0648 - Der Tod, der Ninja und ich
sein könnte. Und wer dieser Tod ist.«
»Klar.«
»Wie ich deinem Gesicht ansehe, ist dir nichts eingefallen.«
»Stimmt.«
Suko bewegte seinen Zeh und ging dann leicht humpelnd. »Dann lass uns darüber nachdenken, wen Yakup gemeint haben könnte.«
Ich lachte. »Wie lange denn?«
Suko blieb am Fenster stehen. Er schaute gegen den Abendhimmel. Es war noch hell. In ihn hinein tauchte der Schleier einer dunkelroten Sonne, deren Strahlen wie ein breiter Fächer wirkten. Ein schönes Sommerbild, an dem man sich kaum satt sehen konnte.
»Da können wir nur raten.«
Ich nickte. »Erstens das und zweitens leider nur abwarten, bis etwas passiert ist.«
»Stimmt.«
»Wobei es dann Tote geben könnte.«
»Auch das ist wahr.« Suko drehte sich wieder um. »Verflucht noch mal, warum hat Yakup nur erzählt, dass der Tod unterwegs ist? Weshalb ist er nicht konkreter geworden?«
»Ich kam nicht mehr dazu, ihn zu fragen. Er legte auf.«
»Dann wird ihn jemand daran gehindert haben.«
»Vielleicht.« Ich starrte zu Boden, gedankenverloren. In meinem Kopf bewegte sich einiges. Ich dachte intensiv nach, aber mir fiel nichts ein.
Suko erging es ähnlich. Nach wenigen Minuten übernahm er wieder das Wort. »Sorry, aber das Rätsel bleibt. Andere Frage: Hast du dich schon mit Sir James in Verbindung gesetzt?«
»Nein. Ich glaube nicht, dass er mehr weiß. Wir sitzen nach wie vor auf dem Trockenen.«
Und das auch zwei Stunden später. Mittlerweile hatte es sich abgekühlt. Über London lag jetzt die Dunkelheit wie ein großer, alles verschlingender Schatten. Die Stadt wirkte ungewöhnlich laut. Wir hatten uns beide etwas zu trinken geholt und hockten uns gegenüber. Zwischen uns lagen beschriebene Blätter, auf denen wir unsere Gedanken notiert hatten. An einer Person waren wir hängen geblieben.
Shimada!
Der Dämon mit den grausamen Augen, der untote Samurai, der in einer Festung lebte und mit ihr zusammen durch die Zeit gereist war. Innerhalb kurzer Zeitspanne konnte Shimada unwahrscheinliche Entfernungen überbrücken.
»Shimada in London?«, murmelte ich. »Im Kampf gegen ihn sah ich nicht besonders gut aus. Wir könnten eine Fahndung einleiten, mehr auch nicht.«
»Wie meinst du das?«
»Nun ja, eine Fahndung, die sich auf spezielle Vorgänge bezieht. Man soll uns melden, wenn etwas geschehen ist. So meine ich das.«
»Abwarten, bis es Tote gibt?«
»Vielleicht.«
Das gefiel uns beiden natürlich nicht, aber was sollten wir machen? Es gab für uns einfach keine Chance, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Wir konnten nur abwarten.
»Morgen sehen wir weiter«, sagte ich beim Aufstehen. »Vielleicht haben wir Zeit. Yakup erklärte, dass der Tod unterwegs wäre. Kann sein, dass er noch nicht eingetroffen ist.«
»Prinzip Hoffnung?«
»So ähnlich, Suko. Gute Nacht.«
Ich verschwand in meine Bude. Ausgezogen legte ich mich aufs Bett. Schlafen konnte ich nicht, und das wiederum lag nicht nur an der Hitze, auch an meinen Gedanken, die mir durch den Kopf schwirrten. Es war irgendwie schlimm. Ich kam mit dem neuen Fall einfach nicht zurecht. Da rollte etwas auf uns zu, das wir nicht fassen und begreifen konnten. Irgendwann überkam mich der unruhige Schlaf, aus dem ich Stunden später schweißgebadet erwachte.
Die Sonne stand bereits als Glutball am Himmel, als hätte sie sich vorgenommen, alles auszudörren.
Man schwitzte schon beim Hinschauen. Ich duschte, trank einen Schluck Tee und aß eine Scheibe Toast. Das musste erst einmal reichen.
Suko war ebenfalls angezogen und abmarschbereit, als ich bei ihm klingelte. »Na, ist dir etwas eingefallen?«
»Nein.«
»Mir auch nicht.«
Wir wollten mobil sein und nahmen an diesem Tag den Rover. Auch im Sommer hatte der Verkehr kaum nachgelassen, aber die Quälerei war nicht so groß.
Glenda Perkins sah aus wie der zum Leben erweckte Sommer und wirkte sehr frisch, was für mich ein Rätsel war. Vielleicht lag es an der weiten Bluse mit dem Blumenmuster und dem schwingenden Leinenrock.
»Schlecht geschlafen?«, begrüßte sie uns.
»Wieso?«
»Schaut euch mal an, wie ihr ausseht.«
Ich winkte ab. »Das täuscht.«
»Wollt ihr trotzdem einen Kaffee?«
Ich runzelte die Stirn. »Später, Glenda. Ist Sir James schon in seinem Office?«
»Später, sagst du? Du willst keinen…«
»Wir müssen mit Sir James reden.«
Sie gab sich pikiert. »Ich weiß nicht, ob ich euch später noch die gleiche Qualität bieten kann.«
Ich klopfte ihr auf die Schulter. »Tu dein
Weitere Kostenlose Bücher