0648 - Der Tod, der Ninja und ich
selbst schuld? Sie hätten den Sarg geschlossen lassen sollen.« Er hob die Arme und ließ sie wieder fallen. »Dann wäre es nicht dazu gekommen.«
»Und Sie hätten ihn jetzt hier.«
»Wahrscheinlich.«
»Weshalb?«
Soto wollte an mir vorbeigehen. An der Schulter hielt ich ihn fest.
»Sagen Sie mir, aus welch einem Grunde Sie einen Zombie nach London haben kommen lassen und wie es möglich war, dass in Ihrem Vorzimmer ebenfalls eine Untote gesessen hat. Was wird hier gespielt?«
»Das Gehorchen«, sagte er.
»Sie gehorchen!«
»Natürlich. Ich gehorche gewissen Gesetzen, denn ich akzeptiere die Macht des Stärkeren.«
»Wer ist das?«
»Shimada!«
Da hatte ich den Namen. Ich rührte mich nicht, obwohl mich Lamar anschaute, um eine Reaktion erkennen zu können. Fast locker stellte ich meine nächste Frage. »Wie sind Sie an Shimada herangekommen?«
»Nicht ich an ihn, er an mich. Er hat mich davon überzeugt, dass es besser ist, auf seiner Seite zu stehen.«
»Wie überzeugte er sie?«
»Er tötete meinen Bruder vor meinen Augen. Ich musste zusehen, wie er den Tod zelebrierte. Da hielt ich es für ratsam, mich nicht gegen ihn zu stellen.«
Das hatte ich nicht gewusst. Ich konnte mir vorstellen, wie es in ihm ausgesehen hatte. Nicht jeder hatte die Kraft, sich nach einer derartigen Tat gegen den Mörder zu stellen.
»Haben Sie dazu noch weitere Fragen, Mr. Sinclair?«
»Ich glaube nicht. Andere…«
»Bitte.«
»Sie haben die untote Leiche aus Japan kommen lassen. Weshalb? Ich sehe hier das Bild eines Klosters in der Nähe von Frisco. Weshalb also der Umweg über das ostasiatische Land? Oder hält sich Shimada dort auf?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Sinclair. Es war ein Täuschungsmanöver, das ist mir bekannt.«
»Ja, Sie haben den richtigen Beruf.«
»Sie sagen es.«
»Und wie viele lebende Tote haben Sie bereits importiert, Mr. Lamar?«
»Es war der erste.«
»Weitere sollten folgen?«
»Sicher.«
Die Antwort gefiel mir nicht, denn ich dachte an die Frau aus dem Vorzimmer, die ebenfalls zu den lebenden Leichen gezählt hatte. Auf sie kam ich wieder zu sprechen.
Soto Lamar gab mir auch eine Antwort. »Das ist die zweite Person gewesen. Nur habe ich sie nicht importiert. Man überließ sie mir, wenn Sie verstehen.«
»Shimada natürlich.«
»So ist es.«
»Kommen wir auf das Bild zu sprechen. Sie wissen, dass sich das zerstörte Kloster in der Nähe von San Francisco befindet und dass es in zahlreichen Fällen eine große Rolle gespielt hat?«
»Es ist mir bekannt.«
»Was sagen Sie dazu?«
»Ich war nie dort.«
»Haben Sie denn nicht das Bild gemalt?«
»Nein, es war Shimada. Er wollte es als ein Dokument hinterlassen. Als ein Zeichen seines Sieges.«
Das wunderte mich wiederum. Dass Shimada auch malen konnte, damit hätte ich nicht gerechnet.
Das ergab beim ersten Betrachten überhaupt keinen Sinn.
Soto Lamar hatte mich beobachtet.
»Glauben Sie mir nicht, Mr. Sinclair?«
»Es fällt mir schwer.«
»Er war es.«
»Dann frage ich mich, welchen Grund er gehabt haben sollte…«
»Ich sagte es schon. Er wollte mir den Ort seines Triumphes vor Augen halten.«
»Lassen wir das vorerst. Wie stehen Sie eigentlich zu ihm? Er hat Ihren Bruder brutal getötet. Im Prinzip müssten Sie ein Wesen wie ihn doch hassen.«
»Irrtum. Er ließ mich am Leben.«
»Sind Sie ihm dankbar?«
»Nicht direkt, aber ich würde ihn auch nicht verraten. Dann wäre mein Leben verwirkt.«
»Und was, bitte schön, hätten Sie mit dem untoten Ninja machen sollen, nachdem Sie den Sarg in Empfang genommen haben?«
»Ich hätte ihn verwahrt.«
»Für Shimada.«
»Ja. Seine Pläne sind groß. Er nannte mir keine Einzelheiten, aber er sprach von einer Infiltration, die ich beschleunigen konnte. So liegen die Dinge.«
»Dann waren Sie seine Basis.«
»Sicher.«
Er war ein seltsamer Mensch. Mir kam Soto Lamar wie jemand vor, der sich seinem Schicksal gefügt hatte. Er würde nicht aufmucken, er spielte einfach mit, und dabei blieb es.
Dass ich meinen Blick nicht von dem Bild wenden konnte, irritierte ihn.
»Was haben Sie, Sinclair?«
»Ich traue dem Bild nicht.«
»Was ist der Grund?«
»Es könnte der Weg von ihm zu Ihnen sein.«
Da lachte der Mann. »Sie meinen, dass mich Shimada durch das Bild besuchen kommt?«
»Erfasst, Mr. Lamar.«
Der Mann lachte. »Wie sollte das geschehen? Das ist unmöglich, nicht erklärbar.«
»Rational nicht.«
»Wie dann?«
»Die Antwort ist nicht leicht. Wenn
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