064 - Das Steckenpferd des alten Derrick
zugeben.
»Lord Weald ist unten am Strand - er hält sich bei dem Invaliden auf, der immer im gelben Rollstuhl herumgefahren wird.« Und dort traf ihn Dick auch.
»Hallo, mein Junge!« rief der Lord bei seinem Anblick übertrieben laut.
Als Dick schnell aufsah, begegnete er dem Blick Mary Danes, die ihn prüfend ansah.
»Guten Morgen!« begrüßte er die Gesellschaft. »Was willst du denn hier in Margate?« wollte Tommy wissen. Er begegnete dem unverhofften Besucher sichtlich nicht mit der Freundlichkeit, die zwischen ihnen üblich war. Staines konnte ihm das auch nachfühlen. Cornfort schlief, und unter den fragenden Blicken Mary Danes fühlte Dick, wie ihn der Mut verlassen wollte.
»Ich kam, um etwas mit Miss Däne zu besprechen.« Tommy schien diese Antwort nicht zu befriedigen. »Was kannst du mit ihr zu besprechen haben?« fragte er mißmutig. »Warum hast du uns deine Ankunft nicht vorher mitgeteilt? Ich meine natürlich - mir mitgeteilt, denn für Miss Däne kann ich nicht sprechen«, korrigierte er sich, nachdem er den verwunderten Blick des Mädchens bemerkt hatte. »Du hast den alten Herrn zu Tode erschreckt - er leidet sowieso an Herzbeschwerden.« »Nun, bitte -«, sagte Mary Dane verbindlich lächelnd, ».fahren Sie weiter, Tommy?«
»Weiterfahren?« fragte dieser verwirrt. »Wie meinen Sie das?«
»Mit dem Rollstuhl! Sie sollen mit dem Rollstuhl weiterfahren!«
Tommy blickte beleidigt von einem zum ändern, dann zuckte er ergeben die Achseln und trollte sich mit dem Kranken davon.
»Ich kann Sie erst nach dem Mittagessen treffen, Mr. Stahles«, begann Miss Dane. »Mein Pflegebefohlener legt sich nach Tisch hin, und wenn Sie mich dann in Westgate erwarten wollen, können wir uns dort vor dem Hotel treffen. Punkt drei, bitte. Oder ist Ihnen das zu spät? Vielleicht schon um zwei?«
»Das wäre mir lieber, denn ich könnte dann mit dem Drei-Uhr-Zug nach London zurück.«
»Wollen Sie mich dienstlich sprechen?« »Ja - das heißt, mehr noch in persönlicher Sache.« Er fragte sich, ob sie die Worte bereute, die sie ihm bei ihrer Abfahrt von London zugeflüstert hatte. Aber eine innere Stimme beruhigte ihn darüber. Er war sicher, daß sie auf jene Szene mit keinem Wort mehr zurückkommen würde.
Mit förmlichem Gruß verabschiedete sie sich von ihm und eilte Tommy und dem Rollstuhl nach. Dick sah sie mit Tommy einige Worte wechseln, worauf der Lord den Rollstuhl im Stich ließ und widerwillig auf seinen Freund zukam.
»Es tut mir wirklich leid, mein Junge, wenn ich etwas ungeduldig gewesen bin, als du so unvermutet hereinschneitest, aber du weißt doch ... Es ist wie verhext! Treffe ich abends mit ihr zusammen, dann ist sie eitel Sonnenschein für mich, und früh - der reine Nordpol. Zwei Seelen wohnen, ach, in ihrer Brust! Ich reibe mich dabei auf, kann nachts nicht einmal mehr schlafen, Dicky. Pfui Teufel!«
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Schlimm, schlimm -«, bedauerte ihn Dick heuchlerisch. »Ja, ich wußte, du würdest mit mir fühlen. Manchmal ist sie schrecklich, hart wie Schmiedeeisen. Als ich ihr erzählte, daß ich heute nacht nur sieben Stunden geschlafen habe, lachte sie mich bloß aus.«
»Aber, Mensch, wie lange schläfst du denn sonst?« »Zehn! Der Arzt sagte mir, ich hätte ein Gehirn, das so langen Schlaf benötigt!«
»Da kann ich ihm nur beipflichten!« meinte Dick anzüglich. »Ich würde das aber meine Bekannten nicht gleich wissen lassen, denn sie könnten einen falschen Begriff von dir bekommen. Also, du liebst Mary Dane?«
»Bis zur Verzweiflung. . . Wenigstens abends! Frühmorgens möchte ich sie lieber hassen! Dann ärgert und belästigt sie midi auf jede Art und Weise, wird grob, verliert ihre weibliche Sanftmut, und wenn ich morgens wagte, ihre Hand zu ergreifen, würde es mir wohl kaum gut ergehen. Wenn ich sie dann ansehe, komme ich mir vor, als hätte ich von einem Werkmeister in einer Sprengstofffabrik ein Streichholz verlangt, um mir eine Zigarette anzuzünden. Ich habe das nämlich einmal versucht, und der Mann wurde recht unhöflich.« »Du versuchst wohl öfters, ihre Hand zu ergreifen?« .
Dick stellte die Frage in sorglosem Ton, als läge ihm nicht viel an der Antwort, aber Tommy faßte es anders auf.
»Deshalb brauchst du nicht gleich eifersüchtig zu werden, mein Junge! Natürlich fasse ich oft nach ihrer Hand. Das macht doch jeder normale junge Mann,, der in ein Mädchen verliebt ist.« Es wollte Staines nicht in den Kopf, daß ein
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