0648 - Der Tod, der Ninja und ich
Grund gehabt haben, Shao.«
Sie lächelte, als sie nickte. »Von Suko weiß ich, dass Yakup dich angerufen hat, und keiner von euch weiß, wo er sich aufhält. Habe ich da Recht?«
»So ist es.«
»Das ist auch mein Problem. Es war bei uns zu spüren, dass sich etwas tut. Shimada will Yakup haben, aber auch er weiß nicht, wo er ihn finden kann. Das wiederum ist sein großes Problem, wenn du verstehst. Er jagt ihn, er will ihn, er will die Handschuhe, die Krone der Ninja, aber Yakup hält sich verborgen.«
»Hast du über die Gründe nachgedacht?«
Shao nickte. »Leider ist keiner von uns allwissend. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass sich unser Freund auf die große Auseinandersetzung mit Shimada vorbereitet. Was wir hier erlebt haben, ist eine Art von Vorgeplänkel. Meiner Ansicht nach will Shimada versuchen, uns aus der Reserve zu locken.«
Ich nickte. »Dafür hat er uns dann diesen Untoten nach London geschickt.« Ich drückte mich zwischen die gefrorenen Fleischhälften. Allmählich wurde auch mir kalt. Beinahe schon sehnte ich mich zurück nach der Wärme. Neben dem Toten blieb ich stehen.
Der Leib war von zahlreichen Geschossen getroffen worden, die ihm allerdings nichts hatten anhaben können, das stand für uns fest. Erst durch Shaos Eingreifen war die Gestalt vernichtet worden.
Mein Blick erfasste auch den Kopf. Das Gesicht war totenbleich. Die Haut spannte sich scharf um die Knochen. Die Augen sahen aus, als bestünden sie aus Glas.
Ich wollte mich schon wieder abwenden, als mir etwas auffiel. Irgendwo hatte ich das Gesicht schon einmal gesehen. Zwar wirken für Europäer die Gesichter der Asiaten fast alle gleich, aber dieses hier hatte einen Ausdruck, den ich kannte und der auch im Tode nicht verschwunden war.
Ich hatte den Mann schon einmal gesehen.
Suko bemerkte mein Zögern und Schauen. Er kam zu mir. Bevor er eine Frage stellen konnte, sprach ich ihn an. »Na, sagt dir der Anblick des Gesichts etwas?«
»Im Moment nicht.«
»Schau genau hin.«
Mein Freund bückte sich sogar, um etwas erkennen zu können. Er runzelte die Stirn, holte hörbar Luft, dann zeigte mir sein Nicken an, dass ihm etwas aufgefallen war. »Den müssten wir kennen, John, nicht wahr?«, fragte er beim Hochkommen.
»Der Ansicht bin ich auch.«
»Und woher, bitte?«
Ich lachte leise. »Nicht aus London, aber erinnere dich. Denke zurück, und zwar an die Fälle, die wir in der Nähe von Frisco erlebt haben, in diesem alten Kloster, das sich unser Freund Yakup als Hauptquartier und als Trainingslager ausgesucht hat. Fällt der Penny jetzt bei dir?«
Suko nickte. »Und ob ich Bescheid weiß. Das muss einer von Yakups Leuten sein.«
»Gewesen sein, Suko. Jetzt steht er auf der anderen Seite. Oder stand vielmehr.«
»Richtig.«
Mein Freund sprach die nächsten Worte mit leiser Stimme. »Sie haben zusammen gekämpft, sie standen Rücken an Rücken. Sie waren eine verschworene Gemeinschaft, bis zu dem Tage, als Shimada Ali umbrachte und damit eine Lawine in Gang setzte, die auch Yakup leider nicht mehr stoppen konnte. Er ist vor der Lawine geflüchtet. Wie aber steht es mit den anderen? Sind sie alle unter den Bann des Dämons geraten? Hat er es geschafft, sie umzupolen?«
»So wird es gewesen sein.«
»Dann müssen wir davon ausgehen, dass sich Shimada eine Armee von Zombies geschaffen hat.«
»Durchaus möglich.« Ich merkte den Schauder, der nicht nur von der Kälte her stammte. Meine Gedanken beschäftigten sich mit einem sehr schlimmen Tag in der Vergangenheit. Da hatten Shao, Suko und ich das Kloster besucht und in dem Raum gestanden, wo Yakup neben der Leiche des jungen Ali gesessen hatte. Er hatte es geschafft, das Schwert der Sonnengöttin an sich zu bringen, der Preis aber war sehr hoch gewesen, denn Ali hatte ihn mit seinem Leben bezahlen müssen.
Seit dieser Zeit hatten wir von Yakup nichts mehr gehört. Wir wussten nicht einmal, wo Ali sein Grab gefunden hatte. Das hatte Yakup selbst in die Hand genommen.
»Du denkst auch an Frisco?«, fragte Suko.
»Sicher.«
»Was mag da geschehen sein?«
Ich kannte meinen Freund und wusste, worauf seine Frage zielte. »Wenn wir es herausfinden wollen, müssen wir hinfahren. Etwas anderes bleibt uns nicht.«
Shao sagte: »Denkt nur daran, dass dieser untote Ninja als Zielort London hatte.«
»Und der Absender?«
»War Japan, John.«
»Was noch?«
Sie wusste es nicht. Aber darum wollte ich mich sowieso kümmern. Zunächst mussten wir davon ausgehen,
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