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061 - Der Zinker

061 - Der Zinker

Titel: 061 - Der Zinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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eigentlich berechtigt war. »Ach ja, bitte«, sagte sie verlegen, »lassen Sie ein Taxi kommen, oder ... Sind beide Wagen unterwegs?«
    »Ja, gnädige Frau, das heißt, Ihr kleiner Zweisitzer ist in der Garage.«
    Der Diener setzte als selbstverständlich voraus, daß sie nicht mit ihrem eigenen Wagen wegfuhr. Was sollte eine Dame, die nach Schottland reist, um dort ihre Flitterwochen zu verbringen mit ihrem Zweisitzer am Bahnhof anfangen? Doch zu seiner großen Verblüffung ging sie sofort auf seine Bemerkung ein.
    »Bringen Sie mir bitte meinen Wagen!«
    Der Diener verschwand. Zehn Minuten später fuhr der kleine Wagen vor.
    »Ich habe das Verdeck hochgeschlagen. Es regnet fürchterlich. An Ihrer Stelle würde ich mich warm anziehen.«
    »Sie glauben wohl, Onkel Lew vertreten zu müssen, wenn er nicht da ist?«
    Sie lachte und fühlte sich in bester Laune. Es fiel ihr nicht schwer, sich den Grund dafür zu erklären - sie war glücklich, weil sie nun der Abreise nach Schottland entging. Was immer jetzt geschehen mochte, die Reise wurde aufgeschoben. Vielleicht bis morgen?
    »Wenn Mr. Friedman anruft, sagen Sie ihm, daß ich in meinem Ankleideraum eingeschlafen wäre, und daß es mir sehr leid täte. Mr. Sutton können Sie dasselbe sagen. Falls Mr. Friedman danach fragt - ich fahre nach London ...«
    Warum wollte sie überhaupt nach London fahren? Wenigstens sich selbst mußte sie Rechenschaft darüber geben. - Ja, sie wollte John aufsuchen. Ihn mußte sie finden. Was dann geschehen sollte, wußte sie nicht. Es kümmerte sie auch nicht. Sie hatte nur den einen Wunsch - dort zu sein, wo Frank Sutton sie nicht finden konnte. Sie dachte gar nicht daran, daß sie damit auch Onkel Lew sehr kränken würde. Im Augenblick dachte sie einfach nur an sich selbst und fühlte sich ausgezeichnet dabei.
    Wie in Trance stieg sie in den Wagen, der Motor sprang an, und sie fuhr auf der Straße nach London davon. Selbst der heftige Regen und der kalte Nachtwind konnten sie nicht zur Erkenntnis der häßlichen Wirklichkeit bringen. Dann aber drang trotz ihrer Sorglosigkeit allmählich die Ahnung in ihr Bewußtsein, daß gewisse Fragen ihrer Zukunft nicht gelöst waren.
    Ihre Pflichten, wenn es solche gab, Frank, ja selbst Onkel Lew waren ihr fast gleichgültig geworden. An Frank dachte sie überhaupt nicht mehr. Keine Erinnerung an ihn bedrückte sie. Weder haßte noch liebte sie ihn, er war ihr ebenso gleichgültig wie Tillman, Harras oder andere Leute, die sie flüchtig kannte.
    In dieser Stimmung und Verfassung kam sie nach London.
    Sie hielt vor dem düster aussehenden Häuserblock in Bloomsbury, in dem John Leslie wohnte. Was sie eigentlich vorhatte, was aus diesem Besuch werden sollte, darüber war sie sich selbst nicht im klaren.
    Sie hatte genügend Geld bei sich und konnte, wenn nötig, die Nacht in einem Hotel zubringen. Ein Entschluß jedenfalls stand fest - sie wollte nicht nach Wimbledon, nicht zu Frank Sutton zurückkehren.
    Der Portier des großen Mietshauses schüttelte den Kopf, als sie ihr Anliegen vorbrachte.
    »Captain Leslie kommt sehr selten hierher, meist nur zum Schlafen. Ich habe ihn seit Mittwoch nicht gesehen.«
    »Ist er letzte Nacht nicht hier gewesen?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Aber was macht er denn mit seiner Post?«
    Der Portier lächelte nachsichtig.
    »Die kommt nicht hierher.«
    Sie war über diese Auskünfte sehr erschrocken, denn sie hatte auf alle Fälle erwartet, John hier anzutreffen. Eine Weile stand sie ratlos da.
    »Er ist bei der Sutton Company angestellt, ich kann Ihnen die Adresse geben.«
    »Danke, die kenne ich - vielleicht erreiche ich ihn dort.«
    Obgleich es ihr unwahrscheinlich erschien, konnte sie es wenigstens versuchen. Aber der Portier in der Mortimer Street wußte ihr auch nicht mehr zu berichten, als er schon dem Zeitungsmann erzählt hatte.
    »Der Reporter vom ›Postkurier‹ kam heute abend vorbei .«
    »War es Mr. Harras?« erkundigte sie sich rasch.
    Harras - das war jemand, der ihr helfen konnte. Merkwürdig, daß sie nicht selbst schon an ihn gedacht hatte. Sie ging nicht zu den Büros hinauf, sondern fuhr gleich weiter. Zehn Minuten später war sie bei Redakteur Field vom ›Postkurier‹.
    »Habe ich die Ehre, mit Miss Stedman -? Ich meine, sind Sie die Dame, die heute heiratete?«
    »Ja, die bin ich«, bestätigte sie kleinlaut. »Allerdings habe ich mich noch nicht ganz an den neuen Namen gewöhnt.«
    »Es tut mir leid, daß Harras nicht hier ist«, sagte Field

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