf die diese Faust prallte und zerschmetterte.“
    „Danke, Doc.“
    Ich traf Reed draußen an Haleys Wagen, wo ein paar Männer in äußerster Konzentration nach Spuren suchten.
    „Dan, was ist mit der zerschmetterten Hand? Habt ihr gefunden, wo Haley hinschlug?“ fragte ich.
    Dan verneinte. Sie hatten alles abgesucht, ohne die geringste Spur zu finden. „Vielleicht hatte der Mörder irgendwas Hartes bei sich, auf das Haleys Faust prallte, als er zuschlug“, sagte Dan gedehnt. „Anders kann ich es mir

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