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060 - Der Henker von London

060 - Der Henker von London

Titel: 060 - Der Henker von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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gehandelt zu haben. Und sie war froh, nicht zuerst zur Polizei gegangen zu sein.
    Sie fuhr mit dem Lift in den fünften Stock, stieg aus und lief auf ihre Tür zu. Und plötzlich war da wieder dieses eigenartige Gefühl, das sie schon einmal heute früh gehabt hatte. Das Grauen strich wie eine feuchte, kalte Hand über ihren Rücken.
    Peggy drehte sich rasch um. Niemand war auf dem Flur zu sehen. Sie war allein, hatte sich ihre Angst wohl nur eingebildet. Trotzdem schloß sie hastig die Tür ihrer Wohnung auf, huschte hinein und klappte sie schnell hinter sich zu.
    Geruch von Moder und Fäulnis hing plötzlich in der Luft. Und das Grauen wuchs, schob sich unter ihre Kopfhaut, nahm von ihrem gesamten Körper Besitz.
    Sie wollte wieder hinauslaufen, weg, weit fort von hier, aber ihre Beine waren wie zwei steife Stöcke, die sich nicht bewegen ließen. Sie wollte schreien, irgend etwas tun, aber die Angst lähmte sogar ihre Stimmbänder.
    Die Kälte um sie herum war Tod, Haß, Verderben. Eine kalte Hand schien ihr Herz zu umfassen, als der dumpfe Geruch von Moder und Fäulnis stärker wurde. So riecht es in einem Grab! dachte sie erschauernd. In einer Gruft! Auf dem Friedhof!
    „Hallo, Peggy …“
    Da war doch eine Stimme? Dicht neben ihr! Sie riß den Kopf herum, starrte aus aufgerissenen, angstvollen Augen in die Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte, aber dort war nichts weiter als die Flurwand.
    „Du hast mich verraten“, flüsterte eine leidenschaftliche Stimme. „Du wirst sterben müssen, Peggy!“
    Die Kälte war noch da, auch der Geruch. Doch das Grauen wich, machte einem blinden Vertrauen Platz.
    „Ja“, hauchte sie. „Sterben …“
    „Komm!“ sagte die leise Stimme eindringlich. Sie klang sanft, beruhigend, lockte.
    Peggy bewegte sich wie eine Marionette. Sie fühlte sich mit einemmal glücklich, geborgen. Nie zuvor hatte sie sich ähnlich wohl gefühlt. Da war das Wohnzimmer, das Fenster. Ein Luftzug an ihrer Wange und draußen der Abendhimmel. Dieser wunderschöne Abendhimmel, der sich trunken im Geräusch der Stadt wiegte, tanzte. Sie schwebte ihm entgegen. Glücklich, frei wie ein kleiner Vogel; eine leichte Feder, die vom Wind getragen wurde.
    „Ich komme“, hauchte sie überglücklich. „Ich komme …“
    Sekunden später zerschmetterte ihr Körper auf dem Gehsteig.
     

     
    „Wir werden morgen gemeinsam in die Stadt fahren, uns in ein Restaurant setzen, in dem Kerzen auf dem Tisch brennen, und wunderbar zu Abend essen“, sagte ich an der Tür. „Du mußt rasch diese scheußlichen Bilder vergessen, Claudia.“
    Claudia nickte mir dankbar zu, wieder spürte ich ihre heißen, weichen Lippen auf meinem Mund.
    „Um acht morgen?“ fragte ich.
    „Ich werde fertig sein, John.“
    „Gute Nacht.“
    „Gute Nacht, John.“
    Ich trat aus der Tür in den Garten hinaus. Der Himmel war mondlos heute, bedeckt, und es sah ganz so aus, als würde es morgen regnen. Ich hörte, wie Claudia hinter mir die Haustür verschloß. Als ich auf der Straße stand, verlöschte das Licht im Wohnzimmer. Ich wartete noch eine Weile, sah zu ihrem Haus zurück. Erst als die Lampen im Schlafzimmer angingen und für einige Augenblicke Claudia am Fenster erschien und die Vorhänge zuzog, ging ich weiter.
    Unterwegs kramte ich nach meinem Schlüssel, damit ich ihn an der Tür parat hatte. Ich war müde, hundemüde und sehnte mich wie nie zuvor nach meinem Bett. Bei Claudia hatte es angefangen. Etwa vor einer Stunde. Wieder kam dieses eigenartige Ziehen in den Knochen, die Schmerzen in den Muskeln, das Hämmern im Kopf, das ständig stärker zu werden schien.
    Endlich hatte ich mein Haus auf der anderen Straßenseite erreicht. Ich schloß auf, ging durch den dunklen Flur sofort auf die Treppe zu und stieg hinauf. Jede Bewegung fiel mir jetzt schwer. Es war eine Qual, die Füße zu heben, die Beine zu bewegen, sich die Treppe hinaufzuziehen.
    Doch irgendwie schaffte ich es. Ich warf mich aufs Bett, streifte die Schuhe von den Füßen, zog mich im Liegen aus und ließ die Kleidungsstücke auf den Boden fallen.
    Als mein Kopf aufs Kissen zurücksank, wurde mir schwarz vor Augen, ein ekelerregender Schwindel ergriff mich, kalter Schweiß trat mir aus den Poren. Ich war zu schwach, um aufzustehen und das Licht zu löschen, zu schwach, mich zu bewegen. Ich lag einfach da, vom Schmerz erfüllt, und schwor mir mit dem letzten Funken Verstand im Kopf, morgen einen Arzt zu rufen.
    Ich schloß die Augen, die Helligkeit

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