0648 - Der Tod, der Ninja und ich
für ihn sicherlich nicht Endstation sein.
Nach wie vor hingen die großen Fleischstücke unbeweglich. An manchen war noch die Hälfte des Kopfes vorhanden, natürlich auch die Augen, die aussahen wie trübes Glas.
Das noch nicht kontrollierte Fleisch hing an eisernen Fragezeichen, so genannten Fleischerhaken.
Die wiederum waren an Rollen befestigt, die über eine Schiene liefen, damit die Stücke bewegt werden konnten.
Kein Lufthauch durchwehte das Kühlhaus. Das Zischen blieb, es erzeugte jedoch keinen Wind, nur diese eisigen Wolken, die bei jedem Atemzug auf den Lungen zu kleben schienen.
Auf ihrem Körper lag die zweite Haut wie festgefroren. Shao stoppte nicht, als sie in die Lücken zwischen den Fleischstücken hineinschaute. In jeder konnte der Gegner lauern.
Da hörte sie das leise Schaben. Links über sich, eine Rolle quietschte beim Bewegen des Fleischstücks.
Dann kam er.
Shao sah ihn hinter der Rinderhälfte, die ihr entgegengeschleudert wurde.
Sie riss den rechten Arm hoch. Das Messer hämmerte in das gefrorene Fleisch und produzierte dabei ein kratzendes Geräusch. Sie selbst konnte es zur Seite stemmen, war nicht zu sehr überrascht worden, sodass es ihr gelang, sich dem Killer zu stellen.
Und der warf sich auf sie. Das Schwert zuckte herab, genau gegen die von Shao hochgerissene Armbrust. Sie hatte die Sperre gelöst, den Pfeil auf die Reise geschickt, um ihn schräg in den Kopf des Untoten zu schießen.
Durch die Bewegung verfehlte sie ihn, und der Zombie hatte die Freiheit, die er brauchte.
Für Shao wurde es verdammt eng. Dieser untote Killer gehörte zu einer Art von Grauen erregenden Wesen, die alles aus dem Weg räumten und nur ihr Ziel kannten.
Sein Schwert, blitzschnell und beinahe ohne Ansatz geschlagen, kam durch.
Diesmal hatte Shao Glück. Mit der Schulter rammte sie die Rinderhälfte zur Seite. Die Klinge erwischte nicht sie, sondern sägte in die Masse, wobei sich das Eis auf der Oberfläche knirschend löste. Aber das Schwert steckte fest.
Das genau war Shaos Chance!
Diesmal nahm sie das Fleischmesser. Schräg und mit aller Kraft hieb sie zu - und traf.
Die breite Klinge sauste in die breite Ninjabrust. Sie zerstörte den Stoff und riss untotes Fleisch auf.
Shao schlug noch zweimal zu. Sie ließ der lebenden Leiche keine Chance, die zwischen die Fleischhälften kippte. Mit den um sich schlagenden Armen brachte sie das eisige Fleisch zum Schaukeln, wurde zu Boden geschleudert und versuchte trotz des zerfetzten Körpers wieder hochzukommen.
Da nahm Shao noch einmal das Messer hoch. Nicht nur geweihte Silberkugeln konnten einen Zombie endgültig vernichten, man schaltete ihn auch aus, indem man ihm den Kopf abschlug.
Das tat Shao.
Der Untote drehte sich dabei. Es war kein Laut zu hören, nur eben dieses dumpfe Klatschen, als die Waffe traf. Zwei Teile polterten auf die glatten Fliesen und blieben liegen.
Scharf stieß Shao die Luft aus. Sie wischte über ihre Stirn und spürte plötzlich, dass sie zitterte. Sie hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, ging trotzdem weiter, und die pendelnden Fleischstücke begleiteten ihren Weg.
Komisch, in diesem Augenblick dachte sie intensiv an John Sinclair und natürlich an Suko. Als sie die Eiskammer verließ, sah sie Hamer. Beide starrten sich an.
Der Captain wollte eine Frage stellen, Shao las sie von seinen Augen ab.
Sie nickte.
»Geschafft?«, keuchte der Mann mit dem blutigen Rücken.
»Ja, und jetzt rufen Sie bitte John Sinclair und Suko für mich an. Denn das hier war erst der Anfang…«
***
Wir hatten den normalen Dienstwagen genommen und die Sirene jaulen lassen. Dadurch hatten wir ziemlich freie Bahn bis Heathrow.
Was genau geschehen war, konnten wir nicht sagen. Jedenfalls hatte uns ein Captain Hamer angerufen und von Toten und einer Maskierten gesprochen, die ihm das Leben gerettet hatte.
Für uns stand fest, dass es sich bei dieser Person nur um Shao handeln konnte.
Sie, Yakups Anruf und der Tod, das waren drei verschiedene Dinge, die trotzdem unter einen Hut passen mussten, wie auch Suko meinte. Nur tappten wir noch zu sehr im Dunkeln.
Auch fand Suko es unmöglich, dass Shao es nicht für nötig gehalten hatte, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, wenn sie sich schon in London befand und gewissen Spuren nachging.
»Warte erst mal ab, bis du mit ihr geredet hast«, riet ich ihm.
»Klar, aber trotzdem. Ich oder wir hätten eingreifen können. Man sprach am Telefon von Toten oder Verletzten. Das wäre
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