0626 - Dracula II ist wieder da
bist etwas hart in deinen Äußerungen. Nicht trauen, ist eigentlich zuviel gesagt. Ich habe mich nur gewundert. Mir ist es wirklich vorgekommen, als hätte er uns bewußt in die Falle geschickt.«
»Welchen Grund sollte er dafür gehabt haben?«
»Wenn ich das wüßte, wäre mir wohler. Sir James hat sich auch anders benommen. Wenn ich recht darüber nachdenke, hat er uns nicht einmal richtig in die Augen schauen können. Er kam mir vor wie das personifizierte schlechte Gewissen.«
»Jetzt übertreibst du, John.«
»Kann sein. Besser zu übertreiben, als zu untertreiben. Aber lassen wir das zur Seite, die Gegenwart ist wichtiger. Und die siehst mehr als bescheiden aus.«
»Fasse dich in Geduld.«
»Ich bin kein Asiate, meine Mentalität ist eine andere.«
»Ein Fehler, John. Du solltest einiges von uns annehmen. Das macht dich weniger nervös.«
»Ja, ja, du hast schon recht.«
Wir warteten, allerdings nicht mehr lange, denn vor uns, wo sich Sukos Aussage nach die Glasscheibe befinden mußte, tat sich etwas.
Dort wurde es hell…
Nicht Knall auf Fall, sondern langsam, als hätte jemand an einem Dimmer gedreht. Von wo das Licht genau kam, sahen wir nicht, aber es füllte den gesamten viereckigen Raum hinter der dicken Scheibe aus.
Das Licht vertrieb die Dunkelheit in einer gleichmäßigen Phase.
Gegenstände entdeckten wir nicht hinter der Scheibe. Dort befand sich ein leerer Raum mit demselben dunklen Steinboden wie bei uns.
Niemand ließ sich blicken…
Ich saß auch nicht mehr, war aufgestanden und mußte zunächst das Gefühl des Schwindels überwinden.
Suko hob den Arm und streckte seinen Zeigefinger gegen die dicke Panzerscheibe. »Da hinten sehe ich eine Tür. Zwar nur in Umrissen, aber sie ist vorhanden.«
»Ja und?«
»Nichts weiter. Ich kann mir vorstellen, daß irgend jemand dort erscheinen wird.«
»Das Hausgespenst.«
»Wenn du Mallmann als Gespenst ansiehst, bitte.«
Ich warf ihm einen schrägen Blick zu. »Hör auf mit Mallmann, der sitzt mir quer.«
»Mir noch querer.«
Ich blieb nicht mehr stehen und bewegte mich auf die Scheibe zu.
Dort war es zudem heller, und ich konnte erkennen, daß die Wände und auch die Decke unseres Gefängnisses aus grauem Beton bestanden, der etwas Bunkerähnliches aufwies.
Mit den Handflächen berührte ich die Scheibe. Als ich dagegenklopfte, hatte ich das Gefühl, gegen Stein zu schlagen.
»Da kommst du nicht durch, John.«
»Das habe ich gemerkt.«
Es wurde nicht mehr heller, das Licht hinter der Scheibe hatte seine volle Leuchtkraft erreicht, die die eintretende Person auch benötigte.
Sie hielt sich zunächst zurück, machte es spannend. Wir sollten sie nicht sofort erkennen, dann erschien eine Hand. Lange Finger, eine bleiche Haut, das deutete schon auf einen Vampir hin.
Im nächsten Augenblick sahen wir uns an.
»Das ist er«, zischte Suko.
Einen Namen brauchte er nicht hinzuzufügen, wir kannten ihn beide. Es war Will Mallmann, der Vampir, auch Dracula II genannt!
***
Er kam und ging mit lautlosen Schritten, so daß wir den Eindruck bekamen, als würde er über dem Boden schweben. In seinem Gesicht bewegte sich nichts. Es war eine bleiche Maske mit leicht rot geäderten Augen, schmalen Lippen, der etwas gekrümmten Nase und der sehr hohen Stirn, auf der wie ein Fanal das Zeichen leuchtete, das ihn praktisch identifizierte.
Es war das D!
Blutigrot, nahezu feurig. Es wirkte, wie von innen her angestrahlt, als wollten die Flammen jeden Augenblick nach außen durchschlagen und seinen Kopf verbrennen.
Er sagte nichts, ging weiter und ließ die Tür hinter sich zuschwingen. Sie fiel nicht ganz ins Schloß. Auf halben Weg blieb sie.
Mallmann lächelte. Auch das gab seinem Gesicht keinen freundlicheren Ausdruck. Es war ein böses Lächeln, ein Verziehen der Lippen, und die Pupillen sahen aus wie poliertes Blech.
Ich nahm meinen Blick nicht von seinem Gesicht weg. Zahlreiche Erinnerungen an ihn schossen mir durch den Kopf. Zumeist waren es böse, grausame. Die guten, als Mallmann noch BKA-Mann und unser Freund gewesen war, lagen so verdammt weit zurück.
Nun waren wir Todfeinde.
Er blieb dicht vor der Scheibe stehen. Da Suko und ich auch nicht zurückgetreten waren, konnten wir uns sehr gut sehen, und ich hörte ihn plötzlich lachen.
Es war dieses typische, hämische Gelächter, das mir überhaupt nicht gefiel.
»Ich begrüße euch bei mir!«
Seine Stimme klang klar und deutlich, als wäre keine Scheibe da, die uns trennte.
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