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064 - Das Steckenpferd des alten Derrick

064 - Das Steckenpferd des alten Derrick

Titel: 064 - Das Steckenpferd des alten Derrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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erstaunt.
    »Vor dreißig Jahren war diese Treppe eine Art steinerne Feuerleiter. Die Mönche von St. Anna hatten sie bauen lassen, und ich wunderte mich schon, was der alte Derrick beim ersten großen Umbau damit angefangen haben mochte. Er hat sie also ganz einfach in eine Hauswand einbauen lassen.«
    »Und wohin führte sie damals?«
    »Auf den Hof, glaube ich. In allen Stockwerken gab es Türen. Der alte Derrick war, was Feuergefahr betrifft, halb wahnsinnig. Er hat sich sogar auf dem Dach einen Patentaufzug anbringen lassen, damit er sich im Fall eines Brandes von oben ohne Gefahr auf die Straße hinunterlassen könnte. Jedes Stockwerk hatte zu diesem Aufzug Zugang über einen Schacht.« Zusammen mit einigen Polizisten erreichten sie endlich das unterste Geschoß und standen vor einer Tür, die ihrem vereinten Druck nachgab. Die Dunkelheit hinderte sie am Sehen. Staines ließ wieder seine Taschenlampe aufblitzen und leuchtete umher. Stahlregale verstellten die Wände, und jedes einzelne war mit liegenden Flaschen angefüllt. Dies also war der Weinkeller! Dick zog den Schlüssel, den ihm Larkin gegeben hatte, aus der Tasche und öffnete die schwere Stahltür. Von dem verschwundenen Mädchen war keine. Spur mehr zu entdecken.
    Sorgsam prüfte er den Keller. Auf dem Boden stand eine schwere Stahlkiste, die zur Hälfte mit Likörflaschen gefüllt war. Er versuchte, sie in die Höhe zu heben, aber sie war zu schwer. »Helfen Sie mir, diese Kiste auf die Seite zu rücken!« bat er einen Polizisten.
    Der Mann versuchte es. Im nächsten Augenblick lag er auf dem Rücken. Die Kiste hatte den vereinten Bemühungen der beiden nachgegeben und war einfach auf Scharnieren zur Seite gerückt. Dort, wo sie gestanden hatte, gähnte eine dunkle Öffnung, in die eine Metalleiter hinabführte. Etwas Dunkles, das auf einer der Sprossen hing, erregte Dicks Aufmerksamkeit. Es war das Halstuch, das Mary Dane - oder ihre Doppelgängerin - vorhin getragen hatte. Er steckte es in seine Tasche und blickte sich um.
    Die Leiter endete in einem dunklen Korridor. Etwa zwanzig Meter verlief er eben, dann begann er zu steigen und mündete in einen kleinen, ziegelummauerten Keller. Zur Rechten befand sich eine Tür. Staines stieß sie auf und trat über die Schwelle. Um ihn her rauschten Bäume. Das eintönige Rieseln der Regentropfen von den Blättern flößte eine gewisse Beruhigung ein. Vor ihm hob sich, dunkel und düster, der Schatten eines Gebäudes ab.
    Über der Tür des scheunenartigen Ziegelbaus, den Dick soeben verlassen hatte, war, wie er im Schein der Taschenlampe bemerkte, der Wahlspruch eingemeißelt: ›Auf daß wir aufsteigen können, laßt uns hinabsteigen.‹
    »Ein Motto der alten Mönche«, erklärte der Inspektor. »Ich erinnere mich, davon gehört zu haben, daß zwischen den beiden Häusern irgendeine Verbindung bestanden hat.« Der alte Inspektor - es war Endred, von dem Bourke erst kürzlich gesprochen hatte - konnte Staines aber noch etwas Interessanteres mitteilen.
    »Der alte Derrick hat das Haus, in dessen Garten wir uns jetzt befinden, sehr teuer bezahlen müssen. Keiner hat damals verstanden, warum der gewiegte Alte in diese Spekulation - für eine solche hielten es alle - eingestiegen war. Offenbar wußte er, daß dieser Gang existierte.«
    »Warum aber«, fragte Staines, »legte er so großen Wert darauf? Er war doch kein Verbrecher. War das Haus, nachdem er es gekauft hatte, überhaupt je bewohnt?«
    »Ja. Eine Dame wohnte hier. Sie starb vor zwölf Jahren. An ihren Namen erinnere ich mich nicht mehr.«
    »Jung?«
    »In mittleren Jähren, jedenfalls war sie hübsch. Ja, doch - Miss Belfer hieß sie, jetzt erinnere ich mich. Derrick wird Ihnen von ihr alles erzählen können, denn ihretwegen mußte er aus dem Haus.«

19
    In sein Zimmer zurückgekehrt, untersuchte Staines das Halstuch, das er auf der Leiter gefunden hatte. Es war dunkelblau. Vor allen Dingen mußte er sich mit Walter Derrick in Verbindung setzen.
    In Keyley wußte man nichts von ihm, kannte auch seine schottische Adresse nicht. Der Diener nannte jedoch eine Reihe von Hotels, in denen Derrick auf seinen Reisen in Schottland zu übernachten pflegte. Ein Beamter von Scotland Yard brachte die halbe Nacht damit zu, Derrick in einem der genannten Hotels zu suchen.
    Am nächsten Morgen rief Derrick selbst von Stamford aus an, um sich nach Neuigkeiten zu erkundigen. Staines erwähnte die Ereignisse der letzten Nacht.
    »Haben Sie das Mädchen erwischt?«

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