0620 - Reise durch den Zeitstrom
19. Jahrhunderts aufnehmen, dann müssen wir uns jemand aussuchen, der uns das genaue Datum und die Uhrzeit nennen kann."
„Wir sind nicht im 19. Jahrhundert, sondern mitten in der französischen Revolution", beharrte Mentro Kosum.
Er mußte die Space-Jet wieder höher fliegen, weil sie das italienische Flachland hinter sich ließen und sich den Alpen näherten.
„Ich will mich mit Ihnen nicht streiten", sagte Goshmo-Khan.
„Wenn wir erst gelandet sind, werden wir Gewißheit erhalten. Wie hoch nach Norden wollen Sie denn eigentlich, Saedelaere? Da Sie behaupten, Deutsch zu beherrschen, könnten wir auch gleich in Österreich landen."
„Ich spreche Deutsch - aber nicht die Österreicher", erklärte Alaska Saedelaere. Als er Goshmo-Khans fragenden Blick bemerkte, fügte er erklärend hinzu. „Im Geschichtsunterricht habe ich gelernt, daß das Kauderwelsch der Österreicher alles andere als ein verständliches Deutsch war. Außerdem war zu dieser Zeit Französisch ,in' und in dieser Sprache bin ich nicht so sattelfest."
„Also weiter nach Norden", seufzte Mentro Kosum.
Alaska Saedelaere projizierte weitere Bilder auf den Kontrollbildschirm, die die automatischen Kameras geschossen hatten.
„Sehen Sie sich das einmal an, Professor", rief er plötzlich und deutete auf den Bildschirm. „Das hier ist das östliche Ufer des Bodensees, die Stadt muß Bregenz sein. Und was sehen Sie außerhalb der Stadt?"
„Ein riesiges Heerlager", entfuhr es Goshmo-Khan.
Alaska Saedelaere schaltete eine höhere Vergrößerungsstufe ein, und auf dem Bildschirm erschien ein Ausschnitt, der einige Zelte, eine Pferdekoppel und ein Lagerfeuer zeigte, um das Soldaten saßen.
„Sehen Sie sich die Uniformen genauer an, Professor", bat Saedelaere. „Können Sie sie identifizieren?"
„Nein", bedauerte Goshmo-Khan. „Aber was soll Besonderes daran sein?"
„Es sind Uniformen napoleonischer Soldaten", stellte Saedelaere triumphierend fest. Er wandte sich Mentro Kosum zu, der steif im Pilotensitz saß und sagte abfällig: „Von wegen französische Revolution! Wir befinden uns in der Zeit der napoleonischen Kriege. Und ich bin überzeugt, daß Napoleon bereits bei Austerlitz seinen Sieg über die Österreicher gefeiert hat."
Mentro Kosum schwieg eine Weile, dann sagte er: „In diesem Punkt haben Sie wahrscheinlich recht, und ich muß meine Meinung revidieren. Aber wetten wir, daß die Schlacht bei Austerlitz bereits vor 65 Jahren stattgefunden hat?"
„Worauf wollen Sie denn nun wieder hinaus?" wollte Saedelaere wissen.
„Daß die napoleonischen Soldaten aus der Zeit von Napoleon III. stammen", erklärte Mentro Kosum bestimmt. „Man schreibt nicht 1805, sondern 1870. Und wir werden bestimmt Zeugen des deutsch-französischen Krieges von damals sein. Fliegen wir Sedan an, vielleicht erleben wir es, wie Napoleon III.
gefangengenommen wird."
„Hören Sie endlich mit diesem Unsinn auf, Kosum", sagte Goshmo-Khan ungehalten. „Mir scheint, Sie sind sich über den Sinn unserer Mission nicht im klaren."
Kosum seufzte.
„Ich wußte es schon immer, daß Abstrakt-Mathelogiker knochentrockene Individuen sind. Landen wir also endlich, damit Alaska aussteigen und sich nach dem Datum und der Uhrzeit erkundigen kann."
Alaska Saedelaere hatte weiterhin die Auswertung des gewonnenen Bildmaterials vorgenommen. Das Bild rundete sich für ihn immer mehr ab. Für ihn stand es fest, daß sie in die Zeit der großen napoleonischen Feldzüge zwischen 1805 und 1810 geraten waren, in der die französischen Armeen marschierten und die anderen Völker Europas unterdrückten. Napoleons Rußlandfeldzug dagegen schien noch nicht stattgefunden zu haben; für diese Annahme sprach die Truppenkonzentration in Mitteleuropa.
„Drosseln Sie die Geschwindigkeit, Kosum", befahl Saedelaere.
„Und landen Sie dann auf einer Lichtung in einem der Wälder, über denen wir uns befinden."
„Aber wir sind über Preußen!" gab Mentro Kosum zu bedenken.
„Eben", sagte Saedelaere. „Hier werde ich mich mit meinen Sprachkenntnissen am ehesten verständlich machen können."
Als die Space-Jet über einem Wald schwebte und auf eine Lichtung niedersank, sahen sie es im Westen aufblitzen - und dann übertrugen die Außenlautsprecher den Donner von Kanonenschüssen.
„Mir scheint, wir sind da zwischen zwei Feuer geraten", sagte Goshmo-Khan stirnrunzelnd. „Das behagt mir gar nicht."
Saedelaere winkte ab, „Die Kanonenkugeln können den Schutzschirmen der
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