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060 - Der Henker von London

060 - Der Henker von London

Titel: 060 - Der Henker von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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verwischte. Ich lag in meinem Bett, in Schweiß gebadet, am Ende meiner Kräfte und völlig ausgelaugt.
    Mein Atem ging flach, stoßweise. Ich sehnte mich nach Luft, viel Luft, aber ich fürchtete mich davor, tief einzuatmen, weil sich dann mein Brustkorb dehnen und mir Schmerzen bereiten würde. Wo kam diese Stimme her? Vielleicht war es doch Einbildung? Ich hätte den Arzt fragen sollen, ob man bei meiner Krankheit auch Fieberphantasien hat.
    Mit einemmal erinnerte ich mich an einen großen Steinblock. An sonst nichts. Ich sah nur diesen riesigen, etwa ein Meter hohen Steinquader auf einem Fußboden mit ausgetretenem Sandsteinbelag. Die Seiten des Quaders waren bemoost, die Kanten teilweise abgerundet, als hätten Hunderte von Jahren sie abgeschliffen.
    Die Oberfläche des Quaders war glatt, wie poliert. Ein paar tiefe Kerben gab es darin. Auch ihre Kanten waren von der Zeit abgerundet worden. Der Stein schimmerte rötlich. Rötlich wie Sandstein. Rötlich und braun wie getrocknetes Blut.
    Nie zuvor hatte ich einen ähnlichen Stein irgendwo stehen sehen. Und doch kam es mir vor, als erkannte ich jede auch noch so winzige Unebenheit an ihm wieder. Als wäre er mir vertraut. Längst vertraut.
    Kurz vor Mitternacht klingelte es. Das mußte Sergeant Potter sein. Ich schleppte mich stöhnend ans Fenster und beugte mich ins Dunkel hinaus.
    „Sergeant, sind Sie’s?“
    „Jawohl, Sir“, klang die Stimme Potters herauf. „Inspektor Reed sagte, Sie wollten mich noch heute sprechen.“
    Ich rief ihm zu, er solle heraufkommen und warf den Haustürschlüssel hinunter. Als ich hörte, wie er die Tür aufschloß, kroch ich über den Fußboden zum Bett zurück.
    Eine Kreatur war ich. Ein Wurm!
    Nichts anderes mehr, als ein erbärmlicher, zuckender Wurm!
    Ich hatte etwa die Hälfte des Stückchen Wegs bis zum Bett geschafft, als Potter die Tür öffnete, mich über den Boden kriechen sah und zu mir gerannt kam.
    „Wie schrecklich“, flüsterte er, als er mir unter die Arme griff, mich hochzog und mir ins Bett half. „Ist es so schlimm, Sir? Das hätte ich nicht gedacht.“
    Er deckte mich zu, blieb sichtlich erschüttert vor mir stehen. Ich atmete flach unter der Folter meiner Schmerzen, spürte, wie mir der Schlafanzug vom Schweiß an der Haut klebte, verzog das Gesicht in mühseliger Anstrengung zu einem säuerlichen Lächeln.
    „Der Chef als Regenwurm“, flüsterte ich. „Das ist ein Anblick, was, Sergeant? Aber in diesem verdammten Fall kann mir kein Arzt helfen! Ich muß da selber durch.“
    „Was sagt der Arzt, Sir?“
    „Überarbeitung. Muskelverhärtung, Gliederstarre. Außerdem habe ich einen automatisch arbeitenden Vorschlaghammer im Schädel, als kleines Dankeschön für die Dienste beim Yard.“
    „So ’ne Überarbeitung gibt’s doch gar nicht!“ Potter setzte sich auf die Bettkante. „Sie müssen ins Krankenhaus, Sir. Hier gehen Sie ja – verzeihen Sie – vor die Hunde!“
    Der Kopf fiel mir fast von den Schultern, als ich ihn schüttelte. „Nein, es liegt nicht am Arzt, nicht an der Diagnose. Deshalb habe ich Sie ja hergebeten, Potter. Ich will Ihnen sagen, worin mein Gebrechen liegt, denn so dürfen wir es ruhig nennen. Man braucht mich ja nur anzusehen, dann weiß man, daß ich kein einziges Tröpfchen Saft mehr in den Muskeln habe.“
    Potter starrte verlegen auf seine Hände, aber er widersprach nicht. Es gab ja auch nichts zu widersprechen. Er wußte es, ich wußte es. Schönreden würde mir auch nicht helfen.
    „Ich fühle mich seit Tagen miserabel“, sagte ich leise. „Und jeden Tag wird es schlimmer. Da helfen auch die Medikamente von Dr. Tracy nicht. Und glauben Sie nicht, ich spinne, wenn ich Ihnen jetzt sage, daß ich seit Tagen von einem Gesicht verfolgt und geplagt werde, das mir Vorträge darüber hält, wie es mich fertigmachen wird. Ich fürchte, die Vorträge werden bald bittere Wahrheit.“
    Der Sergeant schluckte. Vermutlich fiel es ihm schwer, mir zu glauben. Mir wäre es auch schwergefallen, wenn ich jetzt an seinem Bett säße, nachdem ich ihn wie einen vertrockneten Greis vom Boden aufgeklaubt hätte.
    „Es ist die Wahrheit“, sagte ich mit beschwörender Stimme. „Sie müssen mir das glauben, Potter! Meinetwegen rufen Sie auch Mrs. Haley an, drüben, im Haus auf der anderen Straßenseite.“
    „Die Stimme, die O’Neil gehört hat und Mrs. Haley nach Soho lockte?“
    „Ja“, flüsterte ich. „Ich will einen Besen mit allem Drum und Dran verschlucken, wenn es nicht

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