063 - Im Labyrinth des Ghuls
nachfolgenden Zimmer durchquert, als der Butler, der
durch den Lärm aufmerksam geworden war, aus der Vorhalle zurückkehrte.
Der Ghul
rannte ihn einfach um, erreichte die Haustür, riß den Riegel zurück und stürmte
hinaus in die feuchte Nacht.
Larry sprang
über den verdutzten Butler hinweg, der auch auf dem Boden nichts von seiner
steifen Würde verloren hatte und sogar noch stilgerecht gefallen war.
Iwan
Kunaritschew trat mit ausholenden Schritten auf den Engländer zu, faßte ihn
unter den Achseln und stellte ihn wie ein Federgewicht auf die Beine.
»Butler
Parker ?« fragte der Russe.
Der Gefragte
zog echauffiert die linke Augenbraue hoch. »Wie kommen Sie darauf ?« reagierte er würdevoll, während er seine Livree zurechtzupfte.
»James natürlich. Butler James.
Parker heißt
der Chauffeur der gnädigen Herren .«
●
Larry stoppte
mitten in der Bewegung.
Nacht und
Nebel waren nicht geeignet dazu, für gute Sichtverhältnisse zu sorgen.
X-RAY-3 stand am Wegrand. Hinter sich das einsame Landhaus, vor sich den ausgedehnten Park,
der schon einem kleinen Wald ähnelte.
Das ferne,
leise Geräusch eines knackenden Zweiges drang an sein Gehör. Dann ein noch
leiseres, dumpfes Geräusch, weiter rechts. Der nächtliche Besucher, der
heimlich in das Landhaus des Lords eingedrungen war, um Sandy Whorne
aufzulauern, drohte zu entkommen.
Larry bewegte
sich auf Zehenspitzen durch den baumreichen Park. Naß und schwer war das Laub
zu seinen Füßen. Der Nebel wurde dichter. Larry sah teilweise kaum die Hand vor
Augen.
Da hatte es
sein Gegner einfacher.
Der verfügte
über Nachtaugen.
Franz
Karnhoff, der Ghul, war es gewohnt sich in absoluter Finsternis zu bewegen. Er
sah mit den Augen einer Katze, er war ein Geschöpf der Nacht, wie es Werwölfe
und Vampire auch sind.
Und diese
Tatsache wurde Larry Brent zum Schicksal.
Noch war er
überzeugt davon, daß der Flüchtling tief im Park untergetaucht war und hielt
sich in der Richtung, aus der er das Knacken des Astes vernommen hatte.
Die Smith
& Wesson Laserwaffe lag entsichert in der Hand des Agenten.
Larry
bemerkte nichts von der schattengleichen Bewegung, die an dem Baum neben ihm
entstand, an dem er sich vorüberschob.
Die Hand des
Ghuls hielt einen armdicken Knüppel umfaßt.
Hart und
brutal schlug Karnhoff zu.
Er traf Larry
Brent mit voller Wucht auf den Hinterkopf.
Da gab es
keine Chance mehr.
X-RAY-3
verzog schmerzhaft das Gesicht. Seine Finger krampften sich um den Lauf der
Waffe. Dumpf schlug der Amerikaner zu Boden.
Franz
Karnhoff beugte sich sofort über sein Opfer. Ein zufriedenes Knurren drang aus
seiner Kehle.
Der Ghul
fletschte sein starkes, gelbes Gebiß, und ein dumpfes Lachen entrann seinen
Lippen. Es bereitete ihm keine Schwierigkeit, den reglosen Agenten, der aus
einer Platzwunde am Kopf blutete, vom naßkalten Boden aufzunehmen. Es entging
ihm, daß den verkrampften, starren Fingern des Agenten die Waffe entfiel. Sie
blieb in dem nassen Laub liegen. Der Ghul warf sich Larry Brent wie einen Sack
über die Schultern, fand mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg durch Nacht
und Nebel, passierte die schmale Straße, die zum Landhaus des Lords führte, und
beeilte sich, auf die andere Seite zu kommen.
Er lief etwa
eine Meile zurück. Dann kam er an eine Stelle wo die Straße einen scharfen
Knick nach rechts machte. Im ersten Augenblick sah die zurückweichende
Baumfront nach dem Weg wie ein Parkplatz aus. Erst beim Weitergehen war zu
erkennen, daß von dem Parkplatz ein Weg in den Wald führte.
Nach etwa
dreißig Schritten erreichte Karnhoff die Stelle, wo er zuvor das Taxi verlassen
und damit seine Verfolger an der Nase herumgeführt hatte. Der schwarze Wagen
hob sich kaum aus der Dunkelheit vor ihm ab.
Sämtliche
Lichter waren ausgeschaltet.
Karnhoff
öffnete die Hintertür und schob den reglosen Agenten einfach quer über die
beiden gegenüberliegenden Sitzbänke. Er kümmerte sich nicht weiter um ihn, denn
er wußte, daß der Mann diesen Schlag nicht so schnell überwand und vielleicht
nie wieder zu sich kommen würde.
Dann riß
Karnhoff die Tür hinter dem Lenkrad auf. Der Taxifahrer saß da, als würde er
schlafen. Aber dieser Eindruck täuschte. Mit einem einzigen Griff hatte
Karnhoff dem Mann nach dem Verlassen des Wagens das Genick gebrochen. Ein
dünner, roter Blutfaden hinter dem rechten Ohr, der schon getrocknet war, wies
als einziges äußeres Zeichen darauf hin, daß mit dem Fahrer etwas
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