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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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beizubringen.
    Einfache Worte verstand sie mittlerweile und einige Begriffe schrieb sie sogar schon – wenn auch mit gewissen Einschränkungen.
    Er berührte den feuchten Lehm und drehte sich zu Ishmaal um, der neben ihm Wache hielt. »Das wurde erst vor kurzem geschrieben. Wenn wir uns beeilen, können wir sie noch einholen.«
    »Leider wird das nicht gehen.« Peck war herangetreten und betrachtete im Licht von Ishmaals Lampe eine grob gezeichnete Stadtkarte. »Der Kundschafter hat eine Gruppe von fünf Mols entdeckt. Normalerweise würden die uns jagen und nicht wir sie, aber mit euren Waffen können wir uns ihnen stellen.«
    Matt versuchte den Ärger in seiner Stimme zu unterdrücken. »Ich weiß, was wir versprochen haben, aber muss das unbedingt jetzt sein? Aruula ist vielleicht nur zwei Straßen entfernt.«
    »Und wer außer euch soll die Waffen bedienen?« Peck schien keine Antwort zu erwarten, denn er sprach ohne Pause weiter. »Allerdings wäre ich bereit, Ishmaal mit einem Kundschafter auf die Suche nach Aruula zu schicken. Nach der Jagd werden wir sehen, ob er sie gefunden hat. Einverstanden?«
    Matt bemerkte Aikos Schulterzucken, was er als resignierte Zustimmung wertete, und nickte. »Okay.«
    Richtig wohl fühlte er sich bei dieser Entscheidung allerdings nicht.
    ***
    Der Geruch nach Tier war beinahe überwältigend. Je tiefer sie in die Tunnel eindrangen, desto stärker wurde er. Aruula spürte ihn wie einen pelzigen Belag auf ihrer Zunge und wünschte, sie hätte Wasser mitgenommen.
    Die Fackel brannte ruhig und gleichmäßig. In ihrem Licht sah Aruula den Tunnel, der sich vor und hinter ihr irgendwo in der Dunkelheit verlor. An manchen Stellen war er so niedrig, dass man sich ducken musste, an anderen war die Decke nicht mehr zu sehen, als würden andere Gänge senkrecht nach oben abzweigen. Immer wieder trat Aruula in etwas, das sie für Kot hielt. Sie versuchte das so gut es ging zu ignorieren.
    Maadi schien von allem unbeeindruckt zu sein. Mit traumwandlerisch anmutender Sicherheit durchstreifte sie die Gänge und mahnte immer wieder zur Eile. Ab und zu bewegte sie sich so schnell, dass ihr schwarzer Umhang mit der Dunkelheit zu verschmelzen schien. Dann hatte Aruula den Eindruck, einem Gespenst zu folgen.
    Wir sind mitten in Orguudoos Reich, dachte sie in diesen Momenten. Vielleicht greift er bereits nach unserem Geist.
    »Wir sollten umkehren«, sagte sie laut. Ihre Stimme klang seltsam dumpf. »Die Fackel ist fast verbraucht.«
    Maadi antwortete nicht. Sie war an einer Kreuzung stehen geblieben und ließ ihren Körper vor und zurück pendeln.
    »Ich kann Benn fühlen«, hörte Aruula sie flüstern. »Er und die Kinder sind ganz in der Nähe.«
    »Das hast du eben schon gesagt. Wir müssen umkehren. Ohne Licht sind wir hier unten verloren.«
    Maadi strich mit den Fingern über eine Wand. »Glaubst du mir, dass ich sie fühlen kann?«
    Aruula dachte an ihre eigenen früheren Fähigkeiten und nickte. »Natürlich, aber du kannst sie nur mit Licht nach draußen führen, verstehst du das?«
    »Ja.« Maadi hatte sich für eine Richtung entschieden und bog in einen schmaleren Gang ein. »Ich habe genügend Kerzen dabei. Es ist alles in Ordnung.«
    »Zeig sie mir.«
    Aruula schämte sich fast für ihr Misstrauen, als Maadi mehrere dicke Kerzen aus den Taschen ihres Umhangs zog. »Du bist gut vorbereitet«, sagte sie anstelle einer Entschuldigung.
    »Ich muss es sein. Manchmal kommen sie so nah, dass ich sie berühren könnte. Dann bin ich froh über das Licht.«
    Aruula schloss zu ihr auf. »Wer kommt so nah?«
    »Die Dämonen.« Maadi wandte sich ab und zog weitere Kerzen hervor. Was sie damit tat, konnte Aruula nicht erkennen.
    »Du meinst die Mols?«, hakte sie nach. »Heißt das, du bist schon einmal hier gewesen?«
    Maadi nahm die Kapuze ab. Sie schien einen Ring auf dem Kopf zu tragen, der Aruula an eine Krone erinnerte, aber vielleicht täuschte auch das Licht. Maadi entzündete ein Streichholz, hob es hoch, als wolle sie die eigenen Haare verbrennen, und fand dann den Docht einer Kerze. Der ersten folgte eine zweite, eine dritte, bis schließlich acht Kerzen auf dem Ring um ihren Kopf brannten.
    Die Flammen leckten an den Dochten und wurden heller. Und zeigten, was vorher unter der Kapuze verborgen gewesen war.
    Aruula wich erschrocken zurück, obwohl es nur Wachs war, das sie sah. Wachs, das Maadis Kopf wie einen Helm umschloss, ihre Schultern bedeckte und in langgezogenen Tropfen auf ihrem

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