061 - Der Zinker
nicht schon einmal erzählt? Jedenfalls ist das Lokal manchmal recht brauchbar. Jetzt zum Beispiel scheinen dort die Fäden zusammenzulaufen. Ich weiß zwar noch nicht, was passieren wird - ich kann nicht in die Zukunft blicken -, aber wenn nicht eine Sensation dabei herausspringt, will ich nicht Harras heißen.«
Field war nicht besonders erbaut von dieser Mitteilung. »Es ist wohl unnötig, Sie daran zu erinnern, daß ich Ihren Artikel bis spätestens zehn hier haben muß. Also, wenn Sie keine Zeit haben, ihn zu schreiben, dann geben Sie ihn telefonisch durch - und falls dem etwas entgegenstehen sollte, schicke ich Ihnen einen Mann, dem Sie die Sache diktieren können. Das ›Journal‹ ...«
»Zum Teufel mit dem ›Journal‹!« fluchte Josua so geläufig, wie man es ihm gar nicht zugetraut hätte.
Seine augenblickliche Kaltblütigkeit kam nicht ganz von ungefähr. Zu seiner größten Genugtuung hatte er herausgefunden, daß sein großer Rivale vom ›Journal‹ die Sache noch nicht von der richtigen Seite anpackte.
Er verließ die Redaktion des ›Postkurier‹ und beschloß, zunächst einmal das Geschäftshaus der Firma Frank Sutton aufzusuchen. Gewöhnlich arbeiteten dort zwei oder drei Angestellte bis spät in den Abend hinein. Vom Portier erfuhr er denn auch, daß ein Abteilungsleiter und zwei Herren von der Buchhaltung noch Überstunden machten.
»Sagen Sie mal, Mr. Harras«, fragte ihn der Portier, »was ist das eigentlich für eine Geschichte mit Leslie? Da habe ich doch heute vormittag gehört, daß er verhaftet worden sei - aber heute nachmittag war er hier, ich sah, wie er in höchsteigener Person zu seinem Büro hinaufging.«
Diese Neuigkeit interessierte Josua ungemein.
»Wie lange war er oben?«
»Ungefähr eine halbe Stunde. Wie der Abteilungsleiter sagte, kam er, um seine Papiere zu holen.«
»War heute nachmittag sonst noch jemand hier?«
Der Portier schlug sein Rapportbuch auf.
»Ach ja, Miss Trent war kurz nach drei da - und auch Mr. Sutton kam auf einen Sprung.«
»Sutton?«
»Er hatte es eilig und verschwand sofort wieder.«
Josua stieg zu den erleuchteten Büros hinauf. Der Abteilungsleiter kannte ihn nicht und kümmerte sich erst gar nicht um ihn. Aber Harras verwickelte ihn doch in ein Gespräch, erwähnte, daß er Reporter sei und den Auftrag habe, über die Hochzeitsfeier zu berichten, wobei natürlich das großartig florierende Geschäft des Bräutigams nicht unerwähnt bleiben dürfe. Er erfuhr vom Abteilungsleiter, daß er mit den beiden Buchhaltern Überstunden mache, um die Bombay-Abrechnungen fertigzustellen.
Die Sutton-Company exportierte unter anderem gebrauchte Automobile nach Indien, und die betreffende Abteilung hatte vor einigen Tagen den Auftrag erhalten, sämtliche Rechnungen auszustellen und alle erreichbaren Außenstände einzutreiben oder sie bei der Bank gegen Barzahlung zu verpfänden. Die Beträge sollten zu Frank Suttons Disposition gestellt werden.
»Es ist ganz ausgeschlossen, daß wir die Aufstellung vor Mitternacht fertigkriegen. Wenn wenigstens Tillman mitarbeiten würde, hätten wir es bis zehn Uhr geschafft. Aber der hat vor einer halben Stunde bloß mal hereingeschaut und sich um gar nichts gekümmert. Ich begreife diesen Menschen nicht!«
»Ist Tillman jetzt hier?« erkundigte sich Harras besorgt.
»Wenn er hier wäre, würde er mit uns arbeiten«, erwiderte der Angestellte verärgert. »Mr. Sutton sagte ...«
»Merkwürdig -«, unterbrach ihn Josua, »daß ein Mann wie er sich am Hochzeitstag ums Geschäft kümmern muß!«
»Ach, wissen Sie, Mr. Sutton fühlte sich nicht wohl, er hatte Kopfschmerzen, er leidet überhaupt oft darunter, und da sich in seinem Büro eine Hausapotheke befindet, wollte er sich nur schnell ein Mittel daraus holen.«
Josua sagte, daß ihm dies sehr leid täte, und daß er sich keine schlechtere Beigabe für die Flitterwochen denken könnte als Kopfschmerzen.
Der Abteilungsleiter sprach noch weiter über Sutton und schwärmte von seiner außerordentlichen Liebenswürdigkeit, seiner Höflichkeit und Sorge für das Personal.
»Leslie war im Vergleich zu ihm ein rücksichtsloser, grober Mensch. Die jungen Damen, die hier arbeiten, haben sich zusammengetan und kaufen regelmäßig Blumen für Suttons Schreibtisch.«
Harras hätte zu gern einen Blick in Suttons Privatbüro geworfen und äußerte diesen Wunsch auch. Es wäre für seine Reportage über den großen Geschäftsmann überaus wichtig, meinte
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