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064 - Das Steckenpferd des alten Derrick

064 - Das Steckenpferd des alten Derrick

Titel: 064 - Das Steckenpferd des alten Derrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Mädchen wie Mary Däne ein Vergnügen daran finden konnte, die feuchte Tatze seines aristokratischen Freundes stundenlang in ihrer Hand zu halten. »Wetten, Tommy, daß du ihre Hand nicht allzuoft zu fassen bekommst?« fragte er herausfordernd.
    »Diese Wette würdest du verlieren, alter Junge! Ich habe sogar um ihre Hand angehalten . . .«
    »Und sie fiel dir natürlich gleich um den Hals?«
    »Nicht gerade das«, erwiderte der Lord seelenruhig, »aber sie sagte mir, sie wünsche sich nichts Besseres als mich zum Gatten. Unter gewissen Vorbehalten nahm sie meinen Antrag an.«
    Offenen Mundes starrte ihn Dick an.
    »Mit einigen Vorbehalten, sagte ich«, fuhr Tommy fort. »Sobald der Alte im Rollstuhl das Zeitliche segnet, will sie ihren Pflegerinnenberuf an den Nagel hängen, und dann... Na, dann wird es eben eine neue Gräfin Weald im »Gotha« geben. Stell sie dir mal mit einer Grafenkrone vor, Dicky! Ich habe da vor einigen Tagen in einer Londoner Auslage ein herrliches Diadem gesehen.«
    »Aber - aber . . .« stotterte Dick.
    »Kein Aber! Es ist die Wahrheit. Sie ist ein Engel - und klug, sag' ich dir! So etwas gibt es nicht mehr. Als ich ihr einen herrlichen Diamantring brachte, meinte sie, sie wolle ihn nicht tragen, weil er zu auffällig sei. Ich kaufte ihr also einen einfacheren, den du sicher an ihrer Hand bemerkt hast, nicht wahr?«
    Vor Dicks Augen schien sich alles zu drehen. War das, was Tommy hier zum besten gab, ein Traum oder nur ein schlechter Witz?
    »Nein, es ist kein Witz«, erklärte Tommy auf Dicks unverblümte Frage. »Warum denn sollte ein Mann wie ich nicht heiraten? Findest du das so komisch? Meine Eltern haben doch auch geheiratet, sonst würdest du nicht das Vergnügen haben, mich hier neben dir zu sehen - na?«
    Staines erwiderte nichts. Die Mitteilungen Lord Wealds hatten ihn zu sehr überrumpelt. Mary Däne verlobt? Er riß sich zusammen.
    »Meinen herzlichsten Glückwunsch, mein lieber Tommy!«
    »Danke.« Die Selbstverständlichkeit, mit der Tommy den Glückwunsch entgegennahm, verwirrte Dick noch mehr. »Jane und ich . . .« »Jane?«
    »Ja, sie heißt Jane Mary, ich nenne sie aber stets Jane - auch ihre Leute rufen sie nur so. Wie kommt es eigentlich, daß zu Hause jeder einen ändern Namen hat als draußen? Mein Vater nannte mich immer ›Dackelauge‹! Er schien diesen Spitznamen als Kosewort aufzufassen. - Sie bat mich jedenfalls, sie in der Öffentlichkeit nur Jane zu nennen - das heißt, sie hat mich darum nicht gerade gebeten, sondern gestattete mir, nur ihren Vornamen zu gebrauchen. Nur ihre allerbesten Freunde dürfen sie so nennen. Du bist doch auch ein guter Freund von ihr, nicht wahr?«
    »Ich werde sie trotzdem nicht Jane nennen -«, schnitt Dick die Rede ab.
    Sollte er lachen oder heulen? Was hatte es noch für einen Zweck, mit ihr zusammenzutreffen? Er wäre sofort wieder nach London zurückgefahren, hätte er ihr nicht versprochen, sie um zwei Uhr in Westgate zu treffen. Ach was, er mußte die Unterredung, die er nun einmal veranlaßt hatte, auf sich nehmen.
    Sie hatten sich auf eine Bank gesetzt. Der Lord, schläfrig, wie er war, nickte ein. Dick warf einen abschätzenden Blick auf ihn.
    Der Schönheit und Männlichkeit wegen hatte sie seine Werbung bestimmt nicht angenommen. War es der Titel? Das Geld?
    »Es geht mir nicht in den Kopf!« sagte er laut zu sich selbst.
    Tommy öffnete erschrocken die Augen. , »Ja, die Sonne ermüdet mich immer, und noch dazu diese Luft!«
    »Wann wollt ihr denn heiraten?« erkundigte sich Staines.
    »Das weiß ich noch nicht. Natürlich muß es eine Hochzeit erster Klasse werden, mit Kathedrale, Orgel, Ehrenjungfrauen, Blumen. Meine Tanten werden schön erschrecken, besonders die mit den unverheirateten Töchtern. Nein, ich bin nie ein Freund von Verwandtenehen gewesen. Es ist eugenisch widersinnig und ich bin ein Mann, der auf Eugenik schwört.«
    Er sprach schon wieder halb im Schlaf. Sein Kinn sank herunter, und die Hände hatte er über sein gut entwickeltes Bäuchlein gefaltet. Er war wirklich kein Apoll, wie er da im Glanz der Morgensonne vor sich hindöste.
    »Mein Gott!« seufzte Staines und verließ den Schlafenden. Pünktlich zur festgesetzten Stunde stieg Mary aus dem Taxi, das sie zum Stelldichein gebracht hatte. Sie trug diesmal nicht die Pflegerinnentracht, sondern ein graues Kostüm, das sie ausgezeichnet kleidete.
    »Wir wollen den Weg nach Margate einschlagen«, bat sie.
    Er schritt neben ihr, und sie sprachen lange

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